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Änderungskündigung in Kleinbetrieb

Zahnarzthelferin siegt gegen langjährigen Chef! Mit 39 Jahren Betriebszugehörigkeit soll ihre Arbeitszeit gekürzt werden – doch das Gericht sieht die Kündigung als willkürlich und ungerechtfertigt an. Ein Sieg für Arbeitnehmerrechte, auch in Kleinbetrieben!

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Änderungskündigung einer Arbeitnehmerin in einem Kleinbetrieb ist unwirksam, wenn sie gegen das Diskriminierungsverbot verstößt.
  • Eine Änderungskündigung kann unwirksam sein, wenn die Arbeitnehmerin aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustands benachteiligt wird.
  • Die Änderung von Arbeitsbedingungen kann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn sie sittenwidrig oder diskriminierend ist.
  • Die Arbeitgeberin muss nachweisen, dass die Änderungskündigung nicht diskriminierend ist und dass die Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich ist.
  • Die Schwerbehinderteneigenschaft der Arbeitnehmerin kann bei der Prüfung der Wirksamkeit der Änderungskündigung berücksichtigt werden.
  • Eine Änderungskündigung kann nicht aufgrund von Vermutungen oder unsubstantiierten Behauptungen der Arbeitgeberin gerechtfertigt werden.
  • Die Arbeitnehmerin hat das Recht, die Wirksamkeit der Änderungskündigung anzufechten, wenn sie der Meinung ist, dass sie diskriminierend oder sittenwidrig ist.
  • Das Gericht kann die Änderungskündigung für unwirksam erklären, wenn es feststellt, dass sie gegen das Diskriminierungsverbot oder den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

Urteil zur Änderungskündigung: Rechte und Pflichten im Kleinbetrieb klar definiert

Die Änderungskündigung ist ein Instrument, das es Arbeitgebern erlaubt, bestehende Arbeitsverträge zu ändern. Dabei geht es in der Regel um Änderungen der Arbeitszeit, des Arbeitsorts oder des Aufgabenbereichs. Für den Arbeitnehmer ist diese Art der Kündigung oft mit weitreichenden Folgen verbunden. Gerade in Kleinbetrieben, wo das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer meist enger und persönlicher ist, kann eine Änderungskündigung zu besonders großen Konflikten führen. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Änderungskündigung rechtmäßig ist und welche Rechte hat der Arbeitnehmer in dieser Situation?

Diese Fragen sind komplex und die Rechtsprechung zu diesem Thema ist umfangreich. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts beschäftigt sich mit einem Fall, in dem ein Kleinbetrieb eine Änderungskündigung ausgesprochen hat. Dieser Fall bietet einen spannenden Einblick in die rechtlichen Feinheiten der Änderungskündigung und verdeutlicht, welche Faktoren bei der Beurteilung der rechtmäßigen Anwendung dieses Instruments zu berücksichtigen sind.

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Der Fall vor Gericht


Änderungskündigung im Kleinbetrieb: Arbeitnehmerin gewinnt Prozess gegen Arbeitszeitreduzierung

Änderungskündigung im Kleinbetrieb - Zahnarzthelferin
Eine Änderungskündigung in Kleinbetrieben erfordert nachvollziehbare Gründe, da auch langjährige Mitarbeiter nicht schutzlos sind, wie ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt. (Symbolfoto: anatoliygleb – 123rf.com)

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts ging es um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung in einem Kleinbetrieb. Die Klägerin, eine 57-jährige Zahnarzthelferin, war seit 1975 in einer Zahnarztpraxis beschäftigt. Mit 39 Jahren Betriebszugehörigkeit war sie die älteste und am längsten beschäftigte Mitarbeiterin. Im September 2014 erhielt sie von ihrem Arbeitgeber eine Änderungskündigung, mit der ihre wöchentliche Arbeitszeit von 39 auf 29 Stunden reduziert werden sollte. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und klagte gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen.

Besonderheiten bei Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

Da es sich um einen Kleinbetrieb mit weniger als 10 Mitarbeitern handelte, fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Dennoch betonte das Gericht, dass auch in solchen Fällen eine gerichtliche Überprüfung der Änderungskündigung möglich sein muss. Der Prüfungsmaßstab liegt hier allerdings nicht in der „sozialen Rechtfertigung“ nach dem Kündigungsschutzgesetz, sondern in den allgemeinen Grundsätzen über den Kündigungsschutz außerhalb des KSchG. Demnach verstößt eine Kündigung in der Regel nur dann gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sie auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruht.

Gericht sieht Indizien für Treuwidrigkeit der Kündigung

Das Landesarbeitsgericht sah in diesem Fall Indizien für die Treuwidrigkeit der Änderungskündigung:

  1. Die Klägerin war als älteste und dienstälteste Mitarbeiterin die einzige von der Maßnahme Betroffene.
  2. Der Arbeitgeber konnte keine überzeugenden Gründe für die Arbeitszeitreduzierung darlegen. Er verwies lediglich auf nicht näher spezifizierte Fehler der Klägerin und eine vermutete Überlastung aufgrund ihrer familiären Situation.
  3. Es wurde nicht dargelegt, warum gerade eine Reduzierung um 10 Wochenstunden erforderlich sein sollte.

Das Gericht betonte, dass gerade bei langjährig Beschäftigten besonders stichhaltige Gründe für eine Kündigung vorliegen müssen. Die vom Arbeitgeber angeführten Gründe erfüllten diese Anforderung nicht.

Bedeutung für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben

Das Urteil verdeutlicht, dass auch Beschäftigte in Kleinbetrieben nicht schutzlos einer Änderungskündigung ausgeliefert sind. Zwar gelten hier nicht die strengen Maßstäbe des Kündigungsschutzgesetzes, doch müssen Arbeitgeber auch in diesen Fällen nachvollziehbare und nicht diskriminierende Gründe für eine solche Maßnahme haben. Besonders bei langjährigen Mitarbeitern ist ein erhöhter Begründungsaufwand erforderlich. Arbeitnehmer sollten sich daher auch in Kleinbetrieben nicht scheuen, gegen aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Änderungskündigungen vorzugehen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben erheblich. Auch ohne Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes müssen Arbeitgeber nachvollziehbare, nicht diskriminierende Gründe für Änderungskündigungen darlegen. Bei langjährigen Mitarbeitern ist ein besonders hoher Begründungsaufwand erforderlich. Willkürliche oder sachfremde Motive verstoßen gegen Treu und Glauben und machen die Kündigung unwirksam. Dies gewährt Arbeitnehmern in Kleinbetrieben einen effektiven Schutz vor ungerechtfertigten Änderungskündigungen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern in Kleinbetrieben erheblich. Auch wenn Sie in einem Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern beschäftigt sind, wo das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, haben Sie Schutz vor willkürlichen Änderungskündigungen. Ihr Arbeitgeber muss nachvollziehbare und nicht diskriminierende Gründe für eine solche Kündigung darlegen. Besonders wenn Sie schon lange im Betrieb arbeiten, muss Ihr Arbeitgeber sehr gute Gründe haben. Vage Behauptungen über Leistungsmängel oder Ihre private Situation reichen nicht aus. Sollten Sie eine Änderungskündigung erhalten, die Ihnen ungerechtfertigt erscheint, lohnt es sich, diese rechtlich überprüfen zu lassen. Sie haben gute Chancen, sich erfolgreich dagegen zu wehren.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben Fragen zur Änderungskündigung im Kleinbetrieb? Im Arbeitsrecht gelten spezielle Regeln, die oft schwer verständlich sind. In unserer FAQ-Rubrik finden Sie hilfreiche Antworten auf wichtige Fragen und erhalten wertvolle Informationen zum Thema.


Was versteht man unter einer Änderungskündigung?

Eine Änderungskündigung ist ein arbeitsrechtliches Instrument, das Arbeitgebern ermöglicht, bestehende Arbeitsverhältnisse zu modifizieren. Im Kern besteht sie aus zwei Elementen: der Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags und dem gleichzeitigen Angebot eines neuen Vertrags mit geänderten Konditionen.

Der Arbeitgeber beabsichtigt damit, die Arbeitsbedingungen einseitig zu verändern, ohne das Arbeitsverhältnis komplett zu beenden. Dies kann verschiedene Aspekte betreffen, wie etwa die Arbeitszeit, den Arbeitsort oder die Vergütung. Im Gegensatz zu einer regulären Kündigung zielt die Änderungskündigung also nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, sondern auf dessen Fortsetzung unter veränderten Bedingungen.

Arbeitgeber greifen auf dieses Mittel zurück, wenn sie die gewünschten Änderungen nicht im Rahmen ihres Weisungsrechts durchsetzen können und eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer nicht zustande kommt. Häufig liegt der Grund für eine Änderungskündigung in betrieblichen Erfordernissen, etwa bei Umstrukturierungen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens.

Für den Arbeitnehmer ergeben sich bei Erhalt einer Änderungskündigung drei Handlungsoptionen: Er kann das Angebot annehmen, ablehnen oder unter Vorbehalt annehmen. Bei einer Annahme unter Vorbehalt nimmt der Arbeitnehmer die neuen Bedingungen vorläufig an, behält sich aber das Recht vor, deren soziale Rechtfertigung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine Änderungskündigung den gleichen rechtlichen Anforderungen unterliegt wie eine reguläre Kündigung. Das bedeutet, sie muss sozial gerechtfertigt sein und die geltenden Kündigungsfristen einhalten. Zudem muss der Betriebsrat, sofern vorhanden, angehört werden.

In der Praxis kommt die Änderungskündigung häufig in Situationen zum Einsatz, in denen Unternehmen ihre Personalkosten reduzieren oder ihre Organisationsstruktur anpassen müssen. Ein typisches Beispiel wäre die Versetzung eines Mitarbeiters in eine andere Abteilung mit geändertem Aufgabenbereich und angepasster Vergütung.

Für Arbeitnehmer ist es ratsam, eine erhaltene Änderungskündigung sorgfältig zu prüfen. Die Entscheidung, ob man das Angebot annimmt, ablehnt oder unter Vorbehalt annimmt, kann weitreichende Folgen haben. Bei einer Ablehnung riskiert der Arbeitnehmer den Verlust seines Arbeitsplatzes, während eine vorbehaltslose Annahme bedeutet, dass er die neuen Bedingungen akzeptiert.

Die Änderungskündigung stellt somit ein komplexes rechtliches Konstrukt dar, das sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern ein gewisses Maß an Flexibilität ermöglicht, gleichzeitig aber auch Herausforderungen und potenzielle Konflikte mit sich bringen kann.

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Welche Folgen hat eine Änderungskündigung?

Eine Änderungskündigung stellt Arbeitnehmer vor eine komplexe Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Sie besteht aus zwei Komponenten: der Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses und dem gleichzeitigen Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.

Die erste mögliche Folge ergibt sich, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annimmt. In diesem Fall wird das Arbeitsverhältnis zu den neuen, vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Konditionen fortgeführt. Dies kann bedeuten, dass sich Arbeitszeit, Gehalt, Tätigkeitsbereich oder andere wesentliche Vertragsinhalte ändern. Die Annahme führt zur verbindlichen Modifikation des Arbeitsvertrages.

Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot hingegen ab, tritt die zweite mögliche Folge ein: Das Arbeitsverhältnis endet zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Ablehnung hat somit die gleiche Wirkung wie bei einer regulären Kündigung. Der Arbeitnehmer verliert seinen Arbeitsplatz und muss sich gegebenenfalls eine neue Beschäftigung suchen.

Eine dritte Option stellt die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt dar. Hierbei erklärt der Arbeitnehmer, die neuen Bedingungen vorläufig zu akzeptieren, behält sich aber vor, deren Angemessenheit gerichtlich überprüfen zu lassen. Diese Vorgehensweise bietet den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis zunächst fortbesteht, während gleichzeitig die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung offenbleibt. Allerdings muss der Arbeitnehmer die Annahme unter Vorbehalt innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklären.

Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung kann das Arbeitsgericht zu dem Schluss kommen, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. In diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis zu den ursprünglichen Bedingungen fort. Wird die Änderungskündigung hingegen als rechtmäßig eingestuft, gelten die neuen Arbeitsbedingungen verbindlich.

Besondere Beachtung verdient die Situation in Kleinbetrieben. Hier genießen Arbeitnehmer in der Regel keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Dennoch müssen auch in diesen Fällen Treu und Glauben sowie das Maßregelungsverbot beachtet werden. Eine Änderungskündigung darf nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen erfolgen.

Die Folgen einer Änderungskündigung können also je nach gewählter Reaktion des Arbeitnehmers und den Umständen des Einzelfalls variieren. Sie reichen von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis hin zu einer vorläufigen Weiterbeschäftigung mit der Option auf gerichtliche Klärung. In jedem Fall ist eine sorgfältige Abwägung der persönlichen und beruflichen Konsequenzen ratsam, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

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Was sind die Gründe, die ein Arbeitgeber für eine Änderungskündigung angeben kann?

Eine Änderungskündigung kann von einem Arbeitgeber aus verschiedenen Gründen ausgesprochen werden. Grundsätzlich müssen diese Gründe sozial gerechtfertigt sein, um rechtlich Bestand zu haben. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei drei Hauptkategorien von Gründen:

Betriebsbedingte Gründe liegen vor, wenn wirtschaftliche oder organisatorische Entscheidungen des Arbeitgebers eine Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich machen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Unternehmen umstrukturiert wird, Abteilungen zusammengelegt werden oder ein Standortwechsel ansteht. Auch eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens kann betriebsbedingte Änderungen rechtfertigen.

Personenbedingte Gründe beziehen sich auf die Person des Arbeitnehmers und dessen Fähigkeit, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Verlust einer für die Tätigkeit erforderlichen Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, um dem Arbeitnehmer eine andere, seinen Fähigkeiten entsprechende Position anzubieten.

Verhaltensbedingte Gründe ergeben sich aus dem Verhalten des Arbeitnehmers. Wenn ein Mitarbeiter wiederholt gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung in Betracht ziehen, um beispielsweise die Aufgaben oder die Position des Arbeitnehmers anzupassen.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Arbeitgeber bei einer Änderungskündigung nachweisen muss, dass die angestrebten Änderungen tatsächlich erforderlich sind und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Zudem muss eine Interessenabwägung stattfinden, bei der die Interessen des Arbeitgebers an der Änderung gegen die Interessen des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der bisherigen Bedingungen abgewogen werden.

In der Praxis können auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen, etwa wenn ein Unternehmen aufgrund von Marktveränderungen gezwungen ist, Gehälter anzupassen oder Arbeitszeiten zu verändern. Allerdings müssen auch diese Gründe stichhaltig sein und dürfen nicht willkürlich erscheinen.

Es ist zu beachten, dass eine Änderungskündigung nicht zulässig ist, wenn der Arbeitgeber die gewünschten Änderungen im Rahmen seines Weisungsrechts durchsetzen kann. Das Weisungsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, bestimmte Aspekte der Arbeit einseitig zu bestimmen, solange diese im Rahmen des Arbeitsvertrags und der gesetzlichen Bestimmungen bleiben.

Für Arbeitnehmer ist es ratsam, bei Erhalt einer Änderungskündigung die angegebenen Gründe sorgfältig zu prüfen. Nicht jede vom Arbeitgeber als notwendig erachtete Änderung ist automatisch rechtlich zulässig. Im Zweifelsfall kann eine fachkundige Beurteilung helfen, die Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung einzuschätzen und die eigenen Handlungsoptionen abzuwägen.

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Welche Möglichkeiten habe ich, gegen eine Änderungskündigung vorzugehen?

Bei einer Änderungskündigung stehen Arbeitnehmern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um darauf zu reagieren und ihre Interessen zu wahren. Die erste Option ist die Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt. Dies ermöglicht es dem Arbeitnehmer, das Angebot vorläufig anzunehmen und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, die vorgeschlagenen Änderungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Hierbei ist es wichtig, die gesetzliche Frist von drei Wochen für die Annahme unter Vorbehalt einzuhalten.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Änderungskündigung abzulehnen. In diesem Fall geht es ausschließlich um die Frage, ob die in der Änderungskündigung enthaltene Beendigungskündigung wirksam ist oder nicht. Der Arbeitnehmer kann dann eine Kündigungsschutzklage erheben, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen zu lassen.

Arbeitnehmer haben auch die Option, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Dies kann zu einer einvernehmlichen Lösung führen, bei der möglicherweise Kompromisse gefunden werden, die für beide Seiten akzeptabel sind. In manchen Fällen kann auch über eine Abfindung verhandelt werden, obwohl es keinen gesetzlichen Anspruch darauf gibt.

In Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten besondere Regelungen, da hier das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. In solchen Fällen haben Arbeitnehmer weniger Möglichkeiten, gegen eine Änderungskündigung vorzugehen. Dennoch können sie prüfen, ob die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder die guten Sitten verstößt.

Es ist ratsam, bei einer Änderungskündigung umgehend rechtlichen Rat einzuholen, um die individuellen Umstände des Falls zu prüfen und die beste Vorgehensweise zu ermitteln. Dabei sollten Arbeitnehmer beachten, dass sie sich in jedem Fall unverzüglich arbeitssuchend melden müssen, um eventuelle Ansprüche auf Arbeitslosengeld zu wahren.

Letztendlich hängt die Wahl der geeigneten Vorgehensweise von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art der vorgeschlagenen Änderungen, der persönlichen Situation des Arbeitnehmers und den Erfolgsaussichten einer möglichen Klage. Eine sorgfältige Abwägung aller Optionen ist daher unerlässlich, um die eigenen Interessen bestmöglich zu schützen und gleichzeitig die Chancen auf eine weitere Beschäftigung zu wahren.

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Welche Besonderheiten gelten für Änderungskündigungen in Kleinbetrieben?

Diese Frage zielt auf die rechtliche Sonderstellung von Kleinbetrieben ab. Hierbei sollte beleuchtet werden, dass in Kleinbetrieben zwar das Kündigungsschutzgesetz nicht greift, jedoch trotzdem bestimmte rechtliche Grenzen für die Änderungskündigung gelten.

___ Beachte thematischen Zusammenhang: Änderungskündigung in Kleinbetrieb (Az.: Az.: 16 Sa 278/15 – Hessisches Landesarbeitsgericht, vom 12.10.2015) ohne jedoch das Urteil explizit zu thematisieren___

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Änderungskündigung: Eine spezielle Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber nicht das Arbeitsverhältnis beenden, sondern die Bedingungen des Arbeitsvertrags ändern möchte, z.B. Arbeitszeit, Lohn oder Aufgaben. Der Arbeitnehmer kann diese Änderung annehmen, ablehnen oder unter Vorbehalt annehmen und dagegen klagen.
  • Kleinbetrieb: Ein Betrieb, der regelmäßig weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt. Hier gelten besondere Regeln, da das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht anwendbar ist. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer in Kleinbetrieben weniger Schutz vor Kündigungen haben.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Ein Gesetz, das Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen schützt. Es gilt in der Regel für Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern. In Kleinbetrieben findet das KSchG keine Anwendung, aber Arbeitnehmer sind dennoch nicht schutzlos.
  • Treu und Glauben (§ 242 BGB): Ein allgemeiner Grundsatz im deutschen Recht, der besagt, dass sich jeder im Rechtsverkehr fair und ehrlich verhalten muss. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass Kündigungen nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen erfolgen dürfen.
  • Soziale Rechtfertigung: Ein Kriterium, das im Kündigungsschutzgesetz verankert ist und besagt, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss, um wirksam zu sein. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber einen triftigen Grund für die Kündigung haben muss, der in der Person des Arbeitnehmers, seinem Verhalten oder dringenden betrieblichen Erfordernissen liegt.
  • Willkürliche Kündigung: Eine Kündigung, die ohne sachlichen Grund oder aus unsachlichen, unfairen oder willkürlichen Motiven erfolgt. Solche Kündigungen verstoßen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und sind daher unwirksam.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Dieser allgemeine Grundsatz des Zivilrechts verpflichtet die Vertragsparteien zu einem fairen und loyalen Verhalten. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass Kündigungen nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen erfolgen dürfen. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Änderungskündigung gegen Treu und Glauben verstößt, da das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hier nicht anwendbar war.
  • § 611 BGB (Arbeitsvertrag): Dieser Paragraph regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis. Eine Änderungskündigung ist eine einseitige Änderung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber. Im vorliegenden Fall klagte die Arbeitnehmerin gegen die Änderungskündigung, da sie die Reduzierung ihrer Arbeitszeit als ungerechtfertigt ansah.
  • § 315 BGB (Leistungsbestimmung): Dieser Paragraph erlaubt es dem Arbeitgeber, die Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Eine Änderungskündigung kann dazu dienen, die Arbeitszeit oder andere Arbeitsbedingungen zu ändern. Im vorliegenden Fall wurde die Arbeitszeit der Klägerin durch die Änderungskündigung reduziert, was eine zulässige Leistungsbestimmung nach § 315 BGB sein kann, wenn sie billigem Ermessen entspricht.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Dieses Gesetz verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Änderungskündigung eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt, da die Klägerin die älteste Mitarbeiterin war.
  • § 102 BetrVG (Anhörung des Betriebsrats): In Betrieben mit Betriebsrat muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden. Im vorliegenden Fall war das Betriebsverfassungsgesetz nicht anwendbar, da es sich um einen Kleinbetrieb mit weniger als 10 Mitarbeitern handelte. Dennoch ist die Anhörung des Betriebsrats ein wichtiger Aspekt bei Änderungskündigungen in größeren Betrieben.

Das vorliegende Urteil

Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 16 Sa 278/15 – Urteil vom 12.10.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 5. Februar 2015 -4 Ca 1674/14 -abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 26.9.2014 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung in einem Kleinbetrieb.

Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Zahnarztpraxis. Sie beschäftigt regelmäßig weniger als 10 Arbeitnehmer.

Die am xx.xx.1958 geborene Klägerin ist seit 1. August 1975 in der Zahnarztpraxis der Beklagten, bzw. deren Rechtsvorgänger, in Vollzeit (39 Stunden wöchentlich) zu einer Bruttomonatsvergütung von 2420 € als ausgebildete Zahnarzthelferin beschäftigt. Die übrigen 8 Mitarbeiterinnen der Praxis sind zwischen 18 und ca. 37 Jahre alt und weisen eine Betriebszugehörigkeit längstens seit 2007 auf. Die Klägerin ist an einem Leiden erkrankt, aufgrund dessen sie nicht längere Zeit ausschließlich im Sitzen arbeiten kann; insoweit wird auf die von ihr vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 29. August 2013 (Bl. 29 d.A.) Bezug genommen. Nachdem die Klägerin zunächst zumindest auch am Empfang eingesetzt wurde, wurde sie zuletzt nicht mehr dort, sondern überwiegend zur Assistenz bei Behandlungen eingeteilt.

Mit Schreiben vom 26. September 2014, der Klägerin am selben Tag persönlich übergeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. April 2015 und bot ihr eine Fortsetzung mit einer auf 29 Stunden reduzierten Arbeitszeit zu einer Bruttomonatsvergütung von 1799,49 € bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen an; diesbezüglich wird auf Bl. 4 der Akten verwiesen. Mit Anwaltsschreiben vom 15. Oktober 2014 (Bl. 5 d.A.) nahm die Klägerin dieses Änderungsangebot unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, an.

Mit ihrer am 16. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Diskriminierungsverbot verstößt und sittenwidrig ist.

Hierzu hat sie vorgetragen, dass sie wegen ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes benachteiligt werde.

Demgegenüber hat die Beklagte eingewendet, der Klägerin seien in der Vergangenheit vermehrt Fehler unterlaufen, wodurch der Eindruck entstanden sei, sie sei überlastet. Durch die Reduzierung der Arbeitszeit habe sie entlastet werden sollen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Arbeitsgerichts (Bl. 44-46 der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei § 2 KSchG außerhalb des betrieblichen Geltungsbereichs des § 23 Abs. 1 KSchG entsprechend anwendbar, um Arbeitnehmern in Kleinbetrieben einen Mindestschutz vor vollkommen unberechtigten Änderungskündigungen zu gewährleisten. Außerhalb des betrieblichen Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes sei auch eine Änderungskündigung jedoch nur auf Verstöße gegen Treu und Glauben oder Sittenwidrigkeit bzw. auf einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu überprüfen. Die Darlegungslast liege zunächst bei der Arbeitnehmerin. Umstände, die geeignet wären, die Treu- oder Sittenwidrigkeit des Änderungsangebots zu begründen, habe die Klägerin nicht im Einzelnen dargelegt. Zwar möge es sein, dass die Klägerin die älteste Arbeitnehmerin im Betrieb sei. Dass die Klägerin nicht mehr am Empfang eingesetzt werde, könne vielfältige Ursachen haben. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Altersdiskriminierung habe die Klägerin nicht dargelegt, sondern diesbezüglich lediglich Vermutungen geäußert. Soweit die Klägerin sich auf Mobbing berufe, hielten sich die von ihr geschilderten Vorfälle noch im Rahmen dessen, was als reguläre Konfliktsituation am Arbeitsplatz angesehen werden könne.

Dieses Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Februar 2015 zugestellt. Die Klägerin hat dagegen am 4. März 2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 16. Mai 2015 am 12. Mai 2015 begründet.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Änderungskündigung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam, weil sie nicht hinreichend bestimmt sei. Es sei unklar, ob die bisherigen festen Arbeitstage der Klägerin beibehalten würden. Ebenso sei unklar, ob mit „gleich bleibenden Bedingungen“ ein ausschließlicher Einsatz in der Assistenz gemeint sei, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung ausschließlich in der Assistenz und nicht mehr am Empfang eingesetzt wurde. Ferner sei unklar, wie viele Urlaubstage ihr bei der verringerten Arbeitszeit zustünden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei unwirksam. Ein irgendwie einleuchtender Grund für die Maßnahme liege nicht vor. Die Beklagte benenne zwar einige kleine Fehler, ohne diese jedoch zeitlich einzuordnen.

Als einzige Mitarbeiterin werde die Klägerin seit Juli 2014 nicht mehr am Empfang eingesetzt. Die von der Beklagten genannten Gründe für die Versetzung vom Empfang in die Assistenz dienten allein der Rechtfertigung dieser Maßnahme und hätten mit der Änderungskündigung nichts zu tun. Bei einer Tätigkeit am Empfang könne sie ihren Leiden besser Rechnung tragen, da sie jederzeit aufstehen könne. Dies sei im Bereich der Assistenz -insbesondere bei längeren Behandlungen- nicht möglich. Die Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb die Reduzierung der Arbeitszeit erfolgt sei. Es treffe nicht zu, dass die Verringerung der Arbeitszeit die Zeit des Sitzens für die Klägerin reduziere. Vielmehr verstärke gerade das Sitzen in der Assistenz die Beschwerden der Klägerin. Jedenfalls erkläre die Versetzung in die Assistenz keineswegs die durch die Änderungskündigung herbeigeführte Verkürzung der Arbeitszeit. Das Arbeitsgericht habe die abgestufte Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Klägerin habe ausreichend Tatsachen vorgetragen, die einen Verstoß gegen das Benachteiligungsund Diskriminierungsverbot möglich erscheinen ließen. Unbestritten habe die Klägerin als älteste und am längsten beschäftigte Mitarbeiterin als einzige kein Weihnachtsgeld erhalten. Ferner wurde ihr als einzige die Arbeit am Empfang entzogen und eine Änderungskündigung ausgesprochen. Einen einleuchtenden Grund für die Änderungskündigung habe die Beklagte nicht vorgetragen. Ferner sei § 612a BGB zu berücksichtigen. Die Änderungskündigung sei einen Tag, nachdem sie den Arzt Dr. A um ein Gespräch darüber, warum sie nicht mehr am Empfang arbeiten dürfe, am 26. September 2014 erklärt worden. Dieser zeitliche Zusammenhang sei evident. Ferner habe das Arbeitsgericht die Anwendbarkeit des AGG übersehen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes sei dieses nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Kündigungen anwendbar. Hier liege eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters der Klägerin vor. Es sei eine vergleichbare Situation sämtlicher Mitarbeiterinnen gegeben, da alle über eine Ausbildung als Zahnarzthelferin verfügen. Die Klägerin sei die älteste und weise die längste Betriebszugehörigkeit aus. Sie werde gegenüber den übrigen Mitarbeiterinnen weniger günstig behandelt. Das Arbeitsgericht habe § 22 AGG verkannt. Die Klägerin habe ausreichend Indizien vorgetragen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Die Beklagte hätte ihren Eindruck, die Klägerin sei überlastet, erläutern müssen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 5. Februar 2014 -4 Ca 1674/14-abzuändern und festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 26. September 2014 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Das Änderungsangebot sei hinreichend bestimmt. Lage und Verteilung der Arbeitszeit würden ebenso wie die Tätigkeit (Empfang oder Assistenz) im Rahmen des Direktionsrechts festgelegt. Nicht alle Mitarbeiterinnen übten eine identische Tätigkeit aus. So werde beispielsweise die Mitarbeiterin B ausschließlich in der Assistenz eingeteilt, die Mitarbeiterin C hauptsächlich in der Prophylaxe und nur zu einem geringfügigen Teil von 4 h wöchentlich im Mahnwesen eingesetzt. Die Mitarbeiterin D sei hauptsächlich in der Assistenz und zu einem Viertel ihrer Arbeitszeit am Empfang tätig. Die Mitarbeiterin E sei ausschließlich in der Prophylaxe tätig. Die Klägerin sei deshalb vom Empfang in den Bereich der Stuhlassistenz und Prophylaxe versetzt worden, weil man mit ihren Leistungen nicht mehr zufrieden gewesen sei. Die Klägerin selbst habe ihre fehlerhaften Arbeitsleistungen mit einer Überforderungssituation in ihrem familiären Umfeld erklärt. Die Änderungskündigung sei als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung erklärt worden. Es sei unzutreffend, dass die Klägerin als einzige Mitarbeiterin überhaupt nicht am Empfang eingesetzt werde. Auch die Mitarbeiterinnen A und E würden nicht am Empfang eingesetzt. Da die Mitarbeiterin F im Februar 2014 schwanger geworden sei und aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht mehr in der Assistenz eingesetzt werden durfte, habe Bedarf bestanden, die Klägerin regelmäßig im Bereich der Assistenz und der Prophylaxe einzusetzen. Der Einsatz der Klägerin dort sei unproblematisch, da grundsätzlich zwischen einer sitzenden Tätigkeit am Empfang und einer sitzenden Tätigkeit in der Assistenz kein Unterschied bestehe. Im Übrigen könne die Assistenz sowohl stehend als auch sitzend ausgeführt werden. Die Aufbereitung der Instrumente und die Vorbereitung der Behandlungszimmer fänden ausschließlich im Stehen statt. Dagegen werde am Empfang die Tätigkeit hauptsächlich sitzend ausgeübt. Aufgrund der von der Klägerin gemachten Fehler habe jedoch keine Bereitschaft mehr bestanden, sie am Empfang einzusetzen. Da auch in der Assistenz ein fehlerfreies Arbeiten nicht verzeichnet werden konnte, sei die Änderungskündigung erfolgt. Wegen ihrer schlechten Leistungen habe die Klägerin kein Weihnachtsgeld erhalten. Die Tatsache, dass sie um ein Gespräch gebeten habe, sei für die Entscheidung der Beklagten, eine Änderungskündigung auszusprechen, nicht ausschlaggebend gewesen. Die Klägerin trage selbst vor, es sei bei der Übergabe des Kündigungsschreibens erklärt worden, sie sei überlastet. Vor dem Hintergrund der gezeigten Schlechtleistungen hätten die Beklagten vermutet, dass die Klägerin aufgrund einer bekannten familiären Belastungssituation nicht mehr in der Lage sei, ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erbringen. Es bleibe dabei, dass die Klägerin keine nachvollziehbaren Tatsachen für eine Diskriminierung wegen des Alters oder einer bestehenden Erkrankung vorgetragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist statthaft, § 8 Abs. 2 ArbGG, § 511 Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 2b ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung ist begründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung vom 26. September 2014 ist unwirksam.

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass außerhalb des betrieblichen Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 KSchG) dem von einer Änderungskündigung im Kleinbetrieb betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung dieser Maßnahme zur Verfügung stehen muss (A/P/S-Künzl, Kündigungsrecht, 4. Auflage, § 2 Rn. 353). Dies gebietet der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes.

Daraus folgt jedoch nicht, dass der Prüfungsmaßstab des § 2 KSchG, der die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG) voraussetzt, anzuwenden ist. Vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze über den Kündigungsschutz außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes.

Eine Kündigung verstößt deshalb in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, z.B. vor Diskriminierungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz. Schließlich darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt. Die gebotene Berücksichtigung des durch langjährige Beschäftigung entstandenen Vertrauens erfordert, dass der Grund für Kündigungen gegenüber langjährig beschäftigten Arbeitnehmern auch angesichts der Betriebszugehörigkeit „einleuchten“ muss (Bundesarbeitsgericht 28. August 2003-2 AZR 333/02-Rn. 16-18).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer. Allerdings gilt der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Arbeitnehmers auch im Prozessrecht. Deshalb gelten insoweit die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht oder nicht nur einen Auswahlfehler des Arbeitgebers geltend macht, sondern die Kündigung nur oder auch aus anderen Gründen für treuwidrig hält. In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, der die Gründe, die zu seiner Kündigung geführt haben, oft nicht kennt, nur einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn aus dem Vorbringen des Klägers auf den ersten Blick ein schwerer Auswahlfehler erkennbar ist. Die Treuwidrigkeit kann sich aber auch aus anderen Gesichtspunkten ergeben.

Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO qualifiziert auf den Vortrag des Arbeitnehmers einlassen, um ihn zu entkräften. Kommt er dieser sekundären Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Vortrag des Arbeitnehmers gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Trägt der Arbeitgeber hingegen die betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Gründe vor, den Vorwurf der Treuwidrigkeit ausschließen, so hat der Arbeitnehmer die Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung dennoch ergeben soll, zu beweisen (Bundesarbeitsgericht 28. August 2003-2 AZR 333/02-Rn. 21).

Die Klägerin hat einen Sachverhalt vorgetragen, der die Treuwidrigkeit der Änderungskündigung nach § 242 BGB indiziert. Sie hat sich darauf berufen, dass sie als die bei weitem älteste und am längsten dem Betrieb zugehörige Zahnarzthelferin als einzige von einer derartigen Maßnahme (Änderungskündigung zur Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit) betroffen ist. Damit oblag es der Beklagten als Arbeitgeber, den Vortrag der Klägerin zu entkräften. Abzustellen ist insoweit auf das Vorbringen, das die Beklagte in Bezug auf die hier streitgegenständliche Maßnahme, die Änderungskündigung, gehalten hat. Hieraus folgt, dass die seitens der Beklagten für die bereits vor der Änderungskündigung erklärte Versetzung der Klägerin vom Empfang in die Assistenz angeführten Gründe (Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 2.2.2015, Seite 2 unten/3 oben, Blatt 36, 37 der Akten) nicht maßgeblich sind. Als Grund für die Änderungskündigung nennt die Beklagte, dass auch hinsichtlich der geänderten Tätigkeit ein fehlerfreies Arbeiten seitens der Klägerin nicht verzeichnet werden konnte (Seite 6 der Berufungserwiderung, Bl. 131 d.A.). Ferner habe die Beklagte vor dem Hintergrund der gezeigten Schlechtleistungen der Klägerin vermutet, dass sie auch aufgrund einer bekannten familiären Belastungssituation nicht mehr in der Lage sei, ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erbringen (Seite 8 der Berufungserwiderung, Bl. 133 d.A.). Welche Fehler der Klägerin nach der erfolgten Versetzung in die Assistenz wann unterlaufen sein sollen legt die Beklagte nicht im Einzelnen dar, so dass deren Gewicht und die hieraus folgende Belastung des Arbeitsverhältnisses nicht bewertet werden können. Insbesondere im Hinblick auf die langjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses wäre ein entsprechender Vortrag erforderlich gewesen (vgl. Bundesarbeitsgericht 28. August 2003-2 AZR 333/02-Rn. 18). Soweit die Beklagte mit dem Ausspruch der Änderungskündigung der familiären Belastungssituation der Klägerin Rechnung tragen wollte, rechtfertigt auch dies die Änderungskündigung nicht. Zunächst handelt es sich hierbei um dem Privat- und Familienleben der Klägerin zuzurechnende Umstände, die für sich genommen in keinem Bezug zum Arbeitsverhältnis stehen und vom Arbeitgeber nicht zum Anlass für arbeitsrechtliche Maßnahmen genommen werden dürfen. So schützt etwa Art. 7 der Europäischen Grundrechtecharta die Achtung des Privat- und Familienlebens in besonderer Weise. Allenfalls, wenn die vom Arbeitgeber angenommene Überlastung der Arbeitnehmerin aufgrund ihrer familiären Situation konkret feststellbare betriebliche Auswirkungen (etwa Leistungsmängel, Verspätungen, Fehlzeiten) hat, kann der Arbeitgeber hierauf mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen reagieren. Solche hat die Beklagte jedoch nicht im Einzelnen vorgetragen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vorbringen der Beklagten nicht erkennbar ist, aus welchem Grund eine Reduzierung der Arbeitszeit in dem hier vorgenommenen Umfang von 10 Stunden erfolgen musste. Auch deshalb kann die Maßnahme nicht nachvollzogen werden. Ein irgendwie einleuchtender Grund für den Ausspruch der Änderungskündigung ist daher nicht erkennbar.

III.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.


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