Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 3 Sa 545/11 – Urteil vom 24.04.2012
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.08.2011 – 8 Ca 714/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.
Die Klägerin war seit 19. September 1990 bei der Beklagten in deren SB-Warenhaus in K. als Verkäuferin beschäftigt und seit mehr als 15 Jahren in der dortigen Elektroabteilung tätig. Sie war zuletzt stellvertretende Teamleiterin. Ihre Vorgesetzte war die kommissarische Teamleiterin für den Bereich Elektro, Frau A..
Am 31. März 2011 kaufte die Klägerin ein Telefunken LED-Fernsehgerät (LED-TV T22R8, Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12. Mai 2011 = Bl. 34 d. A.), dessen regulärer Verkaufspreis 249,00 EUR betrug, zu einem Preis von 60,00 EUR abzüglich einem Personalrabatt von 19 % (d.h. für 48,50 EUR). Die Klägerin benutzte dabei nicht das sog. Preisüberschreibungsformular, das in Fällen benutzt wird, in denen ein anderer als der im System hinterlegte Preis bezahlt wird. In diesem Formular sind je nach Höhe der Reduzierung verschiedene Unterschriften vorgesehen, und zwar vom Teamleiter oder dessen Vertretung (bei Reduzierungen bis 25,00 EUR) bis hin zur Geschäftsleitung (bei Reduzierungen über 50,00 EUR); im Übrigen wird auf das als Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12. Mai 2011 (Bl. 33 d. A.) vorgelegte Formular „Anforderung einer Preisüberschreibung an der Kasse“ verwiesen. Am selben Tag (31. März 2011) hatte die Klägerin in einem anderen Fall, der sie selbst nicht betraf, das Preisüberschreibungsformular (Bl. 61 d. A.) verwendet.
Am 02. April 2011 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin, Herrn H. (Geschäftsleiter), Herrn Z. (Betriebsratsmitglied) und Herrn R. (Revisor) statt. In diesem Gespräch stellte der Geschäftsleiter, Herr H., der Klägerin eine außerordentliche Kündigung in Aussicht. Nach zweimaliger Unterbrechung des Gesprächs, in der die Klägerin Rücksprache mit dem Betriebsratsmitglied (Herrn Z.) hielt, unterzeichneten die Klägerin und Herr H. (als Geschäftsleiter in Vertretung für die Beklagte) folgenden Aufhebungsvertrag der Parteien vom 2. April 2011 (Bl. 9 d.A.):
„1. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis endet in gegenseitigem Einvernehmen am 30.04.2011.
2. Das Arbeitsverhältnis wird bis zu dem vorgenannten Datum ordnungsgemäß abgerechnet.
3. Die Arbeitnehmerin wird mit sofortiger Wirkung nach Gewährung eventuell bestehender Urlaubs- und Freizeitansprüche unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt.
4. Die Arbeitnehmerin wurde angehalten, sich über die Voraussetzungen und Modalitäten des Bezuges von Leistungen der Agentur für Arbeit selbst zu informieren.
5. Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, sich zur Vermeidung einer Minderung des Arbeitslosengeldes unverzüglich nach Abschluss dieses Aufhebungsvertrages bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.
6. Die Arbeitnehmerin erhält ein qualifiziertes Zeugnis.
7. Mit Erfüllung dieses Aufhebungsvertrages und Ausgleich des Schadens sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt. Hiervon ausgenommen sind tarifliche Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers.
8. Die etwaige Unwirksamkeit einzelner Teile dieses Aufhebungsvertrages berührt nicht die Wirksamkeit der übrigen Inhalte des Vertrages.
Mit ihrer Unterschrift erklärt die Arbeitnehmerin, dass sie diesen Vertrag nach sorgfältigem Lesen und ausreichender Bedenkzeit freiwillig unterzeichnet hat.“
Weiterhin unterzeichneten die Klägerin, Herr H., Herr Z. und Herr R. folgendes Gesprächsprotokoll vom 02. April 2011 (Bl. 35 d.A.):
„Gesprächsinhalt:
Frau B. wurde zu diesem Kauf befragt, insbesondere hinsichtlich des auf 60,00 EUR reduzierten VK.
Frau B. machte folgende Angaben:
Frau B. gab in Gegenwart der Gesprächsteilnehmer zu, die Preisreduzierung auf 60,00 EUR persönlich durchgeführt zu haben, um den technisch neuwertigen Telefunken LED-TV anschließend beim Personalkauf selbst käuflich zu dem reduzierten Preis zu erwerben. Diese Preisreduzierung hätte sie durchgeführt, da das Gerät bereits zuvor aufgrund eines von ihr vermuteten technischen Defektes auf 120,00 EUR reduziert gewesen wäre. Der vorliegende technische Fehler des Gerätes sei ihr jedoch bei der Durchführung der Preisreduzierung sowie beim Kauf des Gerätes nicht bekannt gewesen. Ebenfalls bestätigte Frau B. den hierfür vorgesehenen Beleg „Anforderung einer Preisüberschreibung an der Kasse“ nicht ausgefüllt zu haben. Ihr war bekannt, dass eine Freigabe durch die Teamleiterin oder wie in diesem Falle von dem Geschäftsleiter auf dem Formular hätte genehmigt und freigezeichnet werden müssen. Eine Rücksprache bezüglich der Reduzierungen erfolgte weder mit der Teamleiterin noch mit dem Geschäftsleiter.“
Mit anwaltlichem Schreiben vom 05. April 2011 (Bl. 10, 11 d. A.), das die Beklagte am 08. April 2011 ausweislich des Rückscheins (Bl. 12 d. A.) erhalten hat, erklärte die Klägerin die Anfechtung des Aufhebungsvertrags vom 02. April 2011 wegen widerrechtlicher Drohung.
Mit ihrer am 26. April 2011 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 02. April 2011 mit Ablauf des 30. April 2011 aufgelöst ist. Mit Schriftsatz vom 09. Juni 2011 hat sie auch das Gesprächsprotokoll vom 02. April 2011 bzw. die von ihr darin abgegebene Erklärung wegen widerrechtlicher Drohung angefochten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie sei während des 3 ½-stündigen Gesprächs von Herrn H. und Herrn R. derart unter Druck gesetzt worden, dass sie letztlich den Aufhebungsvertrag vom 02. April 2011 unterzeichnet habe. In dem Gespräch habe der Geschäftsleiter Herr H. ihr widerrechtlich damit gedroht, dass für den Fall der Nichtunterzeichnung des vorbereiteten Aufhebungsvertrags eine fristlose Kündigung ausgesprochen werde und sie das ihr zustehende gute Arbeitszeugnis nicht erhalten werde. Die von ihr mehrfach erbetene Bedenkzeit über das Wochenende sei ihr verweigert worden. Obwohl sie sich nicht vertragswidrig verhalten und die Beklagte keinen wichtigen Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung gehabt habe, sei ihr dennoch widerrechtlich damit gedroht worden. Entgegen dem Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Gesprächsprotokolls vom 02. April 2011 habe sie lediglich die ihr Mitte März 2011 von ihrer Vorgesetzten, Frau A., erteilte Anweisung zur Preisreduzierung befolgt, was sie im Gespräch vom 02. April 2011 auch so Herrn H. und Herrn R. mitgeteilt habe. Letztlich habe sie unter dem auf sie ausgeübten Druck das Gesprächsprotokoll vom 02. April 2011 unterzeichnet, weil ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung mit einer fristlosen Kündigung und auch damit gedroht worden sei, dass sie ansonsten kein gutes Arbeitszeugnis erhalte. Mitte März 2011 habe ihre direkte Vorgesetzte, Frau A., sie angewiesen, sämtliche in einem separaten Raum hinter der Information befindlichen Geräte um 50 % zu reduzieren. In diesem Raum hinter dem Informationsschalter würden ältere Geräte und aus irgendeinem Grund bereits reduzierte (z.B. zurückgegebene oder umgetauschte) oder reparierte Geräte aufbewahrt. Die bereits reduzierten Geräte seien mit einem roten Preisreduzierungsaufkleber versehen. Da Mitte März 2011 im Verkaufsraum in der Niederlassung der Beklagten ein Regal leer gewesen sei, hätten die sich in dem separaten Raum befindlichen Geräte um 50 % reduziert und in das leere Regal zum Verkauf gestellt werden sollen. Diese Anweisung habe Frau A. ihr Mitte März 2011 erteilt. Bei dem hier streitgegenständlichen Fernsehgerät handele es sich um ein Gerät, das zum Zeitpunkt der Anweisung von Frau A. Mitte März 2011 bereits reduziert und mit einem roten Preisreduzierungsaufkleber „120,00 EUR“ versehen gewesen sei. Auftragsgemäß habe sie daher Mitte März 2011 die sich in dem separatem Raum hinter dem Infoschalter befindlichen Geräte um 50 % reduziert und diese in das leere Regal in den Verkaufsraum gestellt. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, weshalb das streitgegenständliche Fernsehgerät bereits zum Zeitpunkt der Anweisung der Frau A. auf 120,00 EUR reduziert und mit einem entsprechenden roten Aufkleber versehen gewesen sei. Sie habe lediglich vermutet, dass das Gerät evtl. defekt sei und auch nur diese Vermutung gegenüber der Kassiererin, Frau B., geäußert. Durch die Preisreduzierung des bereits auf 120,00 EUR reduzierten Fernsehgerätes habe sie daher lediglich der Anweisung ihrer Vorgesetzten Genüge getan. Erst später am 31. März 2011 habe sie sich entschlossen, selbst das nunmehr auf 60,00 EUR reduzierte Fernsehgerät zu erwerben. Am 02. April 2011 habe Frau A. ihr selbst nochmals mündlich bestätigt, dass sie ihr Mitte März 2011 die Anweisung gegeben habe, die im separaten Raum befindlichen Geräte um 50 % zu reduzieren. Damit habe eine entsprechende Befugnis zur Preisreduzierung bestanden. Der rote Preisreduzierungsaufkleber habe sich auf dem Karton befunden, in welchem das Gerät eingepackt gewesen sei. Leider sei der Karton nicht mehr vorhanden. Bei der Beklagten habe es des Öfteren „Sonderfälle“ von Preisreduzierungen gegeben, in denen auf Anweisung der Vorgesetzten Waren um weitaus mehr als 50,00 EUR hätten reduziert werden sollen. Im Hinblick darauf, dass sie auf Anweisung von Frau A. gehandelt habe, liege ein vertragswidriges Verhalten nicht vor. Im Übrigen habe sie sich während ihrer über 20-jährigen Beschäftigungszeit nie ein Fehlverhalten zu Schulden kommen lassen und noch nie eine Abmahnung erhalten. Danach liege eine gemäß § 123 Abs. 1 BGB wirksame Anfechtung des Aufhebungsvertrags und der Gesprächsvereinbarung vor.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 02. April 2011 mit Ablauf des 30. April 2011 aufgelöst wird, hilfsweise für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen als Verkäuferin entsprechend des sachlichen Tätigkeitsbereiches im Arbeitsvertrag vom 19. September 1990 weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert, ein Anfechtungsgrund liege nicht vor. Der Klägerin sei bekannt, dass Preisreduzierungen unter Verwendung des hausinternen Belegs „Anforderung eine Preisüberschreibung an der Kasse“ erfolgen müssten, wonach Reduzierungen von Waren bis zu 25,00 EUR von der Teamleitung oder deren Vertretung, Reduzierungen über 25,00 EUR bis 50,00 EUR von einem stellvertretenden Geschäftsleiter und Reduzierungen über 50,00 EUR vom Geschäftsleiter persönlich per Unterschrift freigegeben werden müssten. Falls der im Warenwirtschaftssystem hinterlegte Kaufpreis reduziert (überschrieben) werden solle, müsse sich die jeweilige Kassierkraft zum Zwecke der Richtigkeit und Berechtigung der begehrten Preisreduzierung den betreffenden Preisüberschreibungsbeleg vorlegen lassen. Nach Vorlage des Belegs müsse die Kassierkraft eine Kassenaufsicht herbeirufen, die erneut kontrolliere, ob die begehrte Reduzierung (Preisüberschreibung) berechtigt sei. In diesem Falle storniere die herbeigerufene Kassenaufsicht unter Einsatz ihrer Stornokarte den ursprünglich im Verkaufssystem hinterlegten Preis und überschreibe ihn mit dem neuen genehmigten reduzierten Verkaufspreis. Die Klägerin habe am 31. März 2011 das erst im November 2010 in den Verkaufsbestand aufgenommene Fernsehgerät mit neuer LED-Technik zu einem auf 60,00 EUR reduzierten Preis (abzüglich 19 % Personalrabatt) gekauft, ohne dass ein Berechtigter eine Reduzierung des regulären Verkaufspreises von 249,00 EUR vorgenommen habe. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe die Teamleiterin Frau A. keine Preisreduzierung des fraglichen Fernsehgerätes vorgenommen oder verfügt. Auf Nachfrage hätten sowohl Frau A. als auch der zuständige Teamleiter Herr E. klargestellt, dass ihnen eine Reduzierung des Preises des betreffenden Gerätes von 249,00 EUR auf 120,00 EUR bzw. von 120,00 EUR auf 60,00 EUR nicht bekannt sei. Die Klägerin habe ihre Kollegen Frau B. an der Kasse über die Berechtigung der Preisreduzierung getäuscht, indem sie auf einen angeblichen Defekt verwiesen habe. Frau B. habe sich keinen Preisüberschreibungsbeleg vorzeigen lassen, weil sie der Klägerin vertraut habe, dass das Gerät beschädigt und deshalb zu Recht auf 60,00 EUR reduziert gewesen sei. Dabei habe Frau B. die ihr an diesem Tag überlassene Stornokasse genutzt und gutgläubig den von der Klägerin eigenmächtig auf 60,00 EUR reduzierten Verkaufspreis (abzüglich 19 % Personalrabatt) kassiert. Das am 02. April 2011 von 15.45 Uhr bis 18.45 Uhr geführte Aufklärungsgespräch habe nach Abzug der zweimaligen Unterbrechung (2 x 15 Minuten) zur Rücksprache der Klägerin mit Herrn Z. und der Zeit von einer Stunde zur Fertigung des Aufhebungsvertrages sowie einer weiteren halben Stunde zur Erstellung des Protokolls nur eine Gesprächszeit von ca. einer Stunde umfasst. Auf die ihr gestellte Frage, wie sie dazu komme, den Preis ohne Rücksprache mit den dazu Berechtigten zu reduzieren, habe die Klägerin behauptet, das Fernsehgerät sei defekt gewesen. Nach der weiteren Frage, wie sie bei dem nicht angeschlossenen Fernseher einen Defekt festgestellt haben wolle, habe sie erklärt, den behaupteten Defekt erst zu Hause festgestellt zu haben. Damit habe die Klägerin eingeräumt, dass sie tatsächlich zum Zeitpunkt der Preisreduzierung keine Kenntnis von einem Defekt gehabt habe. Danach habe für die Klägerin jedenfalls keine berechtigte Veranlassung dafür bestanden, dass eine etwaige Anweisung zur Reduzierung der in dem kleinen Raum hinter dem Informationsstand befindlichen Geräte auch den hier fraglichen Fernseher erfasst habe. Vielmehr handele es sich um eine Schutzbehauptung der Klägerin zur Rechtfertigung der von ihr eigenmächtig vorgenommenen Reduzierung des Verkaufspreises für ein neues Fernsehgerät. Soweit sich die Klägerin darauf berufen habe, dass auf dem Karton des Fernsehers ein roter Preisreduzierungsaufkleber mit 120,00 EUR befunden habe, werde dies bestritten und sei auch unglaubhaft. Denn üblicherweise hebe man einen Karton auf, um das Gerät zum Beispiel zum Zwecke der Reparatur zurückbringen zu können. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin angeblich von einem Defekt des Gerätes ausgegangen sei, hätte sie mit Sicherheit den Karton aufgehoben, um das Gerät ggf. reparieren lassen zu können oder zu zeigen, dass dort tatsächlich ein roter Preisreduzierungsaufkleber aufgebracht gewesen sei. In dem Aufklärungsgespräch habe Herr H. der Klägerin alternativ zu der in Aussicht gestellten fristlosen Arbeitgeberkündigung einen Aufhebungsvertrag zum 30. April 2011 und gleichzeitig ein Zeugnis angeboten, in welchem der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führende Sachverhalt keine Erwähnung finden sollte. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe Herr H. tatsächlich erklärt, dass er ihr im Falle des Aufhebungsvertrages ein gutes Zeugnis, welches ihr aufgrund ihres Verhaltens nicht zustehe, ausstellen werde.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16. August 2011 – 8 Ca 714/11 – die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anfechtungsgrund nicht gegeben sei. Die in der Ankündigung einer außerordentlichen Kündigung liegende Drohung sei hier nicht widerrechtlich gewesen, weil ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin habe in Erwägung ziehen dürfen. Dafür würden mehrere Umstände sprechen. Die Klägerin habe die Preisüberschreibungsformulare der Beklagten gekannt und sie zumindest dann, wenn sie nicht selbst davon begünstigt gewesen sei, auch angewandt. Der Vortrag der Klägerin zur Berechtigung der Preisreduzierung von Artikeln der Beklagten habe im Laufe des Prozesses gewechselt. Während sie sich zunächst noch darauf berufen habe, selbst bis 100,00 EUR nach Gutdünken reduzieren zu dürfen, habe sie dies im Gütetermin auf defekte Geräte beschränkt. Im späteren Schriftsatz sei dann behauptet worden, die Vorgesetzte habe die Reduzierung der Ware angeordnet. Erst auf Nachfragen im Kammertermin sei deutlich geworden, dass die Klägerin sich hinsichtlich der Reduzierung des von ihr selbst erworbenen Fernsehgerätes nicht darauf berufe, es selbst im eigenen Ermessen reduziert zu haben, sondern auf Anweisung von Frau A. gehandelt zu haben. Der Kammer sei allerdings noch nicht klar, ob die Klägerin behaupte, zweimal oder einmal auf Anweisung reduziert zu haben. Weiterhin sei deutlich geworden, dass das Fernsehgerät entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht in das Regal zum Verkauf gestellt worden sei, sondern in dem separatem Raum verblieben sei, bis es die Klägerin gekauft habe. Außerdem habe die Klägerin ein Protokoll unterzeichnet, in dem sie erklärt habe, die Vorgaben für eine Preisreduzierung nicht eingehalten zu haben. Diese Erklärung sei zwar von der Klägerin angefochten und nun als unzutreffend bezeichnet worden. Anfechten könne man jedoch nur Willenserklärungen und keine tatsächlichen Erklärungen. Im Übrigen sei das Gesprächsprotokoll von weiteren Personen unterzeichnet worden, die nicht wie die Klägerin unter der Androhung einer außerordentlichen Kündigung gestanden hätten. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers habe die Klägerin damit ihr Fehlverhalten eingeräumt. Weiterhin sei ungewöhnlich, dass der Karton, auf dem sich der rote Preisreduzierungsaufkleber von 120,00 EUR als Ausgangspunkt für die Reduzierung auf 60,00 EUR befunden haben solle, bereits zwei Tage nach dem Kauf nicht mehr auffindbar sein solle, obwohl es doch naheliege, den Originalkarton für die Rückgabe im Hinblick auf den von der Klägerin vermuteten Defekt aufzuheben. Auch die Drohung mit einem schlechten Zeugnis sei nach dem Vortrag der Klägerin kein Anfechtungsgrund. Allein durch eine außerordentliche Kündigung wäre es zu einem „unrunden“ Beendigungsdatum gekommen, was das Zeugnis schlecht aussehen lasse. Im Übrigen habe die Klägerin nicht dargelegt, inwieweit daneben ein schlechter Inhalt des Zeugnisses in Aussicht gestellt worden sein solle.
Gegen das ihr am 25. August 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. September 2011, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag (Montag) per Telefax eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. November 2011 mit Schriftsatz vom 22. November 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag per Telefax eingegangen, begründet.
Sie trägt vor, sie habe den Aufhebungsvertrag wirksam gemäß §§ 123, 142 BGB angefochten, weil die in dem angekündigten Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung liegende Drohung auch widerrechtlich gewesen sei. Ein verständiger Arbeitgeber hätte eine außerordentliche Kündigung nicht in Erwägung gezogen, weil sie weisungsgemäß gehandelt habe und das Fernsehgerät auf Weisung ihrer Vorgesetzten Frau A. im Preis reduziert habe. Sie habe lediglich nicht das Preisüberschreibungsformular benutzt, was jedoch in anderen Fällen auch so gehandhabt worden sei. Auch andere Arbeitskollegen hätten oft das Preisüberschreibungsformular nicht benutzt, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Die Beklagte habe die Vorgehensweise hinsichtlich weisungsgemäß vorzunehmender Preisreduktionen schlecht organisiert. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe ihr Sachvortrag auch nicht gewechselt. Tatsächlich habe ihre Vorgesetzte, Frau A., ihr Mitte März 2011 die Anweisung erteilt, die in einem separaten Raum hinter dem Informationsschalter befindlichen Geräte um 50 % zu reduzieren und diese in das leere Regal im Verkaufsraum zu stellen. Zum Anweisungszeitpunkt sei das von ihr am 31. März 2011 erworbene Fernsehgerät bereits mit einem roten Preisreduzierungsaufkleber mit „120,00 EUR“ versehen gewesen. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, weshalb das streitgegenständliche Fernsehgerät bereits zum Zeitpunkt der Anweisung ihrer Vorgesetzten Mitte März 2011 auf 120,00 EUR reduziert und mit einem entsprechenden roten Aufkleber versehen gewesen sei. Sie habe lediglich vermutet, dass das Gerät evtl. defekt gewesen sei. Durch die Preisreduzierung des bereits auf 120,00 EUR reduzierten Fernsehgerätes habe sie daher lediglich der Anweisung ihrer Vorgesetzten Folge geleistet. Am 02. April 2011 habe Frau A. ihr selbst nochmals mündlich bestätigt, dass sie ihr Mitte März 2011 die vorgenannte Anweisung erteilt habe. Es sei nie vorgetragen worden, dass sie aus eigenem Ermessen einen Preis reduziert habe. Vielmehr habe eine entsprechende Weisung zur Preisreduzierung für sie bestanden, was das Arbeitsgericht verkannt habe. Den Karton des betreffenden Fernsehgerätes habe sie direkt zu Hause entsorgt, weil Papiermüll sonst überhand nehme. Bezüglich der Drohung der Beklagten, ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags ein schlechtes Zeugnis auszustellen, könne sie keinen weiteren Vortrag leisten, weil ihr dies genauso in dem Gespräch vom 02. April 2011 mitgeteilt worden sei. Sie habe die Mitteilung so verstehen dürfen und müssen, dass sie für den Fall der Nichtunterzeichnung ein schlechteres als ihr korrekterweise zustehendes Zeugnis von der Beklagten erhalten würde. Ergänzend sei darauf zu verweisen, dass im Betrieb der Beklagten verschiedene Möglichkeiten zur Reduzierung von Waren existierten und nicht zwingend vorgeschrieben sei, das von der Beklagte angeführte Preisüberschreibungsformular zu verwenden. Vielmehr stelle das von der Beklagten vorgelegte Formular nur eine von fünf Möglichkeiten zur Reduzierung von Waren im Betrieb dar; wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin zu den verschiedenen Möglichkeiten zur Preisreduzierung wird auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 13. März 2012 verwiesen. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, eine entsprechende Organisationsstruktur zu schaffen, bei welcher für alle Beteiligten klar geregelt sei, welche Befugnisse bestünden und wer welche Waren in welchem Umfang unter Verwendung welcher Preisreduzierungsmöglichkeit reduzieren könne.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. August 2011 – 8 Ca 714/11 – abzuändern und nach ihren Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, entgegen dem unzutreffenden Vortrag der Klägerin sei das hier in Frage stehende Fernsehgerät nicht mit einem Preisaufkleber „120,00 EUR“ versehen gewesen und der Klägerin auch keine Weisung ihrer Vorgesetzten erteilt worden, das Gerät um 50 % zu reduzieren. Die Klägerin habe das Preisüberschreibungsformular nicht benutzt, obwohl sie dazu aufgrund bestehender Anweisungen gehalten und ihr dies auch bewusst gewesen sei, was gegen sie im Sinne eines dringenden Tatverdachts spreche. Es sei unzutreffend, dass auch in anderen Fällen Kollegen das Preisüberschreibungsformular nicht benutzt hätten und dies ihr – der Beklagten – bekannt gewesen sei. Im Falle der Klägerin verstärke die unterlassene Benutzung des Preisüberschreibungsformulars den Verdacht, von dessen Benutzung bewusst Abstand genommen zu haben, um sodann zielgerichtet bei der Kassenkraft, Frau B., das Gerät manipulativ zu einem nicht gerechtfertigten niedrigen Preis in Täuschungsabsicht kaufen zu können. Gerade ein verständiger Arbeitgeber hätte auch deswegen den Ausspruch einer Kündigung in Betracht gezogen. Im Übrigen sei für die Klägerin auch im Falle der von ihr behaupteten Anweisung ihrer Vorgesetzten erkennbar gewesen, dass sich eine solche Anweisung, die ausdrücklich bestritten werde, jedenfalls nicht auf das hier fragliche, im November 2010 mit neuer LED-Technik ausgestattete Gerät beziehen könne. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin seit über 15 Jahren in der Branche arbeite und angeblich einen Defekt vermutet habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie die Originalverpackung des Kartons direkt zu Hause entsorgt haben wolle, weil dann die Rückgabe des Gerätes sich erheblich schwieriger und aufwändiger gestalte. Selbst wenn das Gerät einen Defekt gehabt haben sollte, hätte es bei der Industrie umgetauscht werden können, anstatt dieses um 3/4 preisreduziert und damit mit Verlust zu verkaufen. Im Übrigen hätte die Klägerin gerade dann, wenn sie tatsächlich ehrlich gewesen wäre, alle Veranlassung gehabt, sich an die Vorgaben bezüglich der Preisüberschreibung zu halten, weil es sich um einen Einkauf zu eigenen Zwecken gehandelt habe. Frau A. habe in einem ersten Aufklärungsgespräch am 01. April 2011 auf die Frage, ob sie das fragliche Fernsehgerät auf 60,00 EUR reduziert habe, geantwortet, dass sie sich nicht erklären könne, wie der Preis an die Ware gekommen sei. In dem zweiten Aufklärungsgespräch vom 02. April 2011 habe die Klägerin auf die Frage, wie es zu der Preisreduzierung des Fernsehgeräts auf 60,00 EUR gekommen sei, geantwortet, dass sie diese persönlich durchgeführt habe, um das Fernsehgerät anschließend als Personaleinkauf für diesen Preis zu kaufen. Auf weitere Nachfrage habe die Klägerin ausdrücklich bestätigt, dass sie weder Frau A. noch Herrn H. um Einverständnis zu dieser Reduzierung gefragt hätte. Etwaige anders lautende spätere Aussagen oder Erklärungen seien daher für die Frage, ob sie eine Arbeitgeberkündigung in Erwägung habe ziehen dürfen, nicht entscheidungserheblich. Im Falle einer Kündigung hätte Herr H. der Klägerin die Bestätigung der Ehrlichkeit im Zeugnis zu Recht verweigert. Die Klägerin habe die Äußerung des Herrn H. nur so verstehen dürfen, dass sie im Falle der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags eine Arbeitgeberkündigung wegen Diebstahls bzw. dringenden Tatverdachts erhalte und in diesem Falle mit der Bestätigung der Ehrlichkeit im Zeugnis nicht rechnen könne. Eine widerrechtliche Drohung, die zur Anfechtung berechtige, liege nicht vor.
Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin A.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. April 2012 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).
Die Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat aufgrund des zwischen den Parteien am 02. April 2011 geschlossenen Aufhebungsvertrags am 30. April 2011 geendet. Die von der Klägerin erklärte Anfechtung ist nicht begründet, weil kein Anfechtungsgrund vorliegt.
I.
Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Erklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Die Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands, auf den sich die Klägerin berufen hat, sind nicht erfüllt.
1. Zwar hat die Beklagte der Klägerin in dem am 02. April 2011 geführten Gespräch unstreitig den Ausspruch einer fristlosen Kündigung in Aussicht gestellt, falls sie den ihr angebotenen Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. Die hierin liegende Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB war aber nicht widerrechtlich.
a) Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung kann sich regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, so ist die Drohung widerrechtlich. Dabei ist nicht erforderlich, dass die angedrohte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Von dem Arbeitgeber kann nicht verlangt werden, dass er bei seiner Abwägung generell die Beurteilung des Tatsachengerichts „trifft“. Nur wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die außerordentliche Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen (BAG 15. Dezember 2005 – 6 AZR 197/05 – Rn. 23, NZA 2006, 841). Die Frage, ob ein verständiger Arbeitgeber die fristlose Kündigung ernsthaft erwogen hätte, richtet sich nicht nur nach dem tatsächlichen subjektiven Wissensstand des Arbeitgebers. Zu berücksichtigen sind nicht nur die dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Drohung bekannten, sondern auch – z.B. erst im Prozess gewonnene – Erkenntnisse weiterer Ermittlungen, die ein verständiger Arbeitgeber zur Aufklärung des Sachverhalts angestellt hätte. Maßgeblich ist also der objektiv mögliche und damit hypothetische Wissensstand des Arbeitgebers (BAG 16. November 1979 – 2 AZR 1041/77 – Rn. 15, BAGE 32, 194; 22. Dezember 1982 – 2 AZR 282/82 – Rn. 51, NJW 1983, 2782; 24. Januar 1985 – 2 AZR 317/84 – Rn. 38, NZA 1986, 25).
Der anfechtende Arbeitnehmer trägt die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes. Er hat daher die Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen, die die angedrohte Kündigung als widerrechtlich erscheinen lassen (BAG 03. Juli 2003 – 2 AZR 327/02 – Rn. 16, [juris]).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann im Streitfall nicht festgestellt werden, dass die von Seiten der Beklagten erfolgte Androhung einer außerordentlichen Kündigung widerrechtlich gewesen ist.
aa) Die Beklagte hat vorgetragen, bei dem betreffenden Fernseher (Telefunken LED-TV T22R8, Bl. 34 d. A.) habe es sich um ein Gerät mit neuer LED-Technik zu einem Verkaufspreis von 249,00 EUR gehandelt, das erst im November 2010 angeliefert und in den Verkaufsbestand aufgenommen worden sei. Dieses neuwertige Fernsehgerät sei nicht mit einem Preisreduzierungsaufkleber versehen gewesen. Der Klägerin sei auch keine Weisung ihrer Vorgesetzten zur Vornahme einer Preisreduzierung erteilt worden. Das vorgeschriebene Preisüberschreibungsformular habe die Klägerin nicht benutzt. Vielmehr habe die Klägerin ihrer Kollegin an der Kasse unter dem unzutreffenden Hinweis auf einen angeblichen Defekt eine tatsächlich nicht erfolgte Preisreduzierung durch einen Berechtigten auf 60,00 EUR vorgetäuscht, woraufhin diese gutgläubig unter Einsatz der ihr überlassenen Stornokarte den eigenmächtig auf 60,00 EUR reduzierten Verkaufspreis (abzüglich 19 % Personalrabatt) kassiert habe.
Unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten durfte ein verständiger Arbeitgeber vom Vorliegen eines Vermögensdelikts bzw. eines entsprechenden Tatverdachts ausgehen und deshalb eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung in Erwägung ziehen.
bb) Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat diesen Vortrag der Beklagten nicht zu widerlegen vermocht.
Sie hat vorgetragen, dass ihre direkte Vorgesetzte, Frau A., ihr Mitte März 2011 die Anweisung erteilt habe, die in einem separatem Raum hinter dem Informationsschalter befindlichen Gerät um 50 % zu reduzieren und diese in das leere Regal im Verkaufsraum zu stellen. Das von ihr am 31. März 2011 zu einem auf 60,00 EUR reduzierten Preis erworbene Fernsehgerät sei zum Zeitpunkt dieser Anweisung bereits reduziert und mit einem roten Preisreduzierungsaufkleber „120,00 EUR“ versehen gewesen.
(1) Die von ihr hierfür als Beweis angebotene Zeugin A. hat aber diesen Vortrag nicht zu bestätigen vermocht.
Die Zeugin A. hat bei ihrer Vernehmung bekundet, dass sie nicht wisse, ob das betreffende LED-Fernsehgerät mit einem roten Preisreduzierungsaufkleber versehen gewesen sei. In dem Raum hinter dem Informationsschalter habe ein Einkaufswagen gestanden, in dem sich Altware befunden habe. Dabei habe es sich um alte bzw. reduzierte Elektrogeräte gehandelt. Sie habe der Klägerin die Anweisung erteilt, die in dem Einkaufswagen befindlichen Altgeräte um 50 % zu reduzieren. Sie wisse nicht, ob das fragliche Fernsehgerät sich in dem Einkaufswagen befunden habe. Falls das betreffende Fernsehgerät im November 2010 in den Verkaufsbestand aufgenommen worden sein sollte, würde es sich um Neuware handeln, die sich nicht in dem Einkaufswagen für Altware hätte befinden dürfen. Nachdem sie die damalige Kassenleiterin darauf angesprochen habe, dass bei dem Fernsehgerät eine große Reduzierung vorgenommen worden sei, habe sie nach einer Überprüfung nicht feststellen können, ob das betreffende Fernsehgerät bereits reduziert gewesen sei und sich in dem Einkaufswagen befunden hätte. Falls ein neues Gerät vom Kundendienst wegen einer Kundenreklamation überprüft worden sei, werde dieses bereits gebrauchte Gerät dann preisreduziert verkauft. Anhand des sog. web-rep könne überprüft werden, ob sich Ware bereits beim Kundendienst befunden habe bzw. repariert worden sei. Der Geschäftsleiter Herr H. habe sie damit beauftragt, im web-rep nachzuprüfen, ob sich das fragliche Fernsehgerät bereits beim Kundendienst befunden habe bzw. repariert worden sei. Bei ihrer Überprüfung habe sie das betreffende Gerät aber nicht gefunden.
Nach der Aussage der von der Klägerin benannten Zeugin A. lässt sich nicht feststellen, ob das betreffende Fernsehgerät tatsächlich bereits auf 120,00 EUR reduziert und von der Anweisung zur Reduzierung der in dem Einkaufswagen befindlichen Altgeräte um 50 % erfasst war. Die Zeugin hat bei der von ihr durchgeführte Überprüfung im sog. web-rep das fragliche Fernsehgerät nicht gefunden. Danach ist davon auszugehen, dass es sich bei dem betreffenden Fernsehgerät um ein neuwertiges Gerät gehandelt hat, das sich nicht beim Kundendienst befunden hatte bzw. repariert worden war.
(2) Soweit die Klägerin als Beweis ihre eigene Vernehmung als Partei angeboten hat, liegen die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 445 ff. ZPO nicht vor.
Gemäß § 445 Abs. 1 ZPO kann nur die Vernehmung des Gegner beantragt werden. Die Beklagte hat sich auch nicht mit einer Parteinvernehmung der beweispflichtigen Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt (§ 447 ZPO, vgl. hierzu Zöller ZPO 27. Aufl. § 447 Rn. 2). Die Parteivernehmung von Amts wegen darf nach § 448 ZPO nur angeordnet werden, wenn aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht (BGH 16. Juli 1998 – I ZR 32/96 – Rn. 20, NJW 1999, 363; Zöller ZPO, 27. Aufl. § 448 Rn. 4; sog. Anbeweis). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Der streitige Vortrag der Klägerin ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme sowie ihrer persönlichen Anhörung (§ 141 ZPO) nicht „anbewiesen“ im Sinne von § 448 ZPO. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass das fragliche Fernsehgerät mit neuer LED-Technik ausgestattet gewesen sei und erst im November 2010 angeliefert sowie in den Verkaufsbestand aufgenommen worden sei.
Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, weshalb der erst im November 2010 angelieferte Fernseher mit neuer LED-Technik bereits im März 2011 zu einem um mehr als 75 % reduzierten Preis hätte verkauft werden sollen, spricht nichts dafür, dass die Klägerin lediglich auf Anweisung ihrer Vorgesetzten einen bereits reduzierten Fernseher berechtigterweise erneut reduziert und dann selbst erworben hat. Den Originalkarton des Fernsehgeräts, auf dem sich angeblich der Preisreduzierungsaufkleber befunden haben soll, will die Klägerin bereits kurze Zeit nach dem Kauf trotz des von ihr vermuteten Defektes entsorgt haben. Das sog. Preisüberschreibungsformular, das die Klägerin nach den Angaben der Zeugin bei dem von ihr an der Information getätigten Kauf hätte ausfüllen müssen, hat die Klägerin unstreitig nicht verwandt, obwohl sie sich gerade bei einem Kauf zu eigenen Zwecken mit einer außergewöhnlich hohen Preisreduzierung von über 75 % hätte veranlasst sehen müssen, die Vorgaben der Beklagten bezüglich der Preisüberschreibung einzuhalten. Aufgrund der Vorgehensweise der Klägerin lässt sich nicht mehr feststellen, ob das betreffende Fernsehgerät tatsächlich bereits reduziert war bzw. von ihr nochmals reduziert werden durfte.
Unter Zugrundelegung des nicht widerlegten Vortrags der Beklagten durfte ein verständiger Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Klägerin den Verkaufspreis für das von ihr selbst erworbene neuwertige Fernsehgerät unberechtigt von 249,00 EUR auf 60,00 EUR reduziert hat bzw. jedenfalls ein entsprechender Tatverdacht gegeben ist. Danach durfte die Beklagte eine außerordentliche Kündigung wegen eines Vermögensdelikts bzw. eines entsprechenden Tatverdachts ernsthaft in Erwägung ziehen.
2. Soweit der Geschäftsleiter der Klägerin in dem Gespräch vom 02. April 201 in Aussicht gestellt haben soll, dass sie bei Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrages kein gutes bzw. ein schlechtes Zeugnis erhalte, liegt hierin keine widerrechtliche Drohung.
Im Hinblick darauf, dass die Beklagte gemäß den obigen Ausführungen der Klägerin für den Fall der Nichtunterzeichnung des ihr vorgelegten Aufhebungsvertrages eine außerordentliche Kündigung in Aussicht stellen durfte, ist auch die gleichzeitige Ankündigung, dass ihr in diesem Falle kein gutes Zeugnis ausgestellt werde, nicht als widerrechtliche Drohung zu bewerten. Die Beklagte war nicht gehalten, der Klägerin für den Fall des Ausspruchs einer außerordentlichen Kündigung wegen des hierfür herangezogenen Vorfalls ein gutes Zeugnis zu erteilen, insbesondere die hierzu für eine Verkäuferin wesentliche Bestätigung der Ehrlichkeit im Zeugnis zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Beklagte der Klägerin ein gutes Zeugnis erteilt und ihr Ehrlichkeit bescheinigt, dann bringt sie mit einer solchen Beurteilung zum Ausdruck, dass sie ihr kein vorsätzliches untreues Verhalten irgendwelcher Art vorwirft (vgl. BAG 08. Februar 1972 – 1 AZR 189/71 – Rn. 19, NJW 1972, 1214). Mit einer solchen Bestätigung der Ehrlichkeit im Zeugnis konnte die Klägerin nicht rechnen, falls die Beklagte aufgrund des erhobenen Vorwurfs eine außerordentliche Kündigung ausspricht, die die Beklagte gemäß den obigen Ausführungen in Erwägung ziehen durfte. Dementsprechend durfte die Beklagte die Klägerin auch darauf hinweisen, dass sie im Falle eines Ausspruchs der in Aussicht gestellten außerordentlichen Kündigung wegen des erhobenen Vorwurfs nicht bereit ist, ihr ein gutes Zeugnis auszustellen. Danach liegt in der Mitteilung, dass die Klägerin im Falle der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags ein schlechteres Zeugnis erhalten werde, als ihr ohne Berücksichtigung des Vorfalls ausgestellt würde, keine widerrechtlich Drohung.
II.
Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass die Beklagte ihr die mehrfach erbetene Bedenkzeit zumindest über das Wochenende nicht eingeräumt und sie unter Druck gesetzt habe, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags.
Ein Aufhebungsvertrag ist nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit eingeräumt hat (BAG 03. Juni 2004 – 2 AZR 427/03 – Rn. 53, [juris]). Nur eine durch widerrechtliche Drohung verursachte Zwangslage berechtigt zur Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB. Die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Einzelnen wird nicht allgemein gegen jede Art von Beeinträchtigung durch eine Zwangslage geschützt, sondern nur gegen die rechtswidrige Beeinflussung durch arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung (BAG 30. September 1993 – 2 AZR 268/93 – Rn. 19, NZA 1994, 209).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.