Die Kündigung der langjährigen kaufmännischen Angestellten nach Umorganisation des Unternehmens ist sozial gerechtfertigt und wirksam, da die Beklagte eine Unternehmerentscheidung zur Reduzierung der Verwaltung getroffen und die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen substantiiert dargelegt und bewiesen hatte. Die anfallenden Arbeiten konnten von den Geschäftsführern und dem Vertriebsmitarbeiter übernommen werden.
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Übersicht:
- Betriebsbedingte Kündigung: Wenn Unternehmerentscheidungen zum Arbeitsplatz-Verlust führen
- Der Fall vor dem Arbeitsgericht im Detail
- Betriebsbedingte Kündigung einer kaufmännischen Angestellten nach Umorganisation
- Entscheidung des Gerichts: Kündigung sozial gerechtfertigt
- Beweisaufnahme und Beurteilung der Zeugenaussagen
- Argumentation der Klägerin und Widerlegung durch das Gericht
- Kein Gemeinschaftsbetrieb und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
- ✔ FAQ zum Thema: Betriebsbedingte Kündigung
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die betriebsbedingte Kündigung der langjährigen kaufmännischen Angestellten war sozial gerechtfertigt.
- Die Beklagte hatte aufgrund eines Umsatzrückgangs und Personalabbaus die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Verwaltung zu reduzieren.
- Die Arbeitsleistung im Büro war erheblich gesunken, daher entfiel der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin dauerhaft.
- Die Sozialauswahl wurde korrekt durchgeführt, die Kündigung erfolgte nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls.
- Die Beklagte hat die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen substantiiert darlegen können.
- Die Kündigung ist nicht als unbillige Härte anzusehen, da die Klägerin relativ kurz vor Renteneintritt stand.
- Eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen oder eine andere zumutbare Beschäftigung bestanden nicht.
- Das Arbeitsverhältnis endete wirksam zum 28. Februar 2021.
Betriebsbedingte Kündigung: Wenn Unternehmerentscheidungen zum Arbeitsplatz-Verlust führen
Entlassungen aufgrund betriebsbedingter Kündigungen sind ein häufiges und komplexes Thema im deutschen Arbeitsrecht. Arbeitgeber stehen oft vor der schwierigen Aufgabe, ihre Personalkosten an veränderte Marktbedingungen anpassen zu müssen. Gleichzeitig haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Schutz vor willkürlichen Kündigungen. Um eine betriebsbedingte Kündigung rechtswirksam aussprechen zu können, müssen Arbeitgeber daher verschiedene Voraussetzungen erfüllen.
Zentraler Punkt ist der Nachweis, dass ein Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich dauerhaft entfallen ist. Arbeitgeber müssen hierfür die konkreten unternehmerischen Entscheidungen und Umstrukturierungsmaßnahmen belegen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen. Zudem muss die Sozialauswahl unter den von der Kündigung betroffenen Mitarbeitern korrekt durchgeführt werden.
Im Folgenden werden wir uns mit einem konkreten Urteil zu einer betriebsbedingten Kündigung befassen, in dem diese Aspekte näher beleuchtet werden.
Der Fall vor dem Arbeitsgericht im Detail
Betriebsbedingte Kündigung einer kaufmännischen Angestellten nach Umorganisation
Im vorliegenden Fall ging es um die Klage einer langjährigen kaufmännischen Angestellten gegen eine betriebsbedingte Kündigung. Die Klägerin war seit 1993 in dem Unternehmen beschäftigt und führte die Lohn- und Finanzbuchhaltung durch.
Die Beklagte, ein mittelständisches Unternehmen der Metallbranche, befand sich aufgrund eines Umsatzrückgangs und Personalabbaus in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Daher entschied die Geschäftsführung, die Verwaltung zu reduzieren und die anfallenden Arbeiten auf die beiden Geschäftsführer und einen Vertriebsmitarbeiter zu verteilen. Dies führte zum Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin.
Die Klägerin argumentierte, dass keine betriebsbedingten Gründe vorlägen und die Sozialauswahl fehlerhaft sei. Sie bestritt die Unternehmerentscheidung und behauptete, dass die anfallenden Arbeiten nicht von den Geschäftsführern übernommen werden könnten. Zudem vermutete sie ein Gemeinschaftsbetrieb mit anderen Unternehmen, in dem Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden.
Entscheidung des Gerichts: Kündigung sozial gerechtfertigt
Das Gericht entschied, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt und das Arbeitsverhältnis wirksam beendet ist. Die Beklagte hatte eine Unternehmerentscheidung zur Reduzierung der Verwaltung getroffen, die zum dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für die Klägerin führte.
Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen substantiiert dargelegt und bewiesen hatte. Die anfallenden Arbeiten konnten von den Geschäftsführern und dem Vertriebsmitarbeiter übernommen werden. Die Sozialauswahl wurde korrekt durchgeführt, und es bestanden keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.
Beweisaufnahme und Beurteilung der Zeugenaussagen
Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden mehrere Zeugen vernommen, um die Umsetzbarkeit der Unternehmerentscheidung und die tatsächliche Aufgabenverteilung zu überprüfen. Das Gericht bewertete die Aussagen der Zeugen sorgfältig und kam zu dem Schluss, dass die Beklagte ihre Behauptungen glaubhaft belegt hatte.
Zwar wurden einige Zweifel an der Aussage eines Zeugen geäußert, da dieser zum Zweck der späteren Zeugenaussage „präpariert“ worden war. Dennoch hielt das Gericht die Aussage insgesamt für glaubhaft und den Zeugen für glaubwürdig.
Argumentation der Klägerin und Widerlegung durch das Gericht
Die Klägerin argumentierte, dass die Aussage eines Zeugen nicht verwertbar sei, da dieser auf seine Aussage vorbereitet worden war. Sie kritisierte auch die Aussagen weiterer Zeugen, die ihrer Meinung nach keine ausreichende Kenntnis von der tatsächlichen Aufgabenverteilung hatten.
Das Gericht widerlegte diese Argumente und betonte, dass die Zeugenaussagen insgesamt glaubwürdig und ausreichend waren, um die Umsetzbarkeit der Unternehmerentscheidung zu belegen.
Kein Gemeinschaftsbetrieb und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
Die Klägerin vermutete einen Gemeinschaftsbetrieb mit anderen Unternehmen, in dem sie weiterbeschäftigt werden könnte. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Klägerin keinerlei Anhaltspunkte für einen solchen Gemeinschaftsbetrieb vorgebracht hatte.
Auch eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen oder eine andere zumutbare Beschäftigung konnte das Gericht nicht feststellen.
✔ FAQ zum Thema: Betriebsbedingte Kündigung
Was versteht man unter einer betriebsbedingten Kündigung?
Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen kündigt, weil der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft wegfällt. Die Voraussetzungen dafür sind:
Dringende betriebliche Erfordernisse müssen vorliegen, die den Bedarf an Arbeitsleistung reduzieren. Dies können beispielsweise Umstrukturierungen, Produktionseinstellungen, Standortverlagerungen oder Umsatzrückgänge sein. Der Arbeitgeber muss zunächst prüfen, ob andere Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Versetzungen möglich sind, bevor er kündigt. Die Kündigung ist nur die letzte Option (Ultima Ratio).
Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb muss unmöglich sein. Der Arbeitgeber muss versucht haben, den Arbeitnehmer anderweitig einzusetzen. Erst wenn dies nicht möglich ist, ist die betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt.
Der Arbeitgeber muss eine Sozialauswahl durchführen, bei der Kriterien wie Betriebszugehörigkeitsdauer, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt werden. In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser an der Auswahlrichtlinie zu beteiligen.
Die Kündigung muss ordnungsgemäß erklärt werden, mit Einhaltung der Kündigungsfristen und formalen Anforderungen. Der Arbeitgeber muss die Gründe substantiiert darlegen können.
Wie wird die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen durchgeführt?
Die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen ist ein gesetzlich vorgeschriebener Prozess, der darauf abzielt, die sozialen Auswirkungen von Kündigungen zu mildern. Dieser Prozess ist im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt und muss von Arbeitgebern durchgeführt werden, wenn sie aus betrieblichen Gründen Personal abbauen müssen.
Schritte der Sozialauswahl
- Ermittlung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer: Zunächst muss der Arbeitgeber alle Arbeitnehmer identifizieren, die aufgrund ähnlicher Tätigkeiten und Qualifikationen miteinander vergleichbar sind.
- Anwendung der gesetzlichen Kriterien: Die Sozialauswahl muss anhand von vier gesetzlich festgelegten Kriterien erfolgen: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers. Diese Kriterien sollen sicherstellen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.
- Gewichtung der Kriterien: Der Arbeitgeber hat einen gewissen Ermessensspielraum bei der Gewichtung dieser Kriterien. Es gibt kein allgemeingültiges Punktesystem, aber viele Unternehmen nutzen ein solches System, um die Sozialauswahl objektivierbar und nachvollziehbar zu gestalten.
- Berücksichtigung von Ausnahmen: Bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder, genießen einen besonderen Kündigungsschutz und sind in der Regel von der Sozialauswahl ausgenommen.
- Dokumentation und Mitteilung: Der Arbeitgeber muss die Gründe für die getroffene Sozialauswahl dokumentieren und auf Verlangen dem betroffenen Arbeitnehmer mitteilen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Sozialauswahl ist nur dann erforderlich, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, was in der Regel der Fall ist, wenn mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind und der Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Unternehmen tätig ist. Fehler bei der Durchführung der Sozialauswahl können dazu führen, dass eine Kündigung als sozial ungerechtfertigt und damit als unwirksam angesehen wird.
Bedeutung der Sozialauswahl
Die Sozialauswahl trägt dazu bei, dass Kündigungen nicht willkürlich erfolgen, sondern nach nachvollziehbaren sozialen Kriterien. Sie dient dem Schutz der Arbeitnehmer, indem sie diejenigen bevorzugt, die aufgrund ihrer persönlichen Situation besonders schutzbedürftig sind. Dies fördert nicht nur die soziale Gerechtigkeit, sondern auch die Akzeptanz der Kündigungsentscheidungen innerhalb des Betriebs.
Wie wird die Beweislast bei einer betriebsbedingten Kündigung gehandhabt?
Bei einer betriebsbedingten Kündigung liegt die Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes beim Arbeitgeber. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass dringende betriebliche Erfordernisse eine Kündigung notwendig machen. Diese Erfordernisse können beispielsweise wirtschaftliche Schwierigkeiten oder strukturelle Veränderungen im Unternehmen sein, die dazu führen, dass Arbeitsplätze nicht mehr benötigt werden.
Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, dass keine Möglichkeit besteht, den betroffenen Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen weiterzubeschäftigen. Zudem muss er darlegen, dass die Entscheidung zur Kündigung nach einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl getroffen wurde, bei der Aspekte wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt wurden.
Falls der Arbeitnehmer die Sozialauswahl anficht, trägt er die Beweislast dafür, dass die Auswahl fehlerhaft war. Er muss also beweisen, dass die Kriterien der Sozialauswahl nicht oder nicht richtig angewendet wurden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer darlegen kann, dass andere, weniger schutzbedürftige Arbeitnehmer im Unternehmen verblieben sind.
Zusammenfassend trägt der Arbeitgeber die Hauptlast der Beweisführung für die Notwendigkeit der Kündigung und die korrekte Durchführung der Sozialauswahl. Der Arbeitnehmer muss hingegen spezifische Mängel in der Sozialauswahl nachweisen, wenn er diese anfechten möchte.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieses Gesetz ist zentral für alle Fragen rund um die Wirksamkeit von Kündigungen im Arbeitsrecht. Es legt fest, dass Kündigungen sozial gerechtfertigt sein müssen, was insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen eine Rolle spielt. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Diskussion auf die Frage, ob tatsächlich ein Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit vorlag, was eine zentrale Voraussetzung für die Sozialrechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung nach §1 KSchG ist.
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Dieses Gesetz regelt die Mitbestimmung im Betrieb und könnte in einem solchen Fall relevant sein, wenn es um die Frage geht, ob der Betriebsrat in die Kündigungsentscheidungen einbezogen wurde oder ob Betriebsänderungen, die zu Kündigungen führen, ordnungsgemäß mit dem Betriebsrat kommuniziert wurden.
- Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB): Diese sind relevant, da die Klägerin Aufgaben in der Finanzbuchhaltung wahrnahm. Die Qualität und Korrektheit der Buchführung, die auch im Rahmen der vom Geschäftsführer übernommenen Aufgaben eine Rolle spielen könnte, sind nach diesen Grundsätzen zu beurteilen. Im Streitfall könnte argumentiert werden, dass eine fachgerechte Buchführung nicht mehr gewährleistet ist, wenn diese Aufgaben unter erhöhtem Zeitdruck von den Geschäftsführern übernommen werden müssen.
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Dieses Gesetz könnte in Betracht gezogen werden, wenn es Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgrund von Alter oder Gesundheit im Kontext der Kündigung gibt. Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung bereits über 60 Jahre alt war und gesundheitliche Probleme hatte, könnte eine relevante Frage der Diskriminierungsschutz sein.
- EU-Richtlinien zur Unternehmensumstrukturierung: Obwohl spezifische EU-Richtlinien im Text nicht direkt erwähnt werden, könnten diese in einem erweiterten rechtlichen Rahmen relevant sein, insbesondere wenn es um die Frage geht, wie Umstrukturierungen und Unternehmensentscheidungen, die zu Kündigungen führen, auf EU-Ebene geregelt sind. Diese könnten Einfluss darauf haben, wie nationales Recht solche Umstrukturierungen behandelt und welche Schutzmechanismen für die Arbeitnehmer vorgesehen sind.
➜ Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 6 Sa 194/22 – Urteil vom 07.11.2023
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – 4 Ca 2727/20 – vom 29. Juni 2022 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, die die Beklagte auf betriebsbedingte Gründe stützt.
Die 1959 geborene Klägerin war ab 15. Februar 1993 kraft schriftlichen Arbeitsvertrags vom gleichen Tag bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt.Das Arbeitsverhältnis ging – wegen unstreitigen Vorliegens der Voraussetzungen eines Teilbetriebsübergangs – zum 01. Juni 2003 auf die Beklagte über. Es bestimmte sich zuletzt nach den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 17. April 2003, nach dem die Klägerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt war. Die Klägerin führte zuletzt mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 32 Wochenstunden bei einem Bruttomonatseinkommen von 4.966,00 EUR alle im Betrieb anfallenden Lohn- und Finanzbuchhaltungstätigkeiten aus.Neben der Klägerin war im Bereich Büro noch die weitere Angestellte Z. mit 24 Wochenstunden mit Verwaltungstätigkeiten befasst und die Auszubildende Y. eingesetzt.
Die Beklagte, die durch die Geschäftsführer X. und W. vertreten wird, beschäftigt in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden im Jahr 2017 waren zunächst noch 16 Mitarbeiter bei ihr tätig. Der Geschäftsführer der Beklagten X. ist zugleich Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens „V. X. Metallbau“. Das Einzelunternehmen besitzt alle Gebäude und Maschinen, die von der Beklagten sowie der X. GmbH angemietet werden, und ist für das operative Geschäft nicht zuständig.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2019, der Klägerin zugegangen am 26. Oktober 2019, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis infolge einer arbeitsvertraglich vereinbarten Altersbefristung mit Ablauf des 26. Oktober 2019 seine Beendigung finden werde, und kündigte „rein vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. März 2020, hilfsweise zum nächst möglichen Termin. Die Beklagte stützte die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe und machte einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin geltend.
Auch das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin Z. wurde gekündigt. Diese war ab 13. Dezember 2019 nicht mehr im Betrieb der Beklagten tätig. Die Auszubildende Y. war bis 29. Mai 2020 bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt beschäftigte die Beklagte im Juni 2020 einschließlich der Klägerin insgesamt nur noch 11 Mitarbeiter.
Die seit 28. Oktober 2019 durchgehend arbeitsunfähig erkrankte Klägerin hat sich beim Arbeitsgericht Koblenz gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer arbeitsvertraglichen Altersgrenzenregelung gewandt und zugleich die Unwirksamkeit der vorsorglich ausgesprochenen Kündigung vom 25. Oktober 2019 geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat ihrer Klage mit Urteil vom 2. Juli 2020 – 2 Ca 3442/19 – stattgegeben. Das Urteil wurde der Beklagten am 07. Juli 2022 zugestellt.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2020, der Klägerin zugegangen am 20. Juli 2020, erklärte die Beklagte daraufhin erneut vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
Die Klägerin hat gegen diese Kündigung am 6. August 2020 beim Arbeitsgericht vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben und die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses verlangt, welches sie mit Schreiben vom 27. Juli 2020 erfolglos bei der Beklagten angefordert hatte.
Für die Zeit ab dem 1. August 2020 vereinbarten die Parteien ein Prozessarbeitsverhältnis. Die Klägerin nahm eine Tätigkeit nicht auf, da sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt war. Unter dem 19./ 23. März 2021 vereinbarten die Parteien mit Wirkung ab 29. März 2021 eine Prozessbeschäftigung bei verringertem Arbeitsvolumen von 21 Stunden pro Woche. Die Klägerin verrichtete die Prozessbeschäftigung für einen Tag, wobei die Beklagte ihr auftrug, in einem Schutzanzug Akten zu schreddern. Im Folgenden erkrankte die Klägerin erneut arbeitsunfähig. Zwischen den Parteien ist – auch im Rahmen eines erstinstanzlich geführten Rechtsstreits – umstritten, ob die Tätigkeit unter den von der Beklagten angewiesenen Arbeitsbedingungen für die Klägerin unzumutbar war. Zudem ist streitig, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit der Klägerin durch die eintägige Beschäftigung verursacht wurde.
Das Landesarbeitsgericht hat die mit Schriftsatz vom 14. Juli 2020 am 20. Juli 2020 eingelegte Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts vom 02. Juli 2020 – 2 Ca 3442/19 – mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 25. Februar 2021 – 2 Sa 195/20 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es in Bezug auf die Kündigung vom 25. Oktober 2019 im Wesentlichen ausgeführt, dass bei deren Zugang eine durch objektive Tatsachen begründete Prognose des dauerhaften Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin noch nicht gerechtfertigt gewesen sei. Der Vortrag der Beklagten lasse nicht erkennen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die zur Umsetzung der behaupteten Unternehmerentscheidung erforderlichen Maßnahmen abschließend geplant gewesen seien. Vielmehr sei noch kein Entschluss endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme bestimmter Umorganisationsmaßnahmen getroffen worden. Wegen der Einzelheiten der weiteren Entscheidungsbegründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Klägerin hat zur vorliegend streitgegenständlichen zweiten Kündigung der Beklagten vom 17. Juli 2020 erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, betriebsbedingte Gründe und Sozialauswahl würden bestritten. Sie gehe davon aus, dass die Beklagte, die X. GmbH und das einzelkaufmännische Unternehmen V. X. Metallbau als wirtschaftliche Einheit anzusehen seien und deshalb die behaupteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten nicht bestünden. Es könne nicht angenommen werden, dass die Geschäftsführer der Beklagten das Arbeitszeitvolumen der Klägerin (32 Std/Woche), der Kollegin Z. (24 Std/Woche) und der Auszubildenden Y. (37,5 Std/Woche), mithin insgesamt 93,5 Std/Woche, neben ihrer vollen Geschäftsführer-Tätigkeit übernommen hätten. Es erschließe sich auch nicht, warum die Beklagte bei der Zeitaufstellung zu ihrer Unternehmerentscheidung lediglich von einem umzuverteilenden Stundenvolumen von insgesamt (32+24=) 56 Std/Woche ausgehe und die Arbeitszeit der Auszubildenden hier vernachlässige. Wäre dies richtig, so könne die Beklagte die Arbeit der Klägerin auch auf vier Aushilfen bzw. Auszubildende übertragen, die dann – zu Unrecht – unberücksichtigt bleiben würden. Ebenso wenig könne die Beklagte für die Zeugin Z. und die Auszubildende Y. einen gemeinsamen Stundenpool von insgesamt lediglich 24 Std/Woche ansetzen. Die Auszubildende Y. sei mit „einfacheren Admin-Tätigkeiten vollwirksam tätig“ geworden, so dass lediglich ein Abzug von einigen Stunden Berufsschulbesuch bei ihrem Arbeitspensum anzurechnen sei. Die Beschreibung der Tätigkeiten der Klägerin werde bestritten. Insbesondere habe sie für „die Hausverwaltung“ nicht die behaupteten 2% ihrer Arbeitszeit aufgewandt, sondern Terminabsprachen durchgeführt, Mietverträge erledigt und sei Ansprechpartnerin für diesen Bereich gewesen. Eine Unternehmerentscheidung der Beklagten vom 13. Juli 2020 werde bestritten. Die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin sei auch nicht entfallen, denn der Zeugin Z. sei vom Geschäftsführer X. zugesagt worden, dass diese wieder von der Beklagten eingestellt werde, wenn der Rechtsstreit mit der Klägerin abgeschlossen sei. Das habe die Zeugin Z. der Klägerin telefonisch bereits nach Zugang der ersten Kündigung am 26. Oktober 2019 – ihrem 60. Geburtstag – bestätigt. Die streitgegenständliche Kündigung vom 17. Juli 2020 sei eine bloße Trotzkündigung und deshalb unwirksam, weil das Landesarbeitsgericht bereits festgestellt habe, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der betriebsbedingten Kündigung vom 25. Oktober 2019 geendet habe. Die vermeintliche Umsetzung der Unternehmerentscheidung der Beklagten durch Umverteilung der Büroarbeiten auf die beiden Geschäftsführer sei in zeitlicher Hinsicht unmöglich, weil deren Arbeitspensum bereits zuvor mit 40 Stunden pro Woche (W.) bzw. mit 60 Stunden pro Woche (X.) erschöpft bzw. sogar übererfüllt sei. Weitere 93,5 Wochenstunden von den bisherigen Bürokräften (Klägerin, Z., Y.) könnten von diesen beiden Geschäftsführern nicht übernommen werden. Die Verwaltungsaufgaben bei der Beklagten seien auch auf ein Zeitvolumen von insgesamt 90 Stunden ausgelegt gewesen. Demgegenüber sei insbesondere Herr X. voll damit ausgelastet, die von ihm geführten Unternehmen, die X. GmbH, die X. Vertriebs GmbH, die V. X. Metallbau – U. d.o.o., die T. i.L. und die Hausverwaltung S. mit sieben Immobilien zu betreuen. Bei diesem „X.-Konglomerat“ handele es sich um einen Gemeinschaftsbetrieb. Die „Entscheidungen im Personal- und Sozialbereich“ aller Unternehmen würden einheitlich von V. X. getroffen. Die funktionalen kaufmännischen Verwaltungsaufgaben erfolgten demgemäß von der Verwaltung (der Beklagten) für alle Unternehmen übergreifend, ohne dass eine Differenzierung erfolgt sei, wer für wen arbeite. Es werde deshalb „bestritten“, dass es in den anderen Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebs keine kaufmännischen Arbeiten gebe, welche die Klägerin adäquat erledigen könne. Nach der Darstellung der Beklagten habe sich das Arbeitsvolumen in der Verwaltung seitens der Klägerin (32 Std/Woche), der Zeugin Z. (24 Std/Woche) und der Auszubildenden Y. (37,5 Std/Woche) nach Übernahme durch die Geschäftsführer W. und X. sowie den Geschäftsführer der X. GmbH in R. scheinbar vollständig in Luft aufgelöst, weil angeblich andere Tätigkeiten der Geschäftsführer weggefallen seien – das sei unzutreffend. Die Darstellung der Beklagten sei zudem problematisch, weil unterschiedliche Bezeichnungen gewählt worden seien und die Aufgabenmigration nicht konkret benannt werde. Herr W. sei schon immer überlastet gewesen. Bestritten werde insbesondere auch die Reduzierung des Arbeitsvolumens bei Herrn X. wie folgt:
– Programmieren eigener Software von 10,8 Std auf 3 Std
– Angebotsausarbeitung Montage von 6 Std auf 3 Std
– Bankdaten verbuchen Klägerin, Frau Z. von 15% auf 1%
– Fertigungsaufwand im Ausland von 3 Std auf 0,6 Std
– Maschinenreparaturen (Stahlbearbeitung, Sägeanlage, Biege- und Schweißmaschinen) von 15 Std auf 2,4 Std
– Kundenabsprache Auswärtstermine von 2,4 Std auf 0,6 Std
– Führung von Personalakten von 5% auf 1%
– Finanzbuchhaltung von 16 Std auf 10,8 Std.
Der Geschäftsführer X. sei nicht in der Lage, die Finanzbuchhaltung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in der angeblich reduzierten Zeit zu erfüllen. Mit der Übernahme der Daten des von Herrn X. gefertigten Programms „Lager“ (Zeitwirtschaft, Rechnungen, Lieferscheine, Bestellungen, Preise, Auftragsbestätigungen) seien zahlreiche Prüfvorgänge mit hohem Zeitaufwand verbunden. Die Beklagte habe auch die Arbeitsvolumina der Verwaltung unzutreffend dargestellt. Das Kassenbuch (Barkasse) sei nur von der Zeugin Z. oder von der Klägerin geführt worden. Die Klägerin habe zudem zahlreiche personenbezogene Administrativvorgänge zu erledigen gehabt, zB:
– HR-Beratung von Mitarbeitern, Bearbeiten von Pfändungen,
– Bescheinigungen,
– Finanzbuchhaltung: „hoher Zeitaufwand“ bei der Prüfung und Übernahme von Daten aus dem Programm „Lager“ in DATEV, – Führen von Urlaubskonten usw.
– Führung sämtlicher Korrespondenz,
– Ansprechpartner für Kunden, Lieferanten und Mieter von Herrn X.s Häusern, – Betreuung der Besucher vor Ort.
Aufgrund dieses Sachvortrags der Klägerin müsse eine „ganzheitlichen“ Beweisaufnahme über deren Behauptungen erfolgen. Der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin sei nicht entfallen; wie er gedeckt werde, bleibe im Dunkeln. Die Prozessbeschäftigungsvereinbarung vom 19./23. März 2021 werfe die Frage nach einer Änderungskündigung als milderes Mittel auf.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Kündigung vom 17. Juli 2020, zugegangen am 20. Juli 2020, zum 28. Februar 2021 enden wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auf Leistung und Führung erstreckt.
3. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag zu 1 aus der Klageschrift vom 6. August 2020: Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 28. Februar 2021 hinaus als kaufmännische Angestellte tatsächlich weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt: Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, aufgrund eines Personalabbaus von 16 Mitarbeitern im Jahr 2017 auf 11 Mitarbeiter in 2020 und gleichzeitig eines Umsatzrückgangs von 4,1 Mio. Euro auf 2,7 Mio. Euro sei es zu einer erheblichen Reduzierung der Arbeitsleistung im Büro gekommen. Deshalb hätten die Geschäftsführer der Beklagten bereits am 21. Oktober 2019 die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Verwaltung zu reduzieren, weil man festgestellt habe, dass trotz Rückgangs der Anzahl der Mitarbeiter in der Produktion die Lohnkosten nur gering gesunken seien. Ebenso sei beschlossen worden, zur Kostensenkung die Mieten für Halle, Maschinen und Geräte der Beklagten und der X. GmbH zu senken, einige Kfz Anhänger abzumelden und die Kautionsversicherung zu kündigen, den Dienstwagen des Geschäftsführers X. ins Private zu überführen und sein Gehalt von 14 auf 13 (letztlich 12) Monatsgehälter zu kürzen. Die Mitarbeiter hätten nach Gesprächen auf ihre Lohnerhöhung vom Juni 2019 verzichtet. Die Arbeit in der Verwaltung habe nicht binnen Tagen umverteilt werden können. Geplant gewesen sei das Ausscheiden der Zeugin Z. zum 30. Dezember 2019 und der Zeugin Y. zum 30. Juni 2020. Durch den Umsatzrückgang der Jahre 2017 – 2019 von 35 % sei auch weniger Arbeit angefallen, auch bei beiden Geschäftsführern sei es zu einem Arbeitsrückgang von 35 % (von insgesamt 430 Std/Monat um 151 Stunden) gekommen. Diese 151 freigewordenen Stunden hätten die Geschäftsführer nunmehr in Verwaltungsarbeit investieren können und hätten dies nach dem Ausscheiden der Zeugin Z. und der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auch tatsächlich umgesetzt. Das Arbeitsvolumen der mit dem 12. Dezember 2019 tatsächlich ausgeschiedenen Zeugin Z. und der mit dem 29. Mai 2020 tatsächlich ausgeschiedenen Auszubildenden Y. habe zusammengerechnet werden können und sei zutreffend mit insgesamt 24 Std/Woche (= Arbeitszeit Z.) angesetzt worden, da die Zeugin Y. an ein bis zwei Tagen pro Woche Berufsschule gehabt habe und die Zeugin Z. im Jahr 2019 mehr als drei Monate am Stück erkrankt gewesen sei. Die beiden Verwaltungsmitarbeiterinnen hätten insgesamt ein Arbeitsvolumen von 56 Std/Woche bzw. 241 Std/Monat gehabt. Hiervon seien 151 Std/Monat von den Geschäftsführern übernommen worden. Weitere 20 Stunden Verwaltungsarbeit der beiden Bürokräfte seien aufgrund des Umsatzrückgangs und des Mitarbeiterabbaus seit dem Jahr 2017 entfallen. Schließlich sei es durch Umorganisation zu Einsparungen von weiteren 40 Std/Monat in der Verwaltung gekommen (konkret: Veränderung der Arbeitsverträge, Weiterentwicklung der Datenübertragung, Änderungen im Ablageverfahren, Wegfall von Arbeitsschritten wie zum Beispiel Schraubenrechnungen). Beide Geschäftsführer seien auch fachlich in der Lage zur Übernahme der Büroarbeiten – Herr W. als gelernter Bürokaufmann und Herr X. als Dipl.-Ing. Maschinenbau, Fachrichtung Stahlbau einschließlich betriebswirtschaftlicher Ausbildungsteile. Alle Rechnungen der Firma würden vom Geschäftsführer X. kontiert. Das Erfassen von Buchungsdaten für Eingangs- und Ausgangsrechnungen und der Bank für DATEV sei komplett weggefallen. Daten zur Lohnbuchhaltung würden im Programm Lager erfasst und DATEV bereitgestellt; die Bedienung der Programme Lodas und DATEV-Rechnungswesen erfolge durch den Geschäftsführer X. anhand von Schulungsunterlagen mit Unterstützung des Steuerberaters. Schließlich „funktioniere“ die Verwaltung der Beklagten auf diese Weise auch, denn alle drei vormaligen Bürokräfte seien – spätestens mit dem Ausscheiden der Auszubildenden Y. seit Juni 2020 – nicht mehr im Einsatz. Sämtliche Arbeiten, die die Klägerin in der Verwaltung ausgeführt habe, würden schon mit dem Ausscheiden der Zeugin Z. „ab 1. Dezember 2019“ von den beiden Geschäftsführern der Beklagten erledigt. Diese hätten – im Oktober 2019 (Bl. 36 d.A) – beschlossen, die Tätigkeiten persönlich zu übernehmen. Mit dieser unternehmerischen Entscheidung sei der Arbeitsplatz der Klägerin – der einzige im Büro – ersatzlos weggefallen. Ob die Geschäftsführer zur Übernahme des Arbeitsvolumens der Klägerin in zeitlicher Hinsicht auch in der Lage seien, sei unerheblich. Die Klägerin fehle jedenfalls – insoweit unstreitig – seit Oktober 2019 durchgehend und werde auch nicht durch andere Mitarbeiter vertreten. Die unternehmerische Entscheidung zur Übertragung der Büroarbeiten auf die Geschäftsführer sei dergestalt „umgesetzt“ worden, dass man beiden Büromitarbeiterinnen (der Klägerin und der Zeugin Z.) ordentlich gekündigt habe. Nachdem die Klägerin erstinstanzlich erfolgreich gegen die Kündigung vom 25. Oktober 2019 geklagt habe, sei von den beiden Geschäftsführern der Beklagten am 13. Juli 2020 erneut der Beschluss gefasst worden, die im Büro anfallenden Arbeiten künftig selbst zu erledigen, wie dies schließlich nach dem Weggang der Auszubildenden Y. und der Büromitarbeiterin Z., sowie der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit Oktober 2019 auch geschehen sei. Es handele sich bei der Kündigung vom 17. Juli 2020 auch angesichts der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigung vom 25. Oktober 2019 nicht etwa um eine unzulässige „Trotzkündigung“, weil für die streitgegenständliche zweite Kündigung nunmehr ein umfangreiches Konzept zur Kompensierung des Wegfalls der Arbeitskräfte vorliege und auch tatsächlich umgesetzt werde, was das LAG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 25. Februar 2021 – 2 Sa 195/20 – noch vermisst habe. Nach Maßgabe der Prozentangaben der Beklagten zum Arbeitsvolumen in der Verwaltung seien die Arbeiten im Büro bis September 2019 wie dargestellt angefallen und sodann ab Juni 2020 wie dargestellt auf die Geschäftsführer X. und W., sowie den Vertriebsmitarbeiter R. umverteilt worden.
Das Arbeitsvolumen der Klägerin – als letzter verbliebener Büromitarbeiterin der Beklagten – habe sich – ausgehend von 32 Std/Woche – im Wesentlichen (mit insgesamt 98 %) wie folgt dargestellt:
– Post: 2 % [= 38,4 Minuten = 0,64 Std]
– Führung und Verwaltung von Personalakten: 5 % [= 1,6 Std]
– Lohnbuchhaltung: 30 % [= 9,6 Stunden]
– Lohnbuchhaltungsvermietung und Verpachtung S.: 2 % [= 0,64 Std]
– Finanzbuchhaltung: 50 % [= 16 Stunden]
– Auslandsüberweisungen: 1 % [= 19,2 Minuten = 0,32 Std]
– Versicherungen: 5 % [= 1,6 Std]
– Beschaffung Büromaterial: 3 % [= 57,6 Minuten = 0,96 Std]
Das Arbeitsvolumen der Zeugin Z. habe sich – ausgehend von 24 Std/Woche – im Wesentlichen und unter Einbeziehung des Arbeitsvolumens der Auszubildenden Y., die in 2019 insgesamt 77 Krankheitstage der Zeugin Z. kompensiert habe und zudem ein bis zwei Tage pro Woche in der Berufsschule gewesen sei, wie folgt dargestellt:
– Lieferscheinkontrolle: 10 % [= 3,2 Std]
– AB-Kontrolle: 5 % [= 1,2 Std]
– Rechnungskontrolle: 22 % [= 5,28 Std]
– Uhrdatenverarbeitung: 5 % [= 1,2 Std]
– Bankdatenverbuchung: 15 % [= 3,6 Std]
– Hausverwaltung: 35 % [= 8,4 Std]
– Zeichnungen drucken und falten: 5 % [= 1,2 Std]
– Barkasse führen: 3 % [= 0,72 Std]
Das Arbeitsvolumen des Geschäftsführers W. habe 40 Stunden pro Woche betragen (nähere Aufschlüsselung: Bl. 229 d. A). Das Arbeitsvolumen des Geschäftsführers X. habe 60 Stunden pro Woche betragen (nähere Aufschlüsselung: Bl. 230 d. A). Das Arbeitsvolumen des Vertriebsmitarbeiters R. habe 40 Stunden pro Woche betragen (nähere Aufschlüsselung: Bl. 230 d. A). Nach Maßgabe der näheren Zeitaufstellung der Beklagten (vgl. Bl. 69 ff. d. A.) sei es darüber hinaus zu Zeiteinsparungen im Büro in Höhe von rechnerisch 97 Std/Monat und weiteren 10 Minuten/Monat und weiteren 17,8 Std/Woche wie folgt gekommen:
– optimierte Arbeitsanweisungen: Ersparnis 4 Std/Monat
– Umbau und Reparatur von Maschinen: Ersparnis 54 Std/Monat
– Anpassen der Urlaubsübersicht im Programm „Lager“: Ersparnis 2 Std/Monat
– Übergabe der Lohnzahlungen von Datev an Programm „Lager“: Ersparnis 2 Std/Monat
– Automatisches Zusammenführen von allen Personal-Ausdrucken usw. mittels Programm „Lager“: Ersparnis 4 Std/Monat
– Übernahme der Eingangsrechnungen vom Programm „Lager“: Ersparnis 20 Std/Monat
– Rechnungen alphabetisch anheften: Ersparnis 2 Std/Monat
– Übernahme der Ausgangsrechnungen vom Programm „Lager“: Ersparnis 10 Minuten/Monat
– Übernahme der Barkasse vom Programm „Lager“: Ersparnis 1 Std/Monat
– vollautomatische Buchungserzeugung beim Kunden der Bank: Ersparnis 1 Std/Monat
– Automatisches Sortieren und Ausdrucken der Bankauszüge mit Infoblatt: Ersparnis 3 Std/Monat
– Scandateien von Rechnungen per Drag and Drop übernehmen, Entfall des Einscannens: Ersparnis 2 Std/Woche
– Lieferscheine der Lieferanten scannen, Entfall des Suchens bei Rechnungskontrolle: Ersparnis 0,5 Std/Woche
– Lieferscheine der Lieferanten zentral abheften: Ersparnis: 1 Std/Woche
– Überarbeitung der Lieferscheinkontrolle (neue Filter, neue Darstellung): Ersparnis 0,8 Std/Woche
– Auftragsbestätigungen der Lieferanten zentral abheften: Ersparnis 1 Std/Woche
– Einführung von Summentasten bei Rechnungskontrolle: Ersparnis 1,5 Std/Woche
– Personalakten in einzelnen Ordnern führen: Ersparnis 10 Minuten/Monat
– komplette Umorganisation der Hausverwaltung: Ersparnis 2 Std/Woche
– Wegfall des Suchens von Kleinstabweichungen des Rechnungsbetrags bei der Rechnungskontrolle: Ersparnis 1 Std/Woche
– weniger Absprachen im Büro durch zentralisieren der Arbeiten: Ersparnis 4 Std/Woche
– NC-Daten zentral im Programm „Lager“ erfassen und verarbeiten: Ersparnis 3 Std/Woche
– Stücklistenübernahme im Programm „Lager“ überarbeitet: Ersparnis 1 Std/Woche
– Umbau der Aktenschränke, erleichterter Zugriff auf Akten: Ersparnis 4 Std/Monat
Seit Juni 2020 hätten die Herren W., X. und R. – bei jeweils unverändertem Gesamtarbeitsvolumen von 40 / 60 / 40 Std/Woche – die verbliebenen Verwaltungsarbeiten der Klägerin, der Zeugin Z. bzw. der Auszubildenden Y. übernommen.
Der Geschäftsführer W. habe ausgehend von einem gleichgebliebenen Arbeitsvolumen von 40 Std/Woche angesichts eines infolge erfolgter Zeiteinsparungen verbleibenden reduzierten Beschäftigungsbedarfs neu übernommen (vgl. im Einzelnen Bl. 231 d. A):
– Zeichnungen drucken und falten: 5% [= 2 Std – vormals Z./Y. mit 1,2 Std]
– Post: 1% [= 0,4 Std – vormals Klägerin mit 0,64 Std]
– Beschaffung Büromaterial: 1% [= 0,4 Std – vormals Klägerin mit 0,96 Std]
– Lieferscheinkontrolle: 3% [= 1,2 Std – vormals Z./Y. mit 3,2 Std]
– AB-Kontrolle: 1% [= 0,8 Std – vormals Z./Y. mit 1,2 Std]
Der Geschäftsführer X. habe ausgehend von einem gleichgebliebenen Arbeitsvolumen von 60 Std/Woche angesichts eines infolge erfolgter Zeiteinsparungen verbleibenden reduzierten Beschäftigungsbedarfs neu übernommen.
– Rechnungskontrolle: 15% [= 9 Std – vormals Z./Y. mit 5,28 Std]
– Uhrdatenverarbeitung: 1% [= 0,6 Std – vormals Z./Y. mit 1,2 Std]
– Bankdatenverbuchung: 1% [= 0,6 Std – vormals Z./Y. mit 3,6 Std]
– Auslandsüberweisungen: 1% [= 0,6 Std – vormals Klägerin mit 0,32 Std]
– Führung Personalakten: 1% [= 0,6 Std – vormals Klägerin mit 1,6 Std]
– Lohnbuchhaltung: 18% [= 10,8 Std – vormals Klägerin mit 9,6 Std]
– Lohnbuchhaltung Vermietung Verpachtung S.: 1% [= 0,6 Std – vormals Klägerin mit 0,64 Std]
– Finanzbuchhaltung: 18% [= 10,8 Std – vormals Klägerin mit 16 Std]
– Barkasse führen: 2% [= 1,2 Std – vormals Z./Y. mit 0,72 Std]
– Versicherungen: 1% [= 0,6 Std – vormals Klägerin mit 1,6 Std]
– Hausverwaltung: 11% [= 6,6 Std – vormals Z./Y. mit 8,4 Std]
Der Zeuge R. habe ausgehend von einem gleichgebliebenen Arbeitsvolumen von 40 Std/ Woche angesichts erfolgter Aufgabenumverteilung neu übernommen.
– Angebotsausarbeitung Montage: 5% [= 2 Std, vormals X. mit 6 Std]
– Kundenabsprachen (Auswärtstermine): 4% [= 1,6 Std, vormals X. mit 2,4 Std]
– Montageüberwachung (Marl): 4% [= 1,6 Std, vormals X. mit 2,4 Std]
– Zertifizierung nach SCC und ISO 9001: 4% [= 1,6 Std, vormals X. mit 2,4 Std]
– Einsatz auf Baustelle: 33% [= 13,2 Std, statt vormals 50%, dh – 6,8 Std].
Die Prozessbeschäftigungsvereinbarung vom 19./23. März 2021 widerlege die betriebsbedingten Kündigungsgründe nicht, denn in dieser schriftlichen Vereinbarung halte sie ausdrücklich an der streitgegenständlichen Kündigung fest.
Das Arbeitsgericht hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 30. Juni 2021 (Bl. 223 f. d. A.) Beweis erhoben über eine Wiedereinstellungszusage des Geschäftsführers X. gegenüber der Zeugin Z. für den Fall des endgültigen Ausscheidens der Klägerin durch Vernehmung der Zeugen Z. und Q. im Termin vom 15. September 2021 und – ergänzend (vgl. Beweisbeschluss vom 20. September 2021) – durch schriftliche Vernehmung des Zeugen Q.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 15. September 2021 (Bl. 277 ff. d. A) und auf die schriftliche Aussage des Zeugen Q. (Bl. 329 f. d. A) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat weiter Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 20. September 2021 (Bl. 287 ff. d. A.) idF. des Beschlusses vom 26. Januar 2022 (Bl. 353 d. A.) zur Frage des Wegfalls der ursprünglichen Arbeitsmenge der Mitarbeiterinnen Z., Y. und der Klägerin durch Umverteilung auf die Geschäftsführer der Beklagten durch Vernehmung der Zeugen P., N. und M. Y.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26. Januar 2022 (Bl. 353 ff. d. A) verwiesen.
Zudem hat das Arbeitsgericht Beweis erhoben über die Umverteilung der Arbeitsmenge der Klägerin und der Mitarbeiterinnen Z. und Y. auf die Geschäftsführer der Beklagten durch gegenbeweisliche Vernehmung der Zeugin Z. im Kammertermin vom 18. Mai 2022 und der Zeugin L. Y. im Kammertermin vom 8. Juni 2022. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die jeweilige Sitzungsniederschrift (Bl. 444 ff. d. A. und Bl. 454 ff. d. A) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit am 29. Juni 2022 verkündetem Urteil verurteilt, der Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, die Kündigung vom 17. Juli 2020 habe das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist des § 622 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 28. Februar 2021 aufgelöst. Die Klägerin sei infolge fristgerechter Klageerhebung innerhalb von drei Wochen nach Kündigungszugang gemäß §§ 4, 7 KSchG mit ihren Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung nicht ausgeschlossen. Die Kündigung sei bereits nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus betriebsbedingten Gründen wirksam, weil nach dem Inhalt der gestaltenden Unternehmerentscheidung vom 13. Juli 2020 schon bei Zugang der Kündigung am 20. Juli 2020 die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin und alle anderen Verwaltungsmitarbeiter der Beklagten dauerhaft entfallen gewesen sei. Einer weiteren Prognose zum Wegfall der Beschäftigung habe es nicht mehr bedurft. Angesichts dieser im Vergleich zur am 26. Oktober 2019 zugegangenen ersten Kündigung wesentlich veränderten Sachlage sei die Kündigung auch nicht als Wiederholungskündigung unwirksam, da das Landesarbeitsgericht im Berufungsverfahren 2 Sa 195/20 einen erheblich anderen Sachverhalt zu beurteilen gehabt habe. Die Beklagte habe durch ihre Geschäftsführer am 13. Juli 2020 erneut die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Arbeiten der Verwaltungsmitarbeiter auf ihre Geschäftsführer und den Zeugen R. dauerhaft zu übertragen. Dies stehe für die Kammer angesichts des faktischen Ausscheidens aller Verwaltungsmitarbeiter zu diesem Zeitpunkt nach § 286 Abs. 1 ZPO fest. Warum die Beklagte nunmehr nicht mehr die Absicht verfolgt haben solle, die Verwaltungsarbeiten durch ihre Geschäftsführer erledigen zu lassen, sei nicht ersichtlich. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe auch fest, dass die Unternehmerentscheidung bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin geführt habe. Die Beklagte habe hinreichend substantiiert dargetan und auch bewiesen, dass die Arbeiten der Klägerin vom Geschäftsführer X. übernommen worden seien und dies auch in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht auf Dauer weiterhin umsetzbar gewesen sei. Hierbei habe sich die Kammer auf die insgesamt 80 % ausmachenden großen Arbeitsvorgänge (Finanzbuchhaltung und Lohnabrechnung) beschränkt, da die Klägerin nicht behauptet habe, dass weitere Arbeiten in zeitlich relevantem Umfang angefallen seien. Dem Einwand der ersten Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Arbeitszeit der Auszubildenden habe voll berücksichtigt werden müssen, habe die Kammer nicht zu folgen vermocht, da diese nach dem Vortrag der Klägerin nur einfachere (nicht von der Klägerin zu verrichtende bzw. leicht von den Geschäftsführern zu übernehmende) Admin-Tätigkeiten und keine buchhalterischen Tätigkeiten übernommen habe und es auch lebensfremd sei, einer Auszubildenden die Arbeit einer Buchhalterin mit 20 Jahren Berufserfahrung anzuvertrauen. Nachdem die Klägerin und die Zeugin Y. bereits ausgeschieden gewesen seien und außer den Geschäftsführern kein Mitarbeiter ersichtlich sei, der die Arbeiten habe übernehmen können, insbesondere keine neuen Verwaltungsmitarbeiter eingestellt worden seien, bestünden keine Zweifel an der Umorganisation. Im Übrigen seien 37,5 Wochenstunden angesichts des mindestens eintägigen Besuchs der Berufsschule pro Woche für die Auszubildende erheblich zu hoch gegriffen. Auch die nach ihrer Erinnerung lückenhaft und damit glaubhaft und zudem glaubwürdig aussagende Zeugin Y. habe bestätigt, dass die Lohn- und Finanzbuchhaltung schon zu ihrer Zeit vom Geschäftsführer X. übernommen worden sei. Zwar sei der Klägerin zuzugeben, dass die Beweisführung der Beklagten nur punktuell und damit den Beweiswert schmälernd möglich gewesen sei. So sei zB der Zeuge N. gerade zum Zweck der späteren Zeugenaussage ins Büro des Geschäftsführers gebeten worden, um die Umsetzbarkeit der Unternehmerentscheidung bezeugen zu können und er habe auffällig ergebnisorientiert schon einleitend bekundet, die Geschäftsführer machten schon seit zwei Jahren „die ganze Büroarbeit selbst“. Dennoch halte das Gericht die Aussage insgesamt für glaubhaft und den Zeugen für glaubwürdig, trotz wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Beklagten, insbesondere habe er die zahlreichen kritischen Nachfragen des Klägervertreters allesamt konzentriert und schlüssig beantwortet. Auch der Zeuge Y. habe bekundet, dass es keine Verwaltungsmitarbeiter im Unternehmen der Beklagten mehr gebe, was zwischen den Parteien auch nicht streitig sei. Der Steuerberater P. habe als Zeuge bekundet, dass er gelegentliche Anfragen des Geschäftsführers X. beantworte. Auch die gegenbeweislich benannte Zeugin Z. habe schließlich bekundet, dass sie diesen eingearbeitet habe. Auch wenn die Beklagte zur Reduzierung des Arbeitsvolumens ihrer Geschäftsführer nur höchst pauschal und insoweit vom Landesarbeitsgericht im Vorprozess als für eine Prognose nicht ausreichend beanstandet vorgetragen habe, habe sich dies für die Kammer aufgrund des Zeitablaufs bis zum Ausspruch der zweiten Kündigung am 20. Juli 2020 anders dargestellt, nachdem kein Mitarbeiter mehr bei der Beklagten Finanz- und Lohnbuchhaltungsarbeiten der Klägerin verrichte und Probleme bei der Umsetzung von Lohnabrechnung und ähnlichem nicht ersichtlich seien. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Dritter in einem Gebäude des Geschäftsführers X. – wie von der Klägerin angedeutet – die Arbeiten für diesen erledige, liege ein Fall von Outsourcing und damit ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Zu der von der Klägerin verlangten weiteren Beweisaufnahme vor Ort im Wege der Ausforschung sei das Arbeitsgericht nicht befugt gewesen. Schließlich sei auch die auch von der Klägerin gegenbeweislich genannten Zeugin Z. genannte zurückgegangene Arbeitsmenge zu berücksichtigen. Die Mutmaßung der Klägerin, der Geschäftsführer X. habe der Zeugin Z. eine Wiedereinstellung zugesagt, habe sich aus im einzelnen dargestellten Gründen im Rahmen der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Klägerin habe im Rahmen der ihr obliegenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast auch keine konkreten Indizien für das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes vorgebracht, der eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin oder eine unterbliebene Sozialauswahl mit sich habe bringen können. Die von der Klägerin genannten Unternehmen seien in ihrer Führung bereits nicht personenidentisch, eine gemeinsame Nutzung von Betriebsmitteln sei ebenso wie wechselseitiger Mitarbeitereinsatz nicht vorgetragen und welche konkreten Entscheidungen im „Personal- und Sozialbereich“ aller Unternehmen einheitlich vom Geschäftsführer X. getroffen würden, sei nicht zu erkennen. Die Kündigungsfrist ergebe sich aufgrund Unwirksamkeit der vereinbarten starren viermonatigen Quartalskündigungsfrist aus § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht zur Entscheidung angefallen. Mit Erfolg fordere die Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf S. 18 ff. d. Urteils (= Bl. 487 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das am 06. Juli 2022 zugestellte Urteil mit am 23. Juli 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 22. Juli 2022 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit am 05. Oktober 2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
Die Klägerin trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 05. Oktober 2022 (Bl. 535 ff. d. A.), hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen wird, zur Begründung ihrer Berufung unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor,
das Arbeitsgericht verkenne, dass es bereits am Vorliegen einer sog. gestaltenden unternehmerischen Entscheidung vor der Kündigung vom 17. Juli 2020 fehle. Da sie keinen weiteren Einblick in die Willensbildung der Beklagten habe, könne weiterer Sachvortrag von ihr nicht verlangt werden, weshalb einfaches Bestreiten genüge. Auf die anlässlich der ersten Kündigung getroffene Unternehmerentscheidung könne nicht zurückgegriffen werden, da diese rechtskräftig als unwirksam betrachtet worden sei. Sie habe zulässigerweise bestritten und bestreite unverändert, dass am 13. Juli 2020 eine unternehmerische Entscheidung getroffen worden sei, nach der die kaufmännischen Tätigkeiten der Beklagten und der anderen Unternehmen der Plattengruppe künftig allein von den Geschäftsführern verrichtet werden sollten. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Beklagte auch kein nachvollziehbares Konzept vorgelegt, wie die kaufmännische Arbeitsmenge künftig ohne die Klägerin bewältigt werden solle. Das Gericht setze sich auch nicht nachvollziehbar mit der evidenten Unplausibilität der Übernahme eines Arbeitsvolumens von 372 Monatsstunden durch drei Herren mit 60, 40 und 40 h/w ohne überobligationsmäßigen Mehraufwand auseinander.Sie habe detailliert konkrete Angaben zu weiteren kaufmännischen Tätigkeiten einer klassischen Personalabteilung gemacht (HR-Beratung, Urlaubskonto, Bescheinigungen, Pfändungen) gemacht, die das Arbeitsgericht fälschlich und ohne Grundlage der Finanzbuchhaltung zugeordnet habe. Das Gericht habe auch gegen Denkgesetze verstoßen, wenn es „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ annehme, dass der Geschäftsführer X. zu seinen bereits abgeleisteten 60 Wochenstunden weitere 86 Stunden pro Woche übernehmen könne. Bestehende Restzweifel gingen zu Lasten der Beklagten. Die Würdigungen der Zeugenaussagen zur Durchführbarkeit der angeblichen Unternehmerentscheidung seien auch im Einzelnen nicht tragfähig. Die Aussage des Zeugen N. sei bereits deshalb nicht verwertbar, weil er eingeräumt habe, für diese präpariert und konditioniert worden zu sein und auch nicht erkennbar sei, woran der Zeuge habe ersehen wollen, dass der Geschäftsführer X. Lohnabrechnungen und Bilanzbuchhaltungen durchgeführt habe. Auch der pünktliche Empfang der Löhne sei nicht tragfähig, da nicht ausgeschlossen sei, dass ein Angestellter vom Zweitbüro des Geschäftsführers agiere, ohne dass dieser im Betrieb sichtbar werde. Die Zeugen Y. und P. hätten nur Kenntnis von Telefonaten (P.) und allgemeinem Bürositzen oder Rechnungen und Post (Y.) gehabt, was nicht ansatzweise tatsachenbasiert die Übernahme der Lohn- und Finanzbuchhaltung bestätige. Die Zeugin Z. könne den Geschäftsführer gar nicht eingearbeitet haben, nachdem sie für die Lohnbuchhaltung gar nicht zuständig gewesen sei, was das Arbeitsgericht übersehen habe. Das Gericht spreche selbst von nur punktueller Beweisführung und geschmälertem Beweiswert, ziehe aber nicht die richtige Schlussfolgerung der Beweisfälligkeit der Beklagten hieraus. Eine Fremdvergabe an Drittunternehmer habe sie nie behauptet, weshalb dem Beweisangebot hinsichtlich eines Ersatzangestellten in der voll funktionsfähigen Büroeinheit in K.-Stadt habe nachgegangen werden müssen.Sie habe auch keine Mutmaßungen zu einem Gemeinschaftsbetrieb der Unternehmen der Platten-Gruppe angestellt. Herr X. sei trotz der weiteren operativen Geschäftsführer W. und R. allein entscheidungsbefugter Gesellschafter-Geschäftsführer aller personalführenden Unternehmen, so dass eine einheitliche Leitungsstruktur vorliege. Die kaufmännischen und alle personalbezogenen Aufgaben für sämtliche Unternehmen seien von der Klägerin und den Kolleginnen Z. und Y. verrichtet worden. Das Unternehmen habe auch die Büro- und Informationstechnologie, Maschinen und Fuhrpark gemeinsam genutzt und nur bestimmte technische Geräte eigenständig geführt. Da das Gericht das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes verkannt habe, sei es anderen Beschäftigungsmöglichkeiten als milderes Mittel nicht nachgegangen. Das Gericht springe auch zu kurz, soweit es die streitige Indiztatsachen der Wiedereinstellungszusage als nicht bewiesen gewürdigt habe, da der Zeuge Q. eine präzise Erinnerung geschildert habe. Nachdem die Klägerin gebeten habe, „auf laut“ stellen zu dürfen und auch Geburtstagsgäste erwähnt habe, habe auch kein Verwertungsverbot bestanden. Die Tatsache, dass die Zeugin Z. zumindest vorübergehend in der Firma des Zeugen P. untergebracht gewesen sei, spreche für die Richtigkeit der gesamten Schilderung des Zeugen Q.. Das Gericht habe die anderen Geburtstagsgäste als Zeugen vernehmen müssen und zumindest berücksichtigen, dass die Zeugin Z. ein Eigeninteresse an der zu Lasten der Klägerin gehenden Aussage gehabt habe, weil anderenfalls die Realisierung der Zusage illusorisch geworden wäre.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29. Juni 2022 – 4 Ca 2727/20 –
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Kündigung vom 17. Juli 2020, zugegangen am 20. Juli 2020, zum 28. Februar 2021 enden wird.
2. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag zu 1 aus der Klageschrift vom 6. August 2020: Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 28. Februar 2021 hinaus als kaufmännische Angestellte tatsächlich weiter zu beschäftigen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 02. November 2022 (Bl. 557 ff. d. A.), hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, zweitinstanzlich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags wie folgt,
betreffend der unternehmerischen Entscheidung verkenne die Klägerin bereits das Zeitmoment, nachdem sie durchgehend seit fast drei Jahren arbeitsunfähig und die Entscheidung der Geschäftsführung während dieser Zeit tatsächlich gelebt worden sei, was insbesondere auch die gegenbeweislich von der Klägerin benannten Zeugen bestätigt hätten. Das bloße Bestreiten der Klägerin reiche angesichts der erstinstanzlich durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme nicht aus. Gleiches gelte auch für das nachvollziehbare Konzept, bei dem es in der Natur der Sache liege, dass sich die Verfahrensweise im Laufe der Jahre ändere. Entscheidend sei, dass Mitarbeiter in der Verwaltung aufgrund der ergriffenen Umstrukturierungsmaßnahmen nicht mehr benötigt würden. Auch hier sei wieder auf das Zeitmoment abzustellen, sowie auf die Beendigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse in der Verwaltung. Der Vortrag der Klägerin erschöpfe sich in pauschalen Behauptungen und Vermutungen. Die Zeugen seien weder präpariert, noch manipuliert worden. Die Klägerin verkenne, dass sie widerlegen müssen, dass Dritte die Arbeit in der Verwaltung leisten müssten und nicht die Geschäftsführer selbst. Entgegen dem pauschalen Vortrag der Klägerin liege ein Gemeinschaftsbetrieb nicht vor. Hinsichtlich der Wiedereinstellungszusage sei maßgeblich die Zeugin Z. als die Person, der gegenüber eine solche abgegeben worden sein solle. Bei widerstreitenden Aussagen sei von einem non-liquet zu Lasten der Klägerin auszugehen.
Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 06. Juli 2022 mit am 23. Juli 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 22. Juli 2022 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist bei Gericht am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 05. Oktober 2022 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 ZPO).
II. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht mit ausführlicher und sorgfältiger Begründung angenommen, dass die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 17. Juli 2020 das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit dem 28. Februar 2021 wirksam beendet hat, weil die Beklagte sich auf einen betriebsbedingten Kündigungsgrund iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG berufen kann und die Kündigung damit sozial gerechtfertigt ist. Die Berufungskammer folgt vollumfänglich den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unter I (S. 19 ff. des Urteils = Bl. 488 ff. d. A.), macht sie sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht.
1. Die Kündigung erweist sich entgegen der von der Berufung vertretenen Auffassung nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungskündigung als unwirksam.
1.1. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. Eine Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 27. April 2021 – 2 AZR 357/20 – Rn. 36; 20. März 2014 – 2 AZR 840/12 – Rn. 13; 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12 – Rn. 37; 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – Rn. 26, jeweils zitiert nach juris).
1.2. Hiervon ausgehend ist die Beklagte mit den für die streitgegenständliche Kündigung angeführten betriebsbedingten Gründen nicht bereits wegen der Entscheidung der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß Urteil vom 25. Februar 2021 – 2 Sa 195/20 – zur Kündigung vom 25. Oktober 2019 präkludiert. Der Sachverhalt der vorliegenden Kündigung unterscheidet sich wesentlich vom Sachverhalt, der der ersten Kündigung zugrunde lag. Zwar hat die Beklagte letztlich sowohl zur Begründung der Kündigung vom 25. Oktober 2019 als auch bei der Folgekündigung vom 17. Juli 2020 den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für die Klägerin infolge Rationalisierung und Umverteilung von Aufgaben auf die Geschäftsführer der Beklagten und den Zeugen R. angeführt. Nachdem jedoch bei Ausspruch der ersten Kündigung die weitere Mitarbeiterin Z. noch beschäftigt war, die Auszubildende Y. noch Verwaltungstätigkeiten im Rahmen ihrer Ausbildung übernommen hat und die Klägerin ebenfalls noch beschäftigt gewesen ist, handelte es sich bei der damaligen Unternehmerentscheidung der Beklagten um die Entscheidung, aufgrund einer zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2020 angestellten Prognose nach noch durchzuführender Umorganisation und Rationalisierung künftig auf die Arbeitskraft der Klägerin zu verzichten. Die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts ist in seiner Entscheidung vom 25. Februar 2021 davon ausgegangen, dass eine derartige durch objektive Tatsachen begründete Prognose des dauerhaften Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin im Zeitpunkt des Zugangs der ersten Kündigung noch nicht gerechtfertigt gewesen ist. Bei der nunmehr streitgegenständlichen Kündigung stellt sich die Sachlage anders dar. Im Juli 2020 war die Klägerin bereits über ein halbes Jahr arbeitsunfähig erkrankt, die Mitarbeiterin Z. war seit Mitte Dezember 2019 nicht mehr im Verwaltungsbereich der Beklagten beschäftigt und die als letzte Verwaltungsangestellte verbleibende Auszubildende Y. ebenfalls seit Anfang Juni 2020 nicht mehr beschäftigt. Damit stützte sich die Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der zweiten Kündigung vom 17. Juli 2020, die zum 28. Februar 2021 wirksam werden sollte, nicht auf eine auf objektive Tatsachen gegründete Prognose, die sich noch bewahrheiten muss, sondern auf eine Situation, in der das Beschäftigungsbedürfnis der Klägerin infolge des Zeitablaufs, Umorganisation und Rationalisierung bereits auf Dauer entfallen ist und an der sie festhalten will. Damit ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Kündigung vom 17. Juli 2020 keine Wiederholungskündigung im Hinblick auf die Kündigung vom 25. Oktober 2019 war.
2. Auch im Übrigen ist die Kündigung wirksam, da sie sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist.
2.1. Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 28. Februar 2023 – 2 AZR 227/22 – Rn. 10; 31. Juli 2014 – 2 AZR 422/13 – Rn. 31, jeweils zitiert nach juris). Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn aufgrund der unternehmerischen Entscheidung ein Bedürfnis für die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entfallen ist (BAG 28. Februar 2023 – 2 AZR 227/22 – Rn. 11, aaO).
2.2. Anders als die Klägerin meint, ist das Arbeitsgericht – dies zugrunde gelegt – zu Recht vom Vorliegen einer Unternehmerentscheidung vor der Kündigung vom 17. Juli 2020 ausgegangen, die den dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin bedingt. Die Beklagte hat dargetan, dass die beiden Geschäftsführer nach erstinstanzlichem Obsiegen der Klägerin im ersten Kündigungsschutzprozess am 13. Juli 2020 beschlossen haben, die im Büro anfallenden Arbeiten – wie bereits nach dem Ausscheiden der Zeuginnen Z. und Y. und während der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erfolgt – weiterhin selbst und mit dem Zeugen R. zu erledigen, dh. bei ihrer Entscheidung zu bleiben. Dieses Vorbringen ist insoweit plausibel, als die erstinstanzlich zu Gunsten der Klägerin ergangene Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 02. Juli 2020 im ersten Kündigungsschutzprozess der Beklagten am 07. Juli 2020 zugestellt wurde und die Beklagte zeitnah mit Schriftsatz vom 14. Juli 2020 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt hat. Die Klägerin hat den Vortrag der Beklagten zu ihrer unternehmerischen Entscheidung nicht gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten. Zwar darf ein Vortrag, welcher plausibel und naheliegend erscheint, mit Nichtwissen bestritten werden, ohne dass die bestreitende Partei Anhaltspunkte dafür aufzeigen muss, dass der Vortrag falsch sein könnte (BGH 14. April 2014 – V ZR 275/12- Rn. 12; vgl. 14. Juli 2010 – VIII ZR 327/07 – Rn. 20, zitiert nach juris). Es kann offenbleiben, ob die Klägerin die Behauptung der Beklagten vorliegend mit Nichtwissen bestritten hat, nachdem sie sich in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf einfaches Bestreiten beruft. Selbst wenn man hiervon ausgeht, wäre dieses Bestreiten vorliegend als rechtsmissbräuchlich zu betrachten. Die Grenze des zulässigen Vortrags wird dann überschritten, wenn eine Behauptung willkürlich, ohne greifbare Anhaltspunkte aufgestellt wird (vgl. BGH 15. Juni 2000 – I ZR 55/98 – Rn. 45, 17. September 1998 – III ZR 174/97 Rn. 12, jeweils zitiert nach juris). Auch wenn bei der Annahme eines Bestreitens ins Blaue hinein Zurückhaltung geboten ist, geht die Berufungskammer ausnahmsweise vom Vorliegen der Voraussetzungen aus, nachdem die Klägerin selbst nicht behauptet, dass die Beklagte sich entschieden habe, ihre unternehmerische Planung, die bereits bei der ersten Kündigung Ausdruck fand, rückgängig zu machen und hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend gesehen.
2.3. Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte ausreichend dargelegt hat, wie die kaufmännische Arbeitsmenge ohne die Klägerin erledigt werden soll bzw. bereits erledigt wird. Auch die Berufungskammer geht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung hiervon aus (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Beklagte hat entgegen der Auffassung der Berufung substantiiert vorgetragen, dass und wie die noch anfallende Arbeitsmenge bereits ohne die Klägerin verrichtet wird und dauerhaft verrichtet werden kann. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte – obgleich sie dies versucht hat – nicht für jede einzelne Tätigkeit minutiös darlegen musste, wie diese künftig verteilt wird bzw. bereits verteilt ist, dass sie die Umorganisation infolge von verändertem Arbeitsanfall und Effektivierungsbestrebungen jedoch ausreichend vorgetragen hat. Der Auffassung der Berufung, es sei evident unplausibel, dass 372 Monatsstunden ohne überobligatorische Mehrarbeit durch die Geschäftsführer X., W. und den Zeugen R. mit jeweils einer wöchentlichen Arbeitszeit von bereits 60 bzw. 40 Stunden erledigt werden können, vermochte die Berufungskammer nicht zu folgen. Die Beklagte hat nachvollziehbar vorgetragen, dass aufgrund des Rückgangs der Mitarbeiterzahl im Zeitraum von 2017 bis 2020 von 16 auf 11, wegen eines mit einem Umsatzrückgang verbundenen Auftragsrückgangs und der Effektivierung verschiedener Arbeitsschritte insgesamt weniger Arbeitsvolumen anfällt, als dies noch zur Zeit der Beschäftigung der Klägerin der Fall war. Soweit die Klägerin mit der Berufung geltend macht, sie habe weitere Angaben zu kaufmännischen Tätigkeiten einer klassischen Personalabteilung gemacht, hat das Arbeitsgericht zutreffend auf fehlende Zeitanteile hingewiesen. Wenn die Berufung bemängelt, der Geschäftsführer X. könne nicht zusätzlich zu seiner Arbeitszeit von 60 Stunden pro Woche weitere 86 Stunden pro Woche übernehmen, trifft dies den Vortrag der Beklagten nicht, da diese angegeben hat, dass sich auch bei den Geschäftsführern das Arbeitsvolumen verringert hat und zudem auch der Geschäftsführer W. und der Zeuge R. im von der Beklagten dargelegten Konzept Tätigkeiten übernommen haben. Anders als die Klägerin meint, hat die Beklagte das Arbeitsvolumen der Auszubildenden Y. auch nicht wie das einer erfahrenen Fachkraft berücksichtigen müssen. Auszubildende bedürfen während ihrer Ausbildung der Anleitung und Überwachung, zumal das Arbeitsgericht zutreffend auf das eigene Vorbringen der Klägerin verwiesen hat, die Zeugin Y. habe nur Hilfsarbeiten verrichtet, was die Zeugin bei ihrer Vernehmung auch bestätigt hat. Nachdem zudem unstreitig die Kompensation erheblicher Fehlzeiten der über 77 Tage arbeitsunfähig erkrankten Zeugin Z. im Raum stand, ist der Vortrag der Beklagten nicht zu beanstanden. Für die Berufungskammer ist bei der Frage der Anforderungen an die Substantiierungslast der Beklagten insgesamt von erheblicher Relevanz, dass – anders als im vorangegangenen Rechtsstreit – zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs der zweiten betriebsbedingten Kündigung die zuletzt noch anfallenden Verwaltungstätigkeiten nach dem Vorbringen der Beklagten seit Beginn der dauerhaften Erkrankung der Klägerin im Oktober 2019 bereits weit über ein halbes Jahr ohne die Klägerin erledigt wurden. Anders als dies noch hinsichtlich der ersten Kündigung der Fall war, handelt es sich damit vorliegend nicht um eine bloße Prognose künftiger Entwicklungen, für die es nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 25. Februar 2021 – 2 Sa 195/20 – zunächst noch an hinreichenden objektiven Anhaltspunkten mangelte, sondern um einen bereits bestehenden Zustand, der nicht verändert wurde.
2.4. Die Beklagte konnte ihre Behauptungen zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für die Klägerin entgegen der Auffassung der Berufung auch beweisen. Dies hat das Arbeitsgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung zu Recht angenommen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Diese Bindung entfällt aber, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (LAG Rheinland-Pfalz 04. Dezember 2018 – 8 Sa 37/18 – Rn. 75, zitiert nach juris). Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich ua. aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH 21. März 2018 – VII ZR 170/17 – Rn. 15 mwN, zitiert nach juris). Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinn sind alle objektivierbaren rechtlichen oder tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Sie können sich auch aus Vortrag der Parteien, vorbehaltlich der Anwendung von Präklusionsvorschriften auch aus Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz ergeben (BGH 21. März 2018 – VII ZR 170/17 – aaO). Entsprechende Anhaltspunkte können insbesondere aus Verfahrensfehlern resultieren, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (LAG Baden-Württemberg 11. Dezember 2019 – 3 Sa 30/19 – Rn. 70, mwN, zitiert nach juris).
b) Das Arbeitsgericht ist unter Würdigung des Vortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre unternehmerische Entscheidung, die verbleibenden Verwaltungsarbeiten auf die Geschäftsführer und den Zeugen R. zu verteilen, bei Ausspruch der vorliegend streitgegenständlichen Kündigung bereits umgesetzt hatte und sie auch nicht rückgängig gemacht hat. Die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichtes ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht unvollständig oder widersprüchlich und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Das Argument der Klägerin, die Aussage des Zeugen N. sei nicht verwertbar, weil dieser auf sie konditioniert worden sei, überzeugte die Berufungskammer nicht. Das Arbeitsgericht hat sich umfangreich mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass der Zeuge N. lediglich zum Zweck der späteren Bezeugung der Übernahme von Büroarbeiten durch den Geschäftsführer X. ins Büro gebeten worden war. Es hat sorgfältig herausgearbeitet, warum es die Aussage des Zeugen trotzdem und trotz auffällig ergebnisorientierter Aussage und seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit für glaubhaft und den Zeugen für glaubwürdig hielt. Warum seine Erwägungen unzutreffend sein sollten, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Soweit sie rügt, es sei nicht erkennbar, woran der Zeuge habe ersehen wollen, dass der Geschäftsführer X. Lohnabrechnungen und Bilanzbuchhaltungen durchgeführt habe, steht dem die protokollierte Aussage des Zeugen N. entgegen, der angegeben hat, ihm sei eine Art Abarbeitungsliste gezeigt worden, nach der die Lohnabrechnungen gemacht würden und er habe zugesehen, wie der Geschäftsführer eine reale Lohnabrechnung bearbeitet habe. Im Übrigen hat der Zeuge ausgesagt, der Geschäftsführer habe sich auch mit dem Finanzbuchhaltungsprogramm Fibu beschäftigt. Die Beanstandung der Klägerin, die Zeugen Y. und P. hätten nur Kenntnis von allgemeinem Bürositzen oder Rechnungen und Post bzw. Telefonaten gehabt, konnte die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts nicht zu Fall bringen. Die vom Steuerberater P. bezeugten Telefonate mit dem Geschäftsführer (statt zuvor mit der Klägerin) zur Frage, wie abzurechnen sei, erscheinen – vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt – nur sinnvoll, wenn dieser die Abrechnungstätigkeit übernommen hat. Auch wenn die Zeugin Y. lediglich bekundet hat, der Geschäftsführer X. habe Rechnungen und Post bearbeitet, spricht dies dafür, dass er – wie von der Beklagten behauptet – Verwaltungsarbeiten übernommen hat. Dass sie – anders als die Zeugen N. und P. – keine konkreten Beobachtungen zu Lohnabrechnungen und Finanzbuchhaltung angegeben hat, spricht daher nicht gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts. Wenn die Berufung rügt, die Zeugin Z. habe den Geschäftsführer X. mangels Zuständigkeit für Lohnbuchhaltung nicht in diese einarbeiten können, übersieht sie, dass die Zeugin Z. neben der noch in Ausbildung befindlichen Zeugin Y. nach der Erkrankung der Klägerin mit Ausnahme ihrer Krankheitszeiten ab Oktober 2019 die einzig verbliebene Verwaltungsmitarbeiterin war, was für eine Ausdehnung ihres Zuständigkeitsbereichs spricht. Das Arbeitsgericht hat insgesamt zutreffend begründet, aus welchen Gründen es trotz verbleibender Zweifel den nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Grad an Gewissheit erlangt hat, dass der Vortrag der Beklagten zutreffend ist. Wenn die Klägerin Gegenteiliges behauptet, setzt sie ihre Würdigung lediglich an Stelle der Würdigung durch das Arbeitsgericht, die aus den dargelegten Gründen nicht zu beanstanden ist. Soweit die Klägerin sich auf eine möglicherweise „verdeckte“ Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Büroeinheit der Beklagten in K.-Stadt berufen hat, verhalf auch dies der Berufung nicht zum Erfolg. Erstinstanzlich war bereits unklar, ob die Klägerin vortragen wollte, die Beklagte habe einen anderen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer in K.-Stadt mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben betraut, nachdem sie selbst nicht behauptet hatte, dass die Beklagte eine Neueinstellung vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass im Falle der Verlagerung der Aufgaben auf einen unbekannten Dritten eine Outsourcing-Maßnahme vorläge, die den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für die Klägerin bei der Beklagten nicht in Frage stellen würde. Wenn die Klägerin nunmehr in der Berufungsbegründung geltend macht, es „könne ein Ersatz-Angestellter von K.-Stadt tätig geworden sein, ohne im Betrieb selbst in Erscheinung zu treten“ und man unterstellt, sie habe hiermit einen Angestellten der Beklagten gemeint, lag auch hierin kein von der Beklagten im Rahmen der ihr zum Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG obliegenden Darlegungs- und Beweislast zu widerlegender Vortrag. Die Klägerin hat eine reine Vermutung aufgestellt, für die angesichts der dargestellten und vom Arbeitsgericht zutreffend angenommenen Verteilung der verbliebenen Aufgaben auf die Geschäftsführung und den Zeugen R. tatsächliche Anhaltspunkte nicht einmal im Ansatz ersichtlich waren. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts erweist sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht als falsch.
2.6. Die Argumentation der Klägerin, das Arbeitsgericht sei unter dem Gesichtspunkt eines milderen Mittels anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten im von ihr behaupteten Gemeinschaftsbetrieb der Unternehmen der Platten-Gruppe nicht nachgegangen, verfängt nicht. Selbst bei unterstelltem Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs hätte die Klägerin bereits nicht dargelegt, welche von der Beklagten in Abrede gestellte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Frage käme. Zwar genügt es im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit, wenn der Arbeitnehmer zunächst angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist; im Allgemeinen muss er keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (vgl. BAG 29. März 2007 – 2 AZR 31/06 – Rn. 40 mwN, zitiert nach juris). Die pauschale Forderung der Klägerin, es müsse anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten im Gesamtbetrieb nachgegangen werden, genügte angesichts des Vorbringens der Beklagten, insgesamt kein Beschäftigungsbedürfnis mehr für Verwaltungsmitarbeiter zu haben, jedoch auch diesen Anforderungen nicht.
Soweit die Berufung meint, das Angebot einer Prozessbeschäftigung spreche für ein im Verhältnis zur Kündigung milderes Mittel überzeugt dies angesichts ihres Vortrags zur Art und Weise der erfolgten eintägigen Prozessbeschäftigung nicht. Die Klägerin hat bemängelt, dass sie in einer Art Schutzanzug im Keller zum Schreddern von Akten eingesetzt worden ist. Dies spricht nicht dafür, dass bei der Beklagten noch reguläres Arbeitsvolumen für eine kaufmännische Angestellte im Bereich Lohn- und Finanzbuchhaltung vorhanden ist, das der Klägerin vorrangig hätte angeboten werden müssen.
2.7. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung erweist sich auch nicht als willkürlich, weil die Beklagte der Zeugin Z. ihre Wiedereinstellung zum Zeitpunkt des rechtskräftigen Unterliegens der Klägerin im Kündigungsschutzprozess versprochen hätte und damit die Kündigungsgründe nur als vorgeschoben betrachtet werden müssten. Das Arbeitsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Beweis einer derartigen Zusage als Indiz für willkürliches Verhalten der Beklagten von der Klägerin nicht geführt worden ist.
a) Im Prozess hat der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die beschlossene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Trägt er entsprechende Indizien vor, ist in den Tatsacheninstanzen zunächst zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff den Schluss darauf zulassen, dass die der Kündigung zugrundeliegende Maßnahme des Arbeitgebers die Grenzen der sich aus Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden geschützten unternehmerischen Freiheit überschreitet. In diesem Fall vermag die getroffene unternehmerische Entscheidung die erklärte Kündigung sozial nicht zu rechtfertigen. Hat der Arbeitnehmer den dafür notwendigen Vortrag gehalten, sind die von ihm angetretenen Beweise zu erheben, soweit der Arbeitgeber zuvor die Indiztatsachen ausreichend bestritten hat (§ 138 ZPO), und die Ergebnisse der Beweisaufnahme unter Beachtung der den Arbeitnehmer treffenden objektiven Beweislast zu würdigen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Bei alledem ist das Gericht grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft es den – unstreitigen oder bewiesenen – Indizien im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. BAG 28. Februar 2023 – 2 AZR 227/22 – Rn. 15; 18. Juni 2015 – 2 AZR 480/14 – Rn. 35, jeweils zitiert nach juris).
b) Hiervon ausgehend ist die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung zur Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe der Zeugin Z. eine Wiedereinstellung nicht versprochen, einwandfrei. Das Arbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass die Zeugin Z. aus unmittelbarer Wahrnehmung eine derartige Zusage ausdrücklich verneint und ausgesagt hat, dass ihr lediglich eine Tätigkeit im Steuerberaterbüro des Zeugen P. angeboten worden sei, die sich aber nicht verfestigt habe und die auch nicht als „Zwischenstation“ hinsichtlich einer nachträglichen Wiedereinstellung bei der Beklagten gedacht gewesen sei. An die Einzelheiten eines zwei- bis dreistündigen, mit der Klägerin an deren Geburtstag, am 26. Oktober 2019, geführten Telefonates, konnte sich die Zeugin nur noch ungenau erinnern, hat jedoch unabhängig davon eine Zusage des Geschäftsführers der Beklagten X. auf Wiedereinstellung ausgeschlossen. Demgegenüber hat der Zeuge Q. bereits nicht bekundet, dass die Zeugin Z. gegenüber der Klägerin eine Wiedereinstellung als Verwaltungsmitarbeiterin bei der Beklagten erwähnt hat, sondern lediglich, dass es um eine Wiedereinstellung „beim V.“ (dh. dem Geschäftsführer X.) gegangen sei, der unstreitig mehrere Firmen besitzt. Die Rüge der Klägerin, das Arbeitsgericht habe ihre von ihr als Zeugen benannten Familienmitglieder, die während des Telefonats anwesend waren, vernehmen müssen, geht ins Leere. Selbst wenn diese die Behauptung der Klägerin bestätigt hätten, hätte nach wie vor die Aussage der unmittelbaren Zeugin Z. der der Zeugen der Klägerin entgegengestanden, so dass es nicht zu beanstanden ist, wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass die Behauptung der Klägerin nicht nachgewiesen ist. Wenn die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe wegen deren Eigeninteresses nicht von der Glaubwürdigkeit der Zeugin Z. ausgehen dürfen, gilt dies genauso für die Verwandten der Klägerin, die am Prozessausgang ebenfalls ein Interesse gehabt haben dürfen. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht der Aussage der unmittelbaren Zeugin ein höheres Gewicht beimessen dürfen, zumal konkrete Anhaltspunkte für deren mangelnde Glaubwürdigkeit der protokollierten Aussage der Zeugin nicht zu entnehmen sind. Selbst wenn man sowohl die Zeugin Z., als auch den Zeugen Q. für uneingeschränkt glaubwürdig hielte, läge – ohne dass dies noch entscheidungserheblich wäre – eine non-liquet-Situation zu Lasten der Klägerin vor.
2.8. Eine einzelfallbezogene Interessenabwägung hat das Arbeitsgericht zu Recht unterlassen. Eine solche kann sich bei betriebsbedingten Kündigungsgründen, wenn überhaupt, allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken. Ob beim Vorliegen betriebsbedingter Kündigungsgründe und durchgeführter Sozialauswahl die Möglichkeit einer Interessenabwägung nicht völlig ausgeschlossen ist, kann dahinstehen. Es liegen trotz fortgeschrittenen Alters und langer Betriebszugehörigkeit der verheirateten Klägerin keine Anhaltspunkte vor, dass die hoch anzusetzenden Voraussetzungen für eine derartige “Härtefallregelung” vorliegend erfüllt sein könnten (vgl. insgesamt BAG 20. Januar 2005 – 2 AZR 500/03 – Rn. 5, zitiert nach juris).
3. Der lediglich hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen.
B
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.