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Entgeltfortzahlung Krankheitsfall – Rückforderung ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Ein Arbeitnehmer, der nach einem Türkei-Urlaub krankgeschrieben war, bekommt sein Recht: Das Gericht wies die Zweifel seines Arbeitgebers an der ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zurück und verurteilte das Unternehmen zur Zahlung des einbehaltenen Gehalts. Damit wird klargestellt, dass auch ausländische Krankmeldungen grundsätzlich den gleichen Beweiswert haben wie deutsche und Arbeitgeber stichhaltige Beweise vorlegen müssen, um diese anzufechten. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, die Rechte von Arbeitnehmern auch bei Krankmeldungen aus dem Ausland zu schützen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Fall betrifft eine rechtliche Auseinandersetzung über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aufgrund einer angefochtenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
  • Der Kläger reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, deren Gültigkeit vom Arbeitgeber in Frage gestellt wurde.
  • Der Arbeitgeber argumentierte, dass das Anfangsdatum der Erkrankung nachträglich geändert wurde, was Zweifel an der Bescheinigung aufwarf.
  • Das Gericht entschied, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen Teil des von ihr einbehaltenen Entgelts an den Kläger zu zahlen.
  • Die Entscheidung beruhte auf der Feststellung, dass der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig war und die Beweisführung für die Arbeitsunfähigkeit ausreichend war.
  • Die Korrektur des Anfangsdatums durch den ausstellenden Arzt wurde als nicht erdrückend für den Beweiswert angesehen.
  • Die Kosten des Verfahrens wurden teilweise der Beklagten auferlegt, was eine Teilerstattung des zurückgehaltenen Entgelts zur Folge hatte.
  • Die Revision wurde nicht zugelassen, was das Urteil in der vorliegenden Instanz endgültig macht.
  • Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass sie im Falle von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung möglicherweise ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen müssen.
  • Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmern, indem es die Beweisführung bei Arbeitsunfähigkeit klarer definiert.

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Rechtliche Herausforderungen im Ausland

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein zentrales Thema im deutschen Arbeitsrecht, das sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber betrifft. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz haben Arbeitnehmer im Falle einer Krankheit Anspruch auf Lohnfortzahlung für bis zu sechs Wochen. Dieser Rechtsanspruch ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit sowie das Vorliegen einer gültigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Wenn die Erwerbsunfähigkeit im Ausland festgestellt wird, können zusätzliche Herausforderungen auftreten, insbesondere wenn es um die Abwicklung und Anerkennung ausländischer Bescheinigungen geht.

Arbeitgeber sind verpflichtet, Entgeltfortzahlung zu leisten, verstehen jedoch häufig nicht die genauen Regelungen, die bei internationalem Kontext gelten. In solchen Fällen können Erstattungsansprüche und Rückforderungen entstehen, wenn eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht den deutschen Anforderungen genügt. Dies führt zu einer komplexen rechtlichen Situation, in der es entscheidend ist, die Vorgaben der Sozialversicherung und Krankenversicherung zu kennen, um Verdienstausfälle korrekt zu handhaben und mögliche rechtliche Missverständnisse zu vermeiden.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte anschaulich illustriert und die relevanten juristischen Fragestellungen näher beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Gericht weist Zweifel an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zurück

Entgeltfortzahlung bei ausländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Arbeitgeber müssen die Entgeltfortzahlung leisten, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus dem Ausland stammt und Zweifel an ihrer Echtheit bestehen, es sei denn, sie können diese Zweifel substantiiert belegen. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Ein Arbeitnehmer hat erfolgreich gegen seinen Arbeitgeber geklagt, der ihm die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigert hatte. Das Landesarbeitsgericht Köln gab der Berufung des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 714,88 Euro netto nebst Zinsen.

Streit um Arbeitsunfähigkeit nach Urlaub

Der seit 2000 bei der Beklagten beschäftigte Kläger hatte nach einem Türkei-Urlaub und anschließenden Freizeitausgleichstagen eine türkische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 13. bis 23. Juni 2022 eingereicht. Die Beklagte zweifelte die Echtheit der Bescheinigung an und kürzte das Gehalt des Klägers entsprechend.

Beweiswert der ausländischen Bescheinigung

Das Gericht stellte klar, dass einer im Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich der gleiche Beweiswert zukommt wie einer deutschen. Die vorgelegte Bescheinigung erfüllte die Anforderungen, da sie zwischen bloßer Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit unterschied.

Zweifel des Arbeitgebers nicht ausreichend

Die von der Beklagten vorgebrachten Zweifel an der Echtheit der Bescheinigung hielt das Gericht für nicht stichhaltig. Die Korrektur des Untersuchungsdatums durch den ausstellenden Arzt selbst sah das Gericht als unproblematisch an. Auch frühere krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers im Zusammenhang mit Urlauben reichten nicht aus, um den Beweiswert der aktuellen Bescheinigung zu erschüttern.

Beweislast beim Arbeitgeber

Das Gericht betonte, dass die Beweislast beim Arbeitgeber liegt, wenn er eine bereits geleistete Entgeltfortzahlung zurückfordert. Die Beklagte konnte keine konkreten Tatsachen darlegen, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers im fraglichen Zeitraum widerlegt hätten.

Urteil zugunsten des Arbeitnehmers

Das Landesarbeitsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der einbehaltenen Vergütung. Das Urteil unterstreicht die hohe Beweiskraft von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und die Hürden, die Arbeitgeber überwinden müssen, um diese erfolgreich anzufechten.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung bekräftigt den hohen Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, auch wenn diese im Ausland ausgestellt wurden. Arbeitgeber tragen eine erhebliche Beweislast, wenn sie die Gültigkeit einer solchen Bescheinigung anzweifeln. Bloße Vermutungen oder frühere Krankheitsmuster reichen nicht aus, um den Beweiswert zu erschüttern. Dies stärkt die Position von Arbeitnehmern und unterstreicht die Bedeutung ärztlicher Atteste im Arbeitsrecht.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt Ihre Position als Arbeitnehmer erheblich, wenn Sie im Ausland erkranken und eine dortige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Ihr Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung nicht einfach verweigern oder zurückfordern, nur weil die Bescheinigung aus dem Ausland stammt. Selbst wenn Sie direkt nach einem Urlaub erkranken, reicht dies allein nicht aus, um Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Ihr Arbeitgeber muss konkrete Beweise vorlegen, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern. Dies bedeutet für Sie mehr Sicherheit bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche auf Entgeltfortzahlung, auch wenn Sie im Ausland erkranken.


FAQ – Häufige Fragen

Sie sind in Deutschland beschäftigt und erkranken im Ausland? Entgeltfortzahlung bei ausländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – ein Thema, das viele Arbeitnehmer verunsichert. Unsere FAQ-Rubrik klärt Sie umfassend und kompetent über Ihre Rechte und Pflichten auf.

 

Welche Anforderungen muss eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfüllen?

Eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss grundsätzlich die gleichen inhaltlichen Voraussetzungen erfüllen wie eine deutsche Bescheinigung, um in Deutschland anerkannt zu werden. Folgende Anforderungen sind besonders wichtig:

Formale Kriterien

Die Bescheinigung muss von einem zugelassenen Arzt ausgestellt sein. Sie sollte eindeutig als ärztliches Attest erkennbar sein und Angaben zum ausstellenden Arzt enthalten. Achten Sie darauf, dass das Dokument ein offizielles Aussehen hat, beispielsweise mit einem Praxisstempel oder -briefkopf versehen ist.

Inhaltliche Anforderungen

Zentral ist die Unterscheidung zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit. Die Bescheinigung muss klar ausdrücken, dass Sie nicht nur krank, sondern tatsächlich arbeitsunfähig sind. Sie sollte folgende Informationen enthalten:

  • Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit
  • Diagnose oder Art der Erkrankung (kann auch verschlüsselt sein)
  • Eindeutige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit

Sprachliche Aspekte

Ist die Bescheinigung nicht in deutscher oder englischer Sprache verfasst, sollten Sie eine Übersetzung beifügen. Bei Bescheinigungen aus EU-Ländern ist dies in der Regel nicht erforderlich, kann aber im Zweifelsfall hilfreich sein.

Besonderheiten bei Auslandsbescheinigungen

Wenn Sie im Ausland erkranken, informieren Sie Ihren Arbeitgeber umgehend über Ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer. Reichen Sie die Bescheinigung so schnell wie möglich ein – idealerweise innerhalb der in Deutschland üblichen Frist von drei Tagen.

Beachten Sie, dass der Beweiswert einer ausländischen Bescheinigung grundsätzlich dem einer deutschen gleichgestellt ist. Ihr Arbeitgeber darf die Anerkennung nicht ohne triftigen Grund verweigern. Sollten dennoch Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit bestehen, kann er weitere Nachweise anfordern.

Länderübergreifende Unterschiede

In manchen Ländern, besonders außerhalb der EU, können die Gesundheitssysteme und ärztlichen Praktiken von den deutschen Standards abweichen. Stellen Sie in solchen Fällen sicher, dass die Bescheinigung alle notwendigen Informationen enthält. Gegebenenfalls können Sie den behandelnden Arzt bitten, zusätzliche Erläuterungen hinzuzufügen.

Wenn Sie diese Punkte beachten, erhöhen Sie die Chancen, dass Ihre im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Deutschland problemlos anerkannt wird. Im Zweifelsfall können Sie sich auch vorab bei Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Krankenkasse über spezifische Anforderungen informieren.


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Wie kann ein Arbeitgeber den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern?

Um den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) zu erschüttern, muss ein Arbeitgeber tatsächliche Umstände darlegen und beweisen, die ernsthafte Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers begründen. Der bloße Verdacht oder ein Bauchgefühl reichen hierfür nicht aus.

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel

Folgende Situationen können den Beweiswert einer AU-Bescheinigung in Frage stellen:

  • Die Arbeitsunfähigkeit tritt unmittelbar nach einer Kündigung ein und deckt exakt die Dauer der Kündigungsfrist ab.
  • Der Arbeitnehmer wird bei Tätigkeiten beobachtet, die mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit unvereinbar sind.
  • Die Krankmeldung erfolgt auffällig häufig zu Beginn oder Ende der Arbeitswoche.
  • Es liegt eine Häufung von Kurzzeiterkrankungen vor, insbesondere wenn diese ein bestimmtes Muster aufweisen.

Vorgehen des Arbeitgebers

Wenn Sie als Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben, können Sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Dokumentieren Sie sorgfältig alle Umstände, die Ihre Zweifel begründen.
  2. Führen Sie ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer, um die Situation zu klären. Beachten Sie dabei, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, Auskunft über die Art seiner Erkrankung zu geben.
  3. Erwägen Sie, eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zu beantragen.
  4. In besonders schwerwiegenden Fällen können Sie die Entgeltfortzahlung vorläufig einstellen. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass Sie das Risiko einer Nachzahlung tragen, falls sich die Arbeitsunfähigkeit als berechtigt erweist.

Rechtliche Konsequenzen

Gelingt es Ihnen, den Beweiswert der AU-Bescheinigung zu erschüttern, verschiebt sich die Beweislast auf den Arbeitnehmer. Dieser muss dann konkret darlegen und beweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war. Kann er dies nicht, haben Sie als Arbeitgeber das Recht, die Entgeltfortzahlung zu verweigern.

Bedenken Sie jedoch: Die Erschütterung des Beweiswertes einer AU-Bescheinigung ist rechtlich eine hohe Hürde. Gerichte gehen grundsätzlich von der Richtigkeit ärztlicher Atteste aus. Wenn Sie den Beweiswert anzweifeln, müssen Ihre Argumente stichhaltig und gut dokumentiert sein.


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Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei ungerechtfertigter Verweigerung der Entgeltfortzahlung?

Bei ungerechtfertigter Verweigerung der Entgeltfortzahlung haben Arbeitnehmer mehrere Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen:

Anspruch auf Krankengeld: Wenn Ihr Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung unberechtigt verweigert, können Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden. Diese wird Ihnen in der Regel Krankengeld zahlen. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht dann auf die Krankenkasse über, die diesen gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen kann.

Klage vor dem Arbeitsgericht: Sie haben das Recht, Ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung vor dem Arbeitsgericht einzuklagen. Hierfür gilt eine Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung fällig gewesen wäre.

Vorgehen bei Verweigerung der Entgeltfortzahlung

  1. Dokumentation: Halten Sie schriftlich fest, wann und wie Ihr Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigert hat. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen, wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Kommunikation mit dem Arbeitgeber, sorgfältig auf.
  2. Gespräch mit dem Arbeitgeber: Versuchen Sie zunächst, die Situation im Gespräch zu klären. Möglicherweise liegt ein Missverständnis vor, das sich einfach aufklären lässt.
  3. Schriftliche Aufforderung: Bleibt das Gespräch erfolglos, fordern Sie Ihren Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auf. Setzen Sie eine angemessene Frist, z.B. zwei Wochen.
  4. Einschaltung der Krankenkasse: Informieren Sie Ihre Krankenkasse über die Situation. Diese wird Ihnen vorläufig Krankengeld zahlen und kann den Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen.

Rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber

Bei ungerechtfertigter Verweigerung der Entgeltfortzahlung drohen dem Arbeitgeber folgende Konsequenzen:

  • Verzugszinsen: Der Arbeitgeber muss Verzugszinsen auf die ausstehende Entgeltfortzahlung zahlen.
  • Schadensersatz: Entstehen Ihnen durch die Verweigerung zusätzliche Kosten, z.B. für rechtliche Beratung, kann der Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet sein.
  • Bußgeld: In bestimmten Fällen kann die Verweigerung der Entgeltfortzahlung als Ordnungswidrigkeit gewertet werden und ein Bußgeld nach sich ziehen.

Beachten Sie: Die ungerechtfertigte Verweigerung der Entgeltfortzahlung kann ein Indiz für eine Störung des Arbeitsverhältnisses sein. In solchen Fällen ist es ratsam, die weitere Zusammenarbeit kritisch zu überdenken und gegebenenfalls nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.

Wenn Sie mit einer ungerechtfertigten Verweigerung der Entgeltfortzahlung konfrontiert sind, ist es wichtig, ruhig und sachlich vorzugehen. Dokumentieren Sie alle Vorgänge sorgfältig und kommunizieren Sie klar und freundlich mit Ihrem Arbeitgeber. In den meisten Fällen lässt sich die Situation durch offene Kommunikation und unter Berufung auf die geltende Rechtslage lösen.


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Welche Beweislast trägt der Arbeitgeber bei der Rückforderung von Entgeltfortzahlung?

Bei der Rückforderung von Entgeltfortzahlung trägt der Arbeitgeber grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen seines Rückzahlungsanspruchs. Dies bedeutet, dass er nachweisen muss, dass die Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt ist.

Nachweis der Fortsetzungserkrankung

Ein häufiger Grund für die Rückforderung ist das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung. Hierbei muss der Arbeitgeber beweisen, dass die erneute Arbeitsunfähigkeit auf demselben Grundleiden beruht wie eine vorherige Erkrankung. Dies kann für den Arbeitgeber schwierig sein, da er in der Regel keinen Einblick in die medizinischen Details hat.

Abgestufte Darlegungslast

Um diese Beweisschwierigkeiten zu mildern, hat das Bundesarbeitsgericht eine abgestufte Darlegungslast entwickelt:

  1. Der Arbeitnehmer muss zunächst darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt, z.B. durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung.
  2. Der Arbeitgeber kann dann bestreiten, dass eine neue Erkrankung vorliegt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der relevanten Zeiträume länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war.
  3. Daraufhin muss der Arbeitnehmer substantiiert zu den Krankheitsursachen vortragen, einschließlich einer laienhaften Schilderung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit.
  4. Erst dann ist der Arbeitgeber verpflichtet, konkret darzulegen und zu beweisen, warum dennoch eine Fortsetzungserkrankung vorliegt.

Keine generelle Nachforschungspflicht

Wichtig für Sie als Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber hat keine generelle Pflicht, von sich aus Nachforschungen über das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung anzustellen. Er muss also nicht „ins Blaue hinein“ Erkundigungen einholen, nur weil Sie nach einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit erneut erkrankt sind.

Konkrete Anhaltspunkte

Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers kann jedoch bestehen, wenn er Kenntnis von Umständen hat, die konkrete Anhaltspunkte für eine Fortsetzungserkrankung liefern. In einem solchen Fall sollten Sie als Arbeitnehmer besonders aufmerksam sein und gegebenenfalls selbst aktiv werden, um Ihre Position zu stärken.

Beweislast bei ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Wenn Sie eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, gelten besondere Regeln. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall die Beweiskraft der Bescheinigung anzweifeln. Sie als Arbeitnehmer müssen dann zusätzliche Nachweise erbringen, um Ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu belegen.


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Wie wirken sich frühere Krankheitszeiten auf die Bewertung aktueller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus?

Frühere Krankheitszeiten haben grundsätzlich keinen direkten Einfluss auf die Bewertung aktueller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Jede Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird für sich betrachtet und hat einen eigenständigen Beweiswert. Allerdings können bestimmte Muster oder Umstände dazu führen, dass der Arbeitgeber den Beweiswert einer aktuellen Bescheinigung in Frage stellt.

Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat vor Gericht grundsätzlich einen hohen Beweiswert. Sie begründet die Vermutung, dass Sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sind. Ihr Arbeitgeber muss diese Vermutung erst einmal akzeptieren.

Erschütterung des Beweiswertes

In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber jedoch versuchen, den Beweiswert zu erschüttern. Dazu können auch Muster aus der Vergangenheit herangezogen werden, wie zum Beispiel:

  • Häufige Kurzzeiterkrankungen, die immer an bestimmten Wochentagen auftreten
  • Krankschreibungen, die regelmäßig in Verbindung mit abgelehnten Urlaubsanträgen stehen
  • Arbeitsunfähigkeiten, die auffällig oft unmittelbar vor oder nach Feiertagen oder Wochenenden beginnen

Wenn Sie solche Muster aufweisen, könnte Ihr Arbeitgeber dies zum Anlass nehmen, den Beweiswert Ihrer aktuellen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzuzweifeln. Er muss dafür jedoch konkrete Tatsachen vorbringen, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen.

Rechtliche Konsequenzen

Selbst wenn Ihr Arbeitgeber den Beweiswert erschüttert, bedeutet das nicht automatisch, dass Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ungültig ist. Es verschiebt lediglich die Beweislast. In diesem Fall müssten Sie als Arbeitnehmer beweisen, dass Sie tatsächlich arbeitsunfähig waren. Dies können Sie zum Beispiel durch eine detaillierte Aussage Ihres Arztes tun, der Sie von der Schweigepflicht entbinden müssten.

Vorsicht bei Fortsetzungserkrankungen

Bei sogenannten Fortsetzungserkrankungen, also wenn Sie wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig werden, gelten besondere Regeln für die Entgeltfortzahlung. Hier können frühere Krankheitszeiten durchaus relevant sein. Der Arbeitgeber darf in diesem Fall die Zeiten zusammenrechnen, sofern zwischen den Erkrankungen nicht mindestens sechs Monate liegen oder seit Beginn der ersten Erkrankung nicht zwölf Monate vergangen sind.

Wenn Sie häufiger krank sind, ist es ratsam, auf eine lückenlose und zeitnahe Dokumentation Ihrer Arbeitsunfähigkeit zu achten. So können Sie im Zweifelsfall die Rechtmäßigkeit Ihrer Krankschreibungen besser belegen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein ärztliches Attest, das bescheinigt, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung nicht arbeitsfähig ist. Es dient als offizieller Nachweis für die Krankheit gegenüber dem Arbeitgeber und ist Voraussetzung für die Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall. Solche Bescheinigungen können sowohl im Inland als auch im Ausland ausgestellt werden und sollten in beiden Fällen den gleichen Beweiswert besitzen, es sei denn, der Arbeitgeber kann stichhaltige Beweise für deren Ungültigkeit vorlegen.
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Dies bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, einem erkrankten Arbeitnehmer sein Gehalt für eine bestimmte Zeit weiterzuzahlen. Diese Regelung ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verankert. In der Regel umfasst die Entgeltfortzahlung einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer legt eine gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und erfüllt alle weiteren Voraussetzungen wie z. B. die rechtzeitige Meldung der Krankheit.
  • Beweiswert: Der Begriff Beweiswert beschreibt die rechtliche Gewichtung eines Beweises in einem Gerichtsverfahren. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen hohen Beweiswert, was bedeutet, dass sie als starker Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gilt. Arbeitgeber müssen konkrete Nachweise erbringen, um den Beweiswert dieser Bescheinigung in Frage zu stellen, da bloße Zweifel oder Vermutungen nicht ausreichen.
  • Beweislast: Die Beweislast legt fest, welche Partei in einem Rechtsstreit den Beweis für ihre Behauptungen erbringen muss. Im Kontext der Entgeltfortzahlung liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, wenn dieser die Gültigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzweifelt oder wenn er geleistete Zahlungen zurückfordern will. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss konkrete Beweise vorlegen, um seine Zweifel zu untermauern und die Gültigkeit der Bescheinigung zu widerlegen.
  • Sozialversicherung: Die Sozialversicherung umfasst verschiedene Zweige wie Kranken-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung, die zusammen das soziale Sicherungssystem bilden. Im vorliegenden Fall ist insbesondere die Krankenversicherung relevant, die Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei Krankheit enthält. Kenntnisse der Sozialversicherungsregelungen sind wichtig, um zu verstehen, welche Ansprüche Arbeitnehmer im Krankheitsfall haben und unter welchen Bedingungen diese Ansprüche gewährt werden.
  • Erstattungsansprüche: Erstattungsansprüche entstehen, wenn ein Arbeitnehmer zu Unrecht Entgeltfortzahlungen erhalten hat und der Arbeitgeber diese zurückfordert. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht den rechtlichen Anforderungen genügt oder wenn Zweifel an deren Echtheit bestehen. Der Arbeitgeber muss in solchen Fällen nachweisen, dass der Anspruch auf die Entgeltfortzahlung unberechtigt war, um entsprechende Zahlungen zurückzufordern.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 4 SGB IV (gesetzliche Krankenversicherung): Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist die gesetzliche Grundlage für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Sie regelt die Höhe und Dauer der Entgeltfortzahlung während der Krankheit. Im vorliegenden Fall geht es um den Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung während seiner vermeintlichen Erkrankung.
  • § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz): Das EFZG regelt die Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber. Gemäß § 3 EFZG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er durch ärztliche Bescheinigung als arbeitsunfähig gemeldet ist. Der Kläger fordert die Entgeltfortzahlung während des Zeitraums, der durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung belegt ist.
  • § 5 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz): Der Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung verweigern, wenn er ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber Zweifel an der Gültigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, da der Kläger in der Vergangenheit bereits wiederholt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Zusammenhang mit Urlauben vorgelegt hat.
  • § 611 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Der Arbeitgeber ist aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, dem Arbeitnehmer das vereinbarte Entgelt zu zahlen. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist Teil dieser vertraglichen Verpflichtung. Der Arbeitgeber kann die Zahlung dieses Entgelts nur dann verweigern, wenn er gute Gründe dafür hat, beispielsweise wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht nachgewiesen ist.
  • § 414 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Beweislast im Zivilprozess. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Partei, die sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beruft. Im vorliegenden Fall müsste der Kläger den Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit erbringen, während der Arbeitgeber die Zweifel an der Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründen müsste.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 8 Sa 300/23 – Urteil vom 11.01.2024


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