Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Arbeitsgerichtsurteil: Gehaltsanspruch eines Erziehers nach Abschlussprüfung im Praktikum
- Ausgangslage: Streit um Gehalt nach bestandener Erzieherprüfung
- Der Berufspraktikantenvertrag: Rahmenbedingungen des Praktikums
- Abschlussprüfung bestanden: Ende des Praktikantenstatus?
- Weiterarbeit nach der Prüfung: Mündliche Vereinbarung und tatsächliche Tätigkeit
- Streitpunkt: Gehaltszahlung für die Zeit nach der Prüfung und neue Entwicklungen
- Entscheidung des Arbeitsgerichts Nordhausen: Teilweise Zahlungspflicht des Arbeitgebers
- Kostenverteilung und Streitwert im Gerichtsverfahren
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Weiterarbeit nach Befristungsende durch Weiterarbeit“ im rechtlichen Sinne?
- Welche Rolle spielt die mündliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach dem Bestehen der Abschlussprüfung?
- Wie unterscheidet sich die rechtliche Bewertung der Tätigkeit als „Praktikant“ von der Tätigkeit als „staatlich anerkannter Erzieher“ bezüglich der Vergütung?
- Welche Beweislast trägt der Arbeitnehmer bezüglich der Vereinbarung und der erbrachten Arbeitsleistung nach dem Ende des Praktikumsvertrags?
- Welche Auswirkungen hat die Erkrankung des Arbeitnehmers auf seinen Gehaltsanspruch im streitigen Zeitraum?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 Ca 446/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Nordhausen
- Datum: 12.12.2024
- Aktenzeichen: 3 Ca 446/24
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Berufspraktikant, der eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher absolviert und Anspruch auf Vergütung für die Praktikumszeit geltend macht
- Beklagte: Arbeitgeberin, bei der der Kläger das Praktikum absolvierte
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger besuchte von September 2021 bis Juli 2023 eine Fachschule für Sozialpädagogik und absolvierte anschließend ein verpflichtendes Berufspraktikum bei der Beklagten. Zwischen den Parteien wurde ein Berufspraktikantenvertrag geschlossen, der eine monatliche Vergütung vorsah. Der Kläger bestand im April 2024 die staatliche Abschlussprüfung und machte Vergütungsansprüche für den Zeitraum vom 1. bis 15. Mai 2024 geltend.
- Kern des Rechtsstreits: Streit über die Vergütungszahlung für die Praktikumszeit, insbesondere für den Mai 2024, sowie die Frage der Kostenverteilung und Streitwertfestsetzung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte, an den Kläger die Vergütung für den Zeitraum vom 1. bis 15. Mai 2024 in Höhe von 799,35 Euro brutto zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zu 90 % dem Kläger und zu 10 % der Beklagten auferlegt. Der Streitwert wurde auf 7.792,49 Euro festgesetzt.
Der Fall vor Gericht
Arbeitsgerichtsurteil: Gehaltsanspruch eines Erziehers nach Abschlussprüfung im Praktikum
Das Arbeitsgericht Nordhausen hat in einem Urteil (Az.: 3 Ca 446/24) über die Gehaltsansprüche eines Mannes entschieden, der nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher weiterhin für seinen Praktikumsbetrieb tätig war.

Im Kern ging es um die Frage, welche Vergütung ihm für die Zeit nach seiner Abschlussprüfung zustand, insbesondere da er das Praktikumsverhältnis zunächst fortsetzte, dann aber erkrankte und eine neue Stelle antrat. Der Streit umfasste den Zeitraum vom 9. April bis zum 30. Juni 2024.
Ausgangslage: Streit um Gehalt nach bestandener Erzieherprüfung
Der zentrale Konflikt zwischen dem ehemaligen Praktikanten und seinem Arbeitgeber entzündete sich an der Frage der korrekten Bezahlung nach dem Ende seiner formalen Ausbildung. Der Mann hatte vom 2. September 2021 bis zum 4. Juli 2023 die berufsbildende Schule M-S im Fachbereich Sozialwesen besucht, um den Abschluss als staatlich anerkannter Erzieher zu erlangen. Teil dieser Ausbildung war ein verpflichtendes Berufspraktikum.
Nach dem schulischen Teil absolvierte er dieses Praktikum bei dem beklagten Arbeitgeber. Nachdem er seine Abschlussprüfung erfolgreich bestanden hatte, arbeitete er zunächst weiter in der Einrichtung. Später kam es jedoch zu Unstimmigkeiten bezüglich der Gehaltszahlungen für die Monate April, Mai und Juni 2024, was schließlich zur Klage vor dem Arbeitsgericht führte. Der Mann forderte die ausstehende Vergütung für diesen Zeitraum ein.
Der Berufspraktikantenvertrag: Rahmenbedingungen des Praktikums
Grundlage für die Tätigkeit des Mannes war ein „Berufspraktikantenvertrag“, der am 18. November 2023 zwischen ihm und dem Arbeitgeber geschlossen wurde. Dieser Vertrag regelte die wesentlichen Punkte des Praktikumsverhältnisses:
- Aufgabengebiet: Der Mann wurde als „Praktikant“ eingestellt. Seine Aufgabe war die Unterstützung bei allen allgemeinen Arbeitsabläufen in den Einrichtungen des Arbeitgebers.
- Vertragsdauer: Das Praktikum begann am 20. November 2023 und sollte laut Vertrag bis zur erfolgreich bestandenen Prüfung andauern, längstens jedoch voraussichtlich bis zum 31. Mai 2024. Das Ende war also an den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung gekoppelt.
- Arbeitszeit: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden.
- Vergütung: Der Vertrag sah ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 1.652,00 Euro vor. Dieses Gehalt war jeweils am 15. des Folgemonats fällig.
Dieser Vertrag definierte klar den Status des Mannes als Praktikant und die dafür vorgesehene Vergütung während der Ausbildungsphase.
Abschlussprüfung bestanden: Ende des Praktikantenstatus?
Ein entscheidender Wendepunkt trat am 8. April 2024 ein: An diesem Tag legte der Mann erfolgreich die Abschlussprüfung zum staatlich anerkannten Erzieher ab. Er informierte seinen Arbeitgeber umgehend über diesen Erfolg.
Kurz darauf, am 11. April 2024, stellte die berufsbildende Schule das Abschlusszeugnis aus. Dieses Zeugnis bestätigte offiziell, dass er nun berechtigt ist, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannter Erzieher (Bachelor Professional in Sozialwesen)“ zu führen. Noch am selben Tag übermittelte der nun qualifizierte Erzieher eine Kopie des Zeugnisses an seinen Arbeitgeber. Mit dem Bestehen der Prüfung war die Bedingung für das im Vertrag vorgesehene Ende des Praktikumsverhältnisses eingetreten.
Weiterarbeit nach der Prüfung: Mündliche Vereinbarung und tatsächliche Tätigkeit
Am Tag der Zeugnisübermittlung, dem 11. April 2024, fand ein Telefonat zwischen dem frischgebackenen Erzieher und dem Geschäftsführer des Arbeitgebers statt. Der genaue Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien umstritten. Fest steht jedoch, dass sie sich darauf einigten, dass der Mann über den 11. April 2024 hinaus weiter für den Arbeitgeber tätig sein sollte.
Entsprechend dieser Vereinbarung setzte der Mann seine bisherige Tätigkeit für den Arbeitgeber im Zeitraum vom 9. April bis zum 15. Mai 2024 fort. Bemerkenswert ist, dass der Arbeitgeber für den Monat April 2024 offenbar noch von einer Fortsetzung des bisherigen Verhältnisses ausging: Am 7. Mai 2024 erstellte er eine Gehaltsabrechnung für April, die das vereinbarte Praktikantengehalt von 1.652,00 Euro brutto sowie zusätzliche Sonntags- und Nachtzuschläge in Höhe von 118,00 Euro brutto auswies. Das Gesamt-Brutto von 1.770,50 Euro (Netto: 1.402,78 Euro) wurde dem Mann auch ausgezahlt. Dies deutet darauf hin, dass die Arbeitsleistung im April anerkannt und vergütet wurde.
Streitpunkt: Gehaltszahlung für die Zeit nach der Prüfung und neue Entwicklungen
Der eigentliche Streit konzentrierte sich auf die Vergütungszahlungen für den Zeitraum nach dem 8. April 2024 bis Ende Juni 2024. Obwohl der Mann bis Mitte Mai weiterarbeitete und für April das volle Gehalt (inklusive Zuschlägen) erhielt, blieben offenbar Zahlungen für den Mai und Juni aus bzw. waren strittig.
Weitere relevante Ereignisse fanden Mitte Mai statt:
- Ab dem 16. Mai 2024 reichte der Mann ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei seinem bisherigen Arbeitgeber ein. Diese Krankschreibung dauerte mindestens bis zum 7. Juni 2024 an.
- Ebenfalls am 16. Mai 2024 nahm der Mann eine neue Arbeitstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber auf.
Diese Umstände – die Weiterarbeit nach Prüfungsabschluss, die spätere Arbeitsunfähigkeit und der Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses – bildeten den Hintergrund für die Auseinandersetzung um die noch offenen Gehaltsforderungen. Der Mann beanspruchte Lohn für den gesamten Zeitraum bis Ende Juni, während der Arbeitgeber dies offenbar anders sah.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Nordhausen: Teilweise Zahlungspflicht des Arbeitgebers
Das Arbeitsgericht Nordhausen wog die Argumente ab und fällte eine differenzierte Entscheidung. Es gab der Klage des ehemaligen Praktikanten nur teilweise statt.
Gehalt für Anfang Mai zugesprochen
Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von Vergütung für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 15. Mai 2024. Für diese anderthalb Monate tatsächlicher Arbeit nach der Prüfung sprach es dem Mann einen Betrag von 799,35 Euro brutto zu. Dieser Betrag entspricht rechnerisch der Hälfte des ursprünglichen monatlichen Praktikantengehalts von 1.652,00 Euro.
Zusätzlich muss der Arbeitgeber auf diesen Betrag Zinsen zahlen. Die Zinsen belaufen sich auf 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz und sind seit dem 16. Juni 2024 fällig. Damit wurde der Lohnanspruch für die Zeit der tatsächlichen Arbeitsleistung im Mai anerkannt.
Weitere Gehaltsforderungen abgewiesen
Im Übrigen wurde die Klage jedoch abgewiesen. Das bedeutet, dass die Forderungen des Mannes bezüglich der Vergütung für den restlichen Zeitraum – insbesondere für die Zeit nach dem 15. Mai 2024 bis zum 30. Juni 2024 – nicht erfolgreich waren. Das Gericht sah offenbar keine Grundlage für Gehaltsansprüche während seiner Arbeitsunfähigkeit und nachdem er bereits eine neue Stelle angetreten hatte. Auch eventuelle Ansprüche für die Tage vom 9. April bis 30. April, die über das bereits gezahlte Gehalt hinausgingen (z.B. eine höhere Vergütung als qualifizierter Erzieher statt als Praktikant), wurden demnach nicht zugesprochen, da die Klage „im Übrigen“ abgewiesen wurde. Die genauen Gründe für die Abweisung der weitergehenden Forderungen gehen aus dem vorliegenden Urteilstext (Tatbestand und Tenor) nicht hervor.
Kostenverteilung und Streitwert im Gerichtsverfahren
Die Kosten des Rechtsstreits wurden entsprechend dem teilweisen Erfolg bzw. Misserfolg der Klage aufgeteilt. Da der ehemalige Praktikant nur einen kleinen Teil seiner ursprünglichen Forderung zugesprochen bekam, muss er den überwiegenden Teil der Kosten tragen: 90 % der Kosten fallen auf ihn, während der Arbeitgeber nur 10 % übernehmen muss.
Der Streitwert, also der finanzielle Wert, um den gestritten wurde, wurde vom Gericht auf 7.792,49 Euro festgesetzt. Dieser Wert bildet die Grundlage für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten und spiegelt die Höhe der ursprünglichen Gesamtforderung des Klägers wider.
Zusammenfassend hat das Arbeitsgericht Nordhausen entschieden, dass der Arbeitgeber nur für die Tage zahlen muss, an denen der ehemalige Praktikant nach seiner Prüfung tatsächlich noch gearbeitet hat, bevor er krank wurde und eine neue Stelle antrat. Die weitergehenden Ansprüche wurden abgelehnt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung, bei der ein Praktikant weiterarbeitet, nicht automatisch ein reguläres Arbeitsverhältnis mit entsprechend höherem Gehalt entsteht. Entscheidend für die Vergütungshöhe sind konkrete Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Weiterarbeit. Das Gericht erkannte nur einen Vergütungsanspruch für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit (bis 15.05.) an, nicht jedoch für den Zeitraum danach, in dem der Kläger trotz Krankschreibung bei einem anderen Arbeitgeber tätig wurde.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Weiterarbeit nach Befristungsende durch Weiterarbeit“ im rechtlichen Sinne?
„Weiterarbeit nach Befristungsende“ beschreibt eine Situation im Arbeitsrecht, bei der ein befristetes Arbeitsverhältnis (wie z.B. ein Praktikumsvertrag, ein befristeter Arbeitsvertrag) nicht wie geplant am vereinbarten Datum endet, sondern der Arbeitnehmer einfach weiterarbeitet und der Arbeitgeber dies zulässt.
Automatische Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
Das Besondere daran ist: Wenn Sie nach dem offiziellen Ende Ihres befristeten Vertrags mit Wissen Ihres Arbeitgebers weiterarbeiten und dieser nicht sofort widerspricht, kann Ihr Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristet gelten. Das bedeutet, es läuft dann ohne festes Enddatum weiter.
Diese Regelung findet sich im Gesetz, genauer im Teilzeit– und Befristungsgesetz (§ 15 Abs. 5 TzBfG). Das Gesetz geht in diesem Fall davon aus, dass stillschweigend ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.
Wann genau passiert das? Die Voraussetzungen
Damit aus Ihrem befristeten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durch Weiterarbeit wird, müssen drei Dinge gleichzeitig passieren:
- Sie arbeiten tatsächlich weiter: Sie setzen Ihre Arbeit nach dem vereinbarten Vertragsende fort, so als ob der Vertrag noch laufen würde. Schon das Erbringen der Arbeitsleistung für kurze Zeit (z.B. einen Tag) nach Vertragsende kann ausreichen.
- Ihr Arbeitgeber weiß davon: Der Arbeitgeber oder ein Vorgesetzter, der Sie anweisen darf, muss mitbekommen, dass Sie trotz Vertragsende weiterarbeiten. Reine Anwesenheit im Betrieb genügt oft nicht; es muss klar sein, dass Sie Ihre Arbeit fortsetzen.
- Ihr Arbeitgeber widerspricht nicht sofort: Der entscheidende Punkt ist die Reaktion des Arbeitgebers. Bemerkt er Ihre Weiterarbeit, muss er unverzüglich (also praktisch sofort, ohne schuldhaftes Zögern) erklären, dass er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht wünscht. Lässt er Sie hingegen wissentlich weiterarbeiten, ohne etwas zu sagen, tritt die gesetzliche Folge ein. Was genau „unverzüglich“ bedeutet, hängt vom Einzelfall ab, ist aber eine sehr kurze Zeitspanne.
Was bedeutet das praktisch?
Stellen Sie sich vor, Ihr befristeter Vertrag endet an einem Freitag. Sie erscheinen am Montagmorgen wieder zur Arbeit, setzen sich an Ihren Platz und erledigen Ihre Aufgaben. Ihr Chef sieht Sie, sagt aber nichts oder gibt Ihnen sogar neue Anweisungen. Wenn er nicht sofort klarstellt, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann dadurch nach dem Gesetz automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. Es braucht dafür keinen neuen schriftlichen Vertrag.
Dieses Prinzip ist wichtig, weil es sowohl Arbeitnehmer vor einer ungewollten Beendigung schützen kann, wenn die Arbeit faktisch weitergeht, als auch Arbeitgeber dazu anhält, bei Vertragsende klare Verhältnisse zu schaffen.
Welche Rolle spielt die mündliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach dem Bestehen der Abschlussprüfung?
Grundsätzlich gilt im deutschen Arbeitsrecht der Grundsatz der Formfreiheit. Das bedeutet, dass Arbeitsverträge oder Änderungen bestehender Verträge – wie zum Beispiel die Fortsetzung eines Verhältnisses nach einer Prüfung – auch mündlich wirksam vereinbart werden können. Eine mündliche Zusage Ihres Arbeitgebers nach bestandener Abschlussprüfung, Sie weiter zu beschäftigen oder Ihnen ein höheres Gehalt zu zahlen, kann also rechtlich bindend sein.
Das Problem: Der Beweis
Die größte Herausforderung bei mündlichen Vereinbarungen entsteht, wenn es später Uneinigkeit über den Inhalt oder das Zustandekommen der Absprache gibt – also wenn der Inhalt „strittig“ ist.
- Wer etwas behauptet, muss es beweisen: Wenn Sie sich beispielsweise auf eine mündlich zugesagte Festanstellung oder ein bestimmtes Gehalt berufen, müssen Sie im Streitfall nachweisen können, dass diese Zusage genau so gemacht wurde.
- Schwierige Beweislage: Ohne schriftliche Bestätigung oder neutrale Zeugen ist dieser Beweis oft schwer zu führen. Steht Aussage gegen Aussage, kann unklar bleiben, was genau vereinbart wurde.
Stellen Sie sich vor: Sie haben Ihre Prüfung bestanden und Ihr Chef sagt im Flur zu Ihnen: „Wir machen weiter, das passt schon.“ Später gibt es Streit, ob damit eine vollwertige Stelle zu üblichem Gehalt oder nur eine vorübergehende Weiterbeschäftigung zu alten Konditionen gemeint war. Ohne weitere Belege ist Ihre Position schwierig.
Was gilt rechtlich bei mündlichen Verträgen?
Auch wenn ein Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden kann, gibt es wichtige Punkte zu beachten:
- Nachweisgesetz (NachwG): Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Ihnen die wesentlichen Vertragsbedingungen (wie Arbeitszeit, Gehalt, Tätigkeitsbeschreibung) schriftlich auszuhändigen. Dies muss in der Regel spätestens einen Monat nach Arbeitsbeginn geschehen. Bei Änderungen wesentlicher Bedingungen muss die schriftliche Information spätestens an dem Tag erfolgen, an dem die Änderung wirksam wird.
- Keine Ungültigkeit durch fehlenden Nachweis: Verstößt der Arbeitgeber gegen das Nachweisgesetz, macht das den mündlich geschlossenen Vertrag nicht ungültig. Die Vereinbarung bleibt bestehen. Allerdings haben Sie als Arbeitnehmer dann einen Anspruch auf die schriftliche Niederlegung und es erleichtert Ihnen die Beweisführung.
- Ausnahme Befristung: Eine wichtige Ausnahme betrifft die Befristung eines Arbeitsvertrages. Diese muss immer schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Eine nur mündlich vereinbarte Befristung ist unwirksam, was dazu führt, dass der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
Bedeutung für die Fortsetzung und Vergütung
Wird nach der bestandenen Prüfung mündlich vereinbart, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, kann dies entweder eine Änderung des bisherigen (z.B. Praktikanten-)Vertrags oder die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bedeuten. Entscheidend ist, was genau besprochen wurde.
- Vergütung: Wurde mündlich eine konkrete (höhere) Vergütung vereinbart, gilt diese – vorausgesetzt, die Vereinbarung kann bewiesen werden.
- Übliche Vergütung: Ist die Fortsetzung als Arbeitsverhältnis klar, aber über die Höhe der Vergütung wurde nicht gesprochen oder dies ist nicht beweisbar, gilt die sogenannte übliche Vergütung als vereinbart (§ 612 Bürgerliches Gesetzbuch). Das ist das Gehalt, das für vergleichbare Tätigkeiten in der Branche und Region normalerweise gezahlt wird. Arbeiten Sie nach der Prüfung erkennbar als Fachkraft weiter, ist die frühere Praktikumsvergütung in der Regel nicht mehr maßgeblich.
Für Sie bedeutet das: Auch wenn mündliche Zusagen grundsätzlich gelten können, ist es aufgrund der Beweisproblematik immer sicherer, wichtige Vereinbarungen, insbesondere zur Art der Beschäftigung, zur Dauer und zum Gehalt, schriftlich festzuhalten.
Wie unterscheidet sich die rechtliche Bewertung der Tätigkeit als „Praktikant“ von der Tätigkeit als „staatlich anerkannter Erzieher“ bezüglich der Vergütung?
Der wesentliche Unterschied bei der Bezahlung zwischen einem Praktikanten und einem staatlich anerkannten Erzieher liegt in der Art und dem Zweck der Tätigkeit sowie der dafür erforderlichen Qualifikation. Ausschlaggebend für die Höhe der Vergütung ist dabei nicht allein die Bezeichnung im Arbeitsvertrag, sondern vor allem die tatsächlich ausgeübte Arbeit.
Die Rolle des Praktikanten: Ausbildung im Vordergrund
Bei einem Praktikum steht typischerweise der Ausbildungs- und Lernzweck im Vordergrund. Ein Praktikant soll Einblicke in ein Berufsfeld gewinnen, praktische Erfahrungen sammeln oder im Rahmen einer Ausbildung bestimmte Fertigkeiten erlernen.
- Tätigkeitsprofil: Die Aufgaben sind oft einfacher, erfolgen unter Anleitung und Aufsicht und dienen primär dem Lernprozess. Der Praktikant trägt in der Regel keine oder nur sehr begrenzte eigene Verantwortung für pädagogische Kernaufgaben.
- Vergütung: Die Vergütung ist deshalb meist deutlich geringer als die eines ausgebildeten Erziehers. Sie kann sich am Mindestlohngesetz orientieren (wobei es Ausnahmen gibt, z.B. bei Pflichtpraktika), oder es gelten spezielle Praktikantenvergütungen nach Tarifvertrag oder betrieblicher Übung. Die Bezahlung reflektiert den Ausbildungscharakter der Tätigkeit.
Die Rolle des staatlich anerkannten Erziehers: Qualifizierte Fachkraft
Ein staatlich anerkannter Erzieher verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung mit staatlicher Anerkennung. Diese formale Qualifikation bestätigt die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen pädagogischen Arbeit.
- Tätigkeitsprofil: Erzieher übernehmen eigenverantwortlich qualifizierte pädagogische Aufgaben, wie die Betreuung, Bildung und Förderung von Kindern und Jugendlichen. Sie planen pädagogische Angebote, führen Elterngespräche und tragen die Verantwortung für ihre Gruppe oder ihren Aufgabenbereich.
- Vergütung: Die Vergütung ist entsprechend der Qualifikation und der übernommenen Verantwortung wesentlich höher. Sie richtet sich häufig nach Tarifverträgen (wie dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Sozial- und Erziehungsdienst, TVöD-SuE) oder nach ortsüblichen Gehältern für vergleichbare Positionen.
Entscheidend: Die tatsächliche Tätigkeit
Der Kernpunkt für die richtige Bezahlung ist, welche Aufgaben tatsächlich und überwiegend ausgeführt werden.
- Wenn eine Person, die formell als „Praktikant“ beschäftigt ist, dauerhaft und eigenverantwortlich Tätigkeiten ausübt, die typischerweise einem staatlich anerkannten Erzieher entsprechen (z.B. eigenständige Gruppenleitung, Planung und Durchführung pädagogischer Kernaufgaben ohne primären Ausbildungsfokus), dann könnte rechtlich gesehen ein Anspruch auf eine Vergütung bestehen, die der eines Erziehers entspricht.
- Der Grundsatz lautet hier oft: Die Bezahlung muss der tatsächlichen Arbeit entsprechen. Die Bezeichnung im Vertrag („Praktikant“) ist nicht allein entscheidend, wenn die Realität der Beschäftigung eine andere ist.
- Beispiel: Stellen Sie sich vor, jemand wird als „Praktikant“ eingestellt, übernimmt aber nach kurzer Einarbeitung vollumfänglich die Aufgaben einer erkrankten Erzieherin über mehrere Monate hinweg, ohne dass der Ausbildungszweck noch im Vordergrund steht. Hier könnte die tatsächliche Tätigkeit für eine höhere Bezahlung sprechen.
Die staatliche Anerkennung ist zwar eine formale Voraussetzung für die Einstufung als Erzieher in vielen Tarifverträgen, jedoch ist für die grundsätzliche Frage der angemessenen Vergütung immer auch die konkret übertragene und ausgeübte Tätigkeit von großer Bedeutung.
Welche Beweislast trägt der Arbeitnehmer bezüglich der Vereinbarung und der erbrachten Arbeitsleistung nach dem Ende des Praktikumsvertrags?
Grundsätzlich gilt im Zivilprozess, also auch in einem Arbeitsgerichtsverfahren: Wer einen Anspruch geltend macht, muss die dafür notwendigen Tatsachen darlegen und beweisen.
Für Sie als Arbeitnehmer bedeutet das konkret im Streitfall nach dem Ende eines Praktikumsvertrags:
Beweis für die Vereinbarung einer Fortsetzung
Wenn Sie geltend machen, dass nach dem offiziellen Ende Ihres Praktikums eine (neue) Vereinbarung über die Fortsetzung Ihrer Tätigkeit getroffen wurde – sei es als reguläres Arbeitsverhältnis oder eine andere Form der Beschäftigung –, dann müssen Sie beweisen, dass diese Vereinbarung zustande gekommen ist.
- Das kann eine ausdrückliche Vereinbarung sein (z.B. ein mündlicher oder schriftlicher Vertrag, eine E-Mail-Zusage). Hier müssten Sie die Existenz dieser Vereinbarung beweisen, zum Beispiel durch Zeugen oder Schriftstücke.
- Es kann sich auch um eine stillschweigende Vereinbarung handeln (Juristen nennen das „konkludentes Handeln“). Das wäre der Fall, wenn Sie einfach weitergearbeitet haben und der Arbeitgeber dies wusste und Ihre Arbeit widerspruchslos entgegengenommen hat. Auch hier müssen Sie die Umstände beweisen, die auf eine solche stillschweigende Einigung schließen lassen – also dass der Arbeitgeber Kenntnis von Ihrer Weiterarbeit hatte und diese zumindest geduldet oder gebilligt hat.
Beweis für die erbrachte Arbeitsleistung
Zusätzlich zur Vereinbarung müssen Sie als Arbeitnehmer auch beweisen, dass Sie die Arbeitsleistung, für die Sie eine Vergütung fordern, tatsächlich erbracht haben.
- Das bedeutet, Sie müssen konkret darlegen und im Streitfall beweisen können, wann und welche Tätigkeiten Sie nach dem Ende des Praktikumsvertrags für den Arbeitgeber ausgeführt haben.
- Hilfreich können hierbei zum Beispiel Stundenzettel, E-Mails, Projektunterlagen, Zeugenaussagen von Kollegen oder andere Nachweise sein, die Ihre Tätigkeit belegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Beweislast dafür, dass nach dem Praktikumsende eine Vereinbarung über eine Weiterbeschäftigung getroffen wurde und dass entsprechende Arbeitsleistungen erbracht wurden, liegt beim Arbeitnehmer. Gelingt dieser Beweis nicht, kann der Anspruch auf Vergütung vor Gericht möglicherweise nicht durchgesetzt werden.
Welche Auswirkungen hat die Erkrankung des Arbeitnehmers auf seinen Gehaltsanspruch im streitigen Zeitraum?
Wenn Sie als Arbeitnehmer erkranken und deshalb nicht arbeiten können, haben Sie in der Regel weiterhin Anspruch auf Ihr volles Gehalt für eine bestimmte Zeit. Dies ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt.
Die Grundregel: Gehalt trotz Krankheit
- Dauer der Lohnfortzahlung: Ihr Arbeitgeber muss Ihr Gehalt für bis zu sechs Wochen weiterzahlen, wenn Sie wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig sind.
- Voraussetzungen:
- Ihr Arbeitsverhältnis muss mindestens vier Wochen ohne Unterbrechung bestanden haben, bevor die Krankheit beginnt (§ 3 Abs. 3 EFZG).
- Die Arbeitsunfähigkeit muss durch die Krankheit verursacht sein.
- Die Erkrankung darf nicht selbst verschuldet sein. „Selbst verschuldet“ bedeutet hier aber nur sehr grobes Fehlverhalten, z.B. bei einem selbst verursachten Autounfall unter Alkoholeinfluss oder bei einer besonders gefährlichen Nebentätigkeit. Normale Sportverletzungen oder Erkältungen gelten in der Regel nicht als selbst verschuldet.
- Sie müssen Ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen (also so schnell wie möglich, meist am ersten Krankheitstag).
- Dauert die Krankheit länger als drei Kalendertage, müssen Sie spätestens am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung (Krankschreibung) vorlegen. Ihr Arbeitgeber kann diese aber auch schon früher verlangen (§ 5 EFZG).
Höhe des fortgezahlten Gehalts
Während der Lohnfortzahlung erhalten Sie genau das Gehalt, das Sie bekommen hätten, wenn Sie normal gearbeitet hätten (§ 4 EFZG). Dazu gehören Ihr Grundgehalt und eventuell regelmäßig gezahlte Zuschläge (z.B. für Schichtarbeit), wenn diese auch angefallen wären. Überstunden werden in der Regel nur berücksichtigt, wenn sie regelmäßig angefallen sind.
Was passiert nach sechs Wochen?
Sind Sie länger als sechs Wochen wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, endet die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Stattdessen zahlt in der Regel Ihre gesetzliche Krankenkasse Krankengeld. Dieses ist meist niedriger als Ihr normales Gehalt (in der Regel 70% des Brutto-, aber maximal 90% des Nettoentgelts).
Bedeutung im „streitigen Zeitraum“
Auch wenn es grundsätzliche Streitigkeiten über das Arbeitsverhältnis gibt (z.B. über die Wirksamkeit einer Kündigung), bleibt der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung während der nachgewiesenen Krankheitszeit (bis zu 6 Wochen gemäß EFZG) grundsätzlich bestehen, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich noch nicht beendet ist und die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Erkrankung schafft also einen eigenen Grund für den Gehaltsanspruch speziell für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, unabhängig von anderen Streitpunkten über Lohnansprüche für Zeiträume, in denen keine Arbeitsunfähigkeit vorlag.
Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen
Manchmal enthalten Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abweichende oder ergänzende Regelungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Diese können für Sie günstiger sein als das Gesetz (z.B. eine längere Dauer der Lohnfortzahlung), dürfen die gesetzlichen Mindestansprüche aber in der Regel nicht unterschreiten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Berufspraktikantenvertrag
Ein Berufspraktikantenvertrag ist ein spezieller Arbeitsvertrag, der das Praktikumsverhältnis im Rahmen einer beruflichen Ausbildung regelt. Er enthält typischerweise Vereinbarungen über Dauer, Aufgaben, Arbeitszeit und Vergütung während des Praktikums. Im hier behandelten Fall war damit insbesondere festgelegt, dass das Praktikum bis zur erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung dauert; danach endete dieser Vertrag grundsätzlich. Dieser Vertragsart liegt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) zugrunde, das praktische Ausbildungsphasen definiert.
Beispiel: Ein Student der Sozialpädagogik schließt mit einem Träger einen Praktikantenvertrag ab, der regelt, dass er während des Praxissemesters eine bestimmte Vergütung erhält und nur bis zum Abschluss seiner schulischen Ausbildung bei dem Träger tätig ist.
Abschlussprüfung zum staatlich anerkannten Erzieher
Die Abschlussprüfung ist ein offizieller Test, der am Ende der Ausbildung zum Erzieher steht und den Erwerb der Berufsqualifikation bestätigt. Das Bestehen dieser Prüfung berechtigt zur Führung des geschützten Titels „staatlich anerkannter Erzieher“, der auch rechtliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. In diesem Fall führte das Bestehen der Prüfung zum Ende des Praktikantenstatus und damit des Berufspraktikantenvertrags.
Beispiel: Nach mehrjähriger Ausbildung legt ein Praktikant eine staatlich anerkannte Prüfung ab, wodurch er vom Lernenden zum voll qualifizierten Erzieher wird und Anspruch auf reguläre Arbeitnehmervergütung haben kann.
Vergütung (Gehaltsanspruch)
Vergütung bezeichnet den Anspruch auf Bezahlung für geleistete Arbeit. Im Arbeitsrecht umfasst sie das vereinbarte Gehalt, Lohn oder andere geldwerte Leistungen. Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, wie viel der Mann nach dem Ende des Praktikumsvertrags und trotz der Weiterarbeit zu zahlen ist. Dabei ist wichtig, ob eine Vertragsverlängerung oder ein neues Arbeitsverhältnis bestand.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhält monatlich sein Gehalt. Wenn er arbeitet, besteht ein Anspruch auf Zahlung, selbst wenn es Unklarheiten zum Vertrag gibt, solange eine Arbeitsleistung erbracht wird.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankschreibung)
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist eine ärztliche Bescheinigung, die belegt, dass eine Person krankheitsbedingt nicht arbeiten kann. Sie sichert den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Im Fall führte die Einreichung der Bescheinigung ab Mitte Mai dazu, dass der Mann für den laufenden Zeitraum formal arbeitsunfähig war.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer erkrankt plötzlich und bringt eine Krankschreibung zum Arbeitgeber, sodass er zu Hause bleiben darf und dennoch seinen Lohn für eine bestimmte Zeit bekommt.
Mündliche Vereinbarung
Eine mündliche Vereinbarung ist ein Vertrag oder eine Absprache, die durch gesprochene Worte zustande kommt und rechtlich verbindlich sein kann, wenn sich die Parteien auf bestimmte Bedingungen einigen. Im Kontext dieses Falls wurde am 11. April telefonisch vereinbart, dass der Mann nach erledigtem Praktikum weiter arbeiten soll, was den praktischen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beeinflusst. Solche Absprachen können ebenso rechtlich durchsetzbar sein wie schriftliche Verträge, bergen aber Beweisprobleme.
Beispiel: Ein Arbeitgeber sagt am Telefon, dass ein ehemaliger Praktikant noch zwei Wochen weiterarbeiten kann; auch ohne schriftlichen Vertrag entsteht dadurch eine Verpflichtung zur Bezahlung dieser Zeit.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 611 BGB (Dienstvertrag): Regelt, dass der Arbeitnehmer zur Dienstleistung verpflichtet ist und der Arbeitgeber zur Vergütung. Ein Praktikantenvertrag kann als Dienstvertrag qualifiziert werden, was die Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung begründet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Entscheidend für die Frage, ob und in welchem Umfang der Beklagten eine Vergütungspflicht gegenüber dem Kläger für die erbrachten Dienste zusteht.
- § 611a BGB (Arbeitsvertrag): Definiert den Arbeitsvertrag als Sonderform des Dienstvertrags, bei dem der Arbeitnehmer weisungsgebunden und in persönlicher Abhängigkeit tätig ist. Diese Abgrenzung ist wichtig für die Einschätzung des Status des Klägers als Praktikant oder Arbeitnehmer. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Relevant für die Bewertung, ob ein Praktikantenvertrag oder vielmehr ein reguläres Arbeitsverhältnis mit Vollzeittätigkeit vorliegt, was die Höhe der Vergütung beeinflusst.
- § 622 BGB (Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen): Bestimmt die Voraussetzungen und Fristen für eine ordentliche Kündigung eines Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung zum 30.06.2024 ist zu prüfen, insbesondere ob sie wirksam ist und welche Auswirkungen sie auf die Vergütungsforderungen hat.
- [TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst): Regelt die Eingruppierung und Vergütung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, die hier als Referenz für die Vergütungshöhe genannt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Grundlage für die vom Kläger geltend gemachte Vergütung nach der Tarifgruppe 7, die sich von der Praktikantenvergütung unterscheiden würde.
- Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG, § 3): Regelt den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Relevant für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit des Klägers (16.05. bis 07.06.2024) und die Frage, ob hierfür Vergütungsansprüche bestehen.
- Berufsbildungsgesetz (BBiG): Regelt die Berufsausbildung einschließlich Inhalts- und Vergütungsfragen bei Praktika im Rahmen der Berufsausbildung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Wichtig für die rechtliche Einordnung des Praktikantenverhältnisses und die Prüfungsfrage, ob und in welchem Umfang eine Vergütung zu zahlen ist.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Praktikanten und angehende Erzieher zum Gehaltsanspruch nach Abschlussprüfung im Praktikum
Viele Praktikanten wissen nicht genau, ob und wie sie nach der bestandenen Abschlussprüfung Anspruch auf eine Vergütung haben, wenn sie weiterhin in der Einrichtung arbeiten. Gerade wenn der Praktikumsvertrag an das Bestehen der Prüfung geknüpft ist, kann es zu Unklarheiten bei der Bezahlung kommen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Prüfen Sie Ihren Praktikumsvertrag genau auf die Vergütungsregelungen nach der Prüfung
Ist im Vertrag klar geregelt, dass das Praktikum und die Vergütung bis zum Bestehen der Prüfung gelten, endet der Vertrag und damit meist auch der Gehaltsanspruch mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Arbeiten Sie danach weiter, klären Sie unbedingt schriftlich, ob und wie eine neue Vergütung vereinbart wird.
Beispiel: Wenn im Vertrag steht, das Praktikum endet mit Bestehen der Prüfung, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf Praktikantengehalt für die Zeit danach, es sei denn, es wurde eine neue Vereinbarung getroffen.
⚠️ ACHTUNG: Ein Weiterarbeiten ohne Anpassung des Vertrags kann zum Streit um die richtige Bezahlung führen.
Tipp 2: Fordern Sie bei Unklarheiten Ihre Vergütung schriftlich ein und dokumentieren Sie Ihre Arbeitszeiten
Wenn Sie nach der Prüfung weiterarbeiten, sollten Sie Ihre Ansprüche klar schriftlich geltend machen und Ihre Arbeitszeiten genau dokumentieren – auch wenn Sie keinen neuen Vertrag haben. Das erleichtert später die Durchsetzung Ihrer Ansprüche vor Gericht oder in Verhandlungen.
Tipp 3: Klären Sie vor dem Wechsel einer neuen Stelle Ihren Status bezüglich des alten Arbeitgebers
Wenn Sie eine neue Stelle antreten und bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber noch tätig sind oder waren, sollten Sie genau wissen, für welche Zeiträume Sie noch Gehaltsansprüche haben. Prüfen Sie, ob offene Gehaltszahlungen bestehen, bevor Sie das Arbeitsverhältnis beenden oder wechseln.
Tipp 4: Achten Sie auf die vereinbarten Zahlungstermine im Vertrag
Beachten Sie, wann Ihr Gehalt fällig ist. Im Beispiel war die Vergütung jeweils am 15. des Folgemonats zu zahlen. So können Sie Ihre Ansprüche besser timen und gegebenenfalls rechtzeitig reklamieren, wenn Zahlungen ausbleiben.
✅ Checkliste: Gehaltsanspruch nach Praktikum bei Erziehern
- Vertrag genau lesen: Ist Ende mit Prüfungserfolg festgelegt?
- Nach Prüfung: Arbeitsstatus klären (Praktikant oder regulärer Mitarbeiter)
- Schriftliche Vereinbarungen zu Gehalt und Arbeitszeit treffen
- Gehaltstermine im Vertrag beachten und ansprüchlich machen
- Arbeitszeiten und Arbeitseinsätze dokumentieren, besonders bei Streitfällen
Das vorliegende Urteil
ArbG Nordhausen – Az.: 3 Ca 446/24 – Urteil vom 12.12.2024
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