Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Rechtsstreit um Direktversicherung im Insolvenzfall
- Der Kläger und seine Position
- Anspruch auf Freigabe der Versicherung
- Die Haltung des Insolvenzverwalters
- Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf
- Zentrale Gründe für die Gerichtsentscheidung
- Abweisung der weiteren Klagen
- Bedeutung des widerrufenen Geständnisses
- Betriebliche Altersversorgung bei Betriebsübergang
- Kostenentscheidung und Rechtskraft
- Bedeutung für Betroffene
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Aussonderungsrecht“ im Zusammenhang mit einer Direktversicherung bei Insolvenz?
- Unter welchen Umständen kann ein Insolvenzverwalter die Freigabe einer Direktversicherung verweigern?
- Was ist ein „Zurückbehaltungsrecht“ und wann kann es im Kontext einer Direktversicherung geltend gemacht werden?
- Welche Auskunftsansprüche hat ein Insolvenzverwalter gegenüber einem ehemaligen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Direktversicherung?
- Welche rechtlichen Schritte kann ein ehemaliger Arbeitnehmer einleiten, wenn der Insolvenzverwalter die Freigabe der Direktversicherung verweigert?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 6 Ca 11394/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: ArbG Düsseldorf 6. Kammer
- Datum: 20.12.2021
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, Versicherungsrecht, Schuldrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemaliger Leiter Finanz- und Rechnungswesen der A. GmbH, der die Freigabe einer Direktversicherung und Schadensersatz fordert.
- Beklagte: Partei, von der die Freigabe der Direktversicherung verlangt wird, die ihrerseits Auskunft und Schadensersatz (per Widerklage) fordert.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein ehemaliger Leiter Finanz- und Rechnungswesen (Kläger) war vom 01.02.2011 bis zum 31.05.2018 bei der A. GmbH beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses stritten die Parteien über die Freigabe einer Direktversicherung (betriebliche Altersvorsorge). Der Beklagte forderte zudem Auskunft vom Kläger und machte per Widerklage Schadensersatz geltend, ebenso wie der Kläger Schadensersatz forderte.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Direktversicherung des Klägers freizugeben. Streitig war insbesondere, ob der Beklagte die Freigabe verweigern durfte, um einen Auskunftsanspruch (möglicherweise aus einem Insolvenzkontext) durchzusetzen (Zurückbehaltungsrecht). Weitere Streitpunkte waren Schadensersatzforderungen beider Seiten.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte wurde verurteilt, die Freigabe der Direktversicherung zu erklären. Die weitergehende Klage des Klägers und die Widerklage des Beklagten wurden abgewiesen. Der Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung unter anderem damit, dass der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Freigabe der Versicherung geltend machen kann, das auf einem Auskunftsanspruch aus dem Insolvenzrecht basiert. Ein solcher Auskunftsanspruch stelle keine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis dar und es fehle die notwendige Verbindung (Konnexität) zur Pflicht der Freigabe der Altersvorsorge. Die Geltendmachung sei zudem treuwidrig. Bei einem Betriebsübergang habe der Arbeitnehmer zwar Anspruch auf eine wertmäßig gleiche Altersversorgung, aber nicht zwingend auf die Fortführung desselben Versicherungsvertrags.
- Folgen: Der Beklagte ist verpflichtet, die Freigabe der Direktversicherung gegenüber der Versicherungsgesellschaft „E.“ zu erklären. Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Fall vor Gericht
Rechtsstreit um Direktversicherung im Insolvenzfall
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat in einem komplexen Fall entschieden, der die Freigabe einer Direktversicherung im Kontext einer Unternehmensinsolvenz betraf.

Geklagt hatte ein ehemaliger leitender Angestellter gegen den Insolvenzverwalter seines früheren Arbeitgebers. Im Kern ging es um die Frage, ob der Insolvenzverwalter die Herausgabe der Versicherungspolice an den Arbeitnehmer verweigern durfte.
Der Kläger und seine Position
Der Kläger war als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens bei der A. GmbH, einem Fischgroßhändler, beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis ging später durch einen Betriebsübergang auf eine Nachfolgefirma über. Für ihn bestand eine vom früheren Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung (bAV) in Form einer Direktversicherung bei der E.-AG, die von der insolventen A. GmbH fortgeführt wurde.
Anspruch auf Freigabe der Versicherung
Der Kläger forderte die Freigabe dieser Direktversicherung. Rechtlich stützte er sich dabei auf ein sogenanntes Aussonderungsrecht. Dies bedeutet, dass die Ansprüche aus der Versicherung nicht zur Insolvenzmasse gehören, sondern dem Arbeitnehmer persönlich zustehen. Die Versicherung diente seiner Altersvorsorge und war somit dem Zugriff der Gläubiger des insolventen Unternehmens entzogen.
Die Haltung des Insolvenzverwalters
Der Beklagte, der zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. GmbH bestellt worden war, verweigerte die Freigabe. Er machte ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB geltend. Dieses Recht erlaubt es einem Schuldner, seine eigene Leistung zurückzuhalten, bis der Gläubiger eine ihm zustehende Gegenleistung erbringt.
Begründung des Zurückbehaltungsrechts
Der Insolvenzverwalter begründete sein Zurückbehaltungsrecht mit einem angeblichen Auskunftsanspruch gegen den Kläger. Dieser Anspruch basierte auf insolvenzspezifischen Vorschriften (§§ 101, 97 InsO). Der Verwalter verlangte vom Kläger Informationen, die für die Aufklärung von Sachverhalten im Insolvenzverfahren relevant sein sollten. Zusätzlich erhob der Verwalter eine Widerklage auf Schadensersatz gegen den Kläger.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf
Das Gericht gab der Klage des Arbeitnehmers auf Freigabe der Direktversicherung statt. Es verurteilte den Insolvenzverwalter, gegenüber der Versicherungsgesellschaft E.-AG die Freigabe der Police mit der Nummer 01 – A. GmbH – zu erklären. Die weitergehende Klage des Arbeitnehmers (vermutlich auf Schadensersatz) sowie die Widerklage des Insolvenzverwalters wurden abgewiesen.
Zentrale Gründe für die Gerichtsentscheidung
Die Richter stellten klar, dass die Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB hier nicht gegeben waren. Ein solches Recht erfordert neben einer erfüllbaren Schuld und einem fälligen Gegenanspruch auch einen inneren Zusammenhang zwischen beiden Ansprüchen, die sogenannte Konnexität.
Fehlende Konnexität zwischen Ansprüchen
Das Gericht sah keinen ausreichenden Zusammenhang zwischen dem Anspruch des Klägers auf Freigabe seiner Altersvorsorge und dem Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters. Der Anspruch auf die Direktversicherung wurzelt im Arbeitsverhältnis und der betrieblichen Altersversorgung. Der Auskunftsanspruch des Verwalters hingegen ist eine spezifische Pflicht aus dem Insolvenzrecht, nicht aus dem Arbeitsvertrag.
Verstoß gegen Treu und Glauben
Darüber hinaus wertete das Gericht die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Insolvenzverwalter als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es sei nicht angemessen, die Herausgabe einer geschützten Altersvorsorge von der Erfüllung einer insolvenzrechtlichen Auskunftspflicht abhängig zu machen, die in keinem direkten sachlichen Zusammenhang steht.
Abweisung der weiteren Klagen
Die Klage des Klägers im Übrigen sowie die Widerklage des Beklagten wurden abgewiesen. Die genauen Gründe für die Abweisung dieser Schadensersatzforderungen gehen aus dem vorliegenden Auszug nicht detailliert hervor. Es ist jedoch anzunehmen, dass die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen nicht ausreichend dargelegt oder bewiesen werden konnten.
Bedeutung des widerrufenen Geständnisses
Ein weiterer wichtiger Punkt im Urteil betrifft den Umgang mit einem widerrufenen außergerichtlichen Geständnis. Das Gericht stellte fest, dass solche Geständnisse frei widerruflich sind. Sie unterliegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts. Ihr Beweiswert hängt von den Umständen ab, insbesondere davon, ob sich die Person der Tragweite ihrer Aussage bewusst war. Auch ein widerrufenes Geständnis kann also noch berücksichtigt werden, aber seine Bedeutung ist im Einzelfall zu prüfen.
Betriebliche Altersversorgung bei Betriebsübergang
Das Gericht bekräftigte zudem einen Grundsatz zum Betriebsübergang nach § 613a BGB: Arbeitnehmer haben nach einem Betriebsübergang Anspruch auf eine wertmäßig gleiche Altersversorgung wie beim alten Arbeitgeber. Sie haben aber nicht zwingend einen Anspruch darauf, dass der exakt selbe Direktversicherungsvertrag vom neuen Arbeitgeber fortgeführt wird. Entscheidend ist die Gleichwertigkeit der Versorgung.
Kostenentscheidung und Rechtskraft
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden dem Beklagten, also dem Insolvenzverwalter, auferlegt. Das Gericht setzte den Streitwert auf beachtliche 1.100.434,68 EUR fest, was auf einen hohen Wert der Gegenforderungen (insbesondere der Widerklage) schließen lässt. Eine gesonderte Berufung wurde nicht zugelassen, das Urteil ist somit rechtskräftig.
Bedeutung für Betroffene
Schutz der betrieblichen Altersversorgung in der Insolvenz
Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmern im Insolvenzfall ihres Arbeitgebers. Es bestätigt, dass Ansprüche aus einer Direktversicherung als Teil der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich insolvenzgeschützt sind (Aussonderungsrecht). Insolvenzverwalter können die Herausgabe solcher Policen nicht ohne Weiteres blockieren.
Grenzen des Zurückbehaltungsrechts
Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen des Zurückbehaltungsrechts für Insolvenzverwalter. Sie können die Freigabe der Altersvorsorge nicht an Bedingungen knüpfen, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Versicherungsanspruch stehen, wie etwa allgemeine Auskunftspflichten im Insolvenzverfahren. Der fehlende sachliche Zusammenhang (Konnexität) und der Grundsatz von Treu und Glauben setzen hier klare Schranken.
Klarheit bei Betriebsübergängen
Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsübergangs auf einen neuen Inhaber übergeht, bekräftigt das Urteil: Der neue Arbeitgeber muss zwar eine gleichwertige Altersversorgung gewährleisten, ist aber nicht zwingend zur Fortführung des alten Vertrags verpflichtet. Dies gibt sowohl Arbeitnehmern als auch neuen Arbeitgebern Orientierung über die bestehenden Rechte und Pflichten.
Umgang mit außergerichtlichen Äußerungen
Die Ausführungen zum widerrufenen Geständnis mahnen zur Vorsicht bei außergerichtlichen Äußerungen, insbesondere im angespannten Umfeld einer Insolvenz. Auch wenn solche Aussagen widerrufen werden können, bleiben sie Teil der Beweiswürdigung und können je nach den Umständen weiterhin eine Rolle im Verfahren spielen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitnehmer bei Insolvenz des Arbeitgebers ein Aussonderungsrecht auf ihre Direktversicherung haben und der Insolvenzverwalter dieses nicht unter Berufung auf allgemeine Auskunftsansprüche zurückhalten darf. Ein insolvenzrechtlicher Auskunftsanspruch berechtigt nicht zum Zurückbehaltungsrecht bezüglich einer betrieblichen Altersversorgung, da dies gegen Treu und Glauben verstößt und der Auskunftsanspruch eine insolvenzspezifische Pflicht darstellt, nicht eine aus dem Arbeitsverhältnis. Für Arbeitnehmer bedeutet dies Rechtssicherheit bei der Sicherung ihrer Altersversorgungsansprüche im Insolvenzfall, wobei nach einem Betriebsübergang zwar ein wertgleicher Anspruch, aber nicht unbedingt die Fortführung desselben Versicherungsvertrags besteht.
Benötigen Sie Hilfe?
Unsicherheit bei Ansprüchen aus Direktversicherungen?
Viele Arbeitnehmer sehen sich mit komplexen Fragen konfrontiert, wenn es um ihre betriebliche Altersvorsorge im Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers geht. Oftmals ist unklar, welche Rechte bestehen und inwieweit die Ansprüche aus einer Direktversicherung tatsächlich geschützt sind. Besonders die Durchsetzung gegenüber einem Insolvenzverwalter kann eine große Herausforderung darstellen.
Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, unterstützen wir Sie gerne bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Wir prüfen Ihren individuellen Fall und beraten Sie umfassend über Ihre rechtlichen Möglichkeiten. Unser Ziel ist es, Ihre Interessen zu wahren und Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Aussonderungsrecht“ im Zusammenhang mit einer Direktversicherung bei Insolvenz?
Das Aussonderungsrecht ist ein wichtiger Schutzmechanismus im Insolvenzverfahren. Es bedeutet, dass bestimmte Vermögensgegenstände nicht zur Insolvenzmasse gehören. Die Insolvenzmasse ist das gesamte Vermögen des insolventen Unternehmens oder der insolventen Person, das zur Bezahlung der Schulden an die Gläubiger verwendet wird.
Stellen Sie sich vor, Sie haben einem Freund ein Fahrrad geliehen und dieser Freund wird insolvent. Das Fahrrad gehört weiterhin Ihnen und nicht Ihrem Freund. Mit dem Aussonderungsrecht können Sie Ihr Fahrrad vom Insolvenzverwalter herausverlangen – es wird „ausgesondert“ und darf nicht zur Begleichung der Schulden Ihres Freundes verkauft werden.
Was heißt das für Ihre Direktversicherung?
Im Zusammenhang mit einer Direktversicherung, die oft vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossen wird, stellt sich bei einer Insolvenz des Arbeitgebers die Frage: Gehört der Wert der Versicherung zur Insolvenzmasse des Arbeitgebers oder steht er dem Arbeitnehmer zu?
- Schutz durch Aussonderung: Wenn Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ein unwiderrufliches Bezugsrecht für die Leistungen aus der Direktversicherung haben, gehören die Ansprüche aus dieser Versicherung in der Regel Ihnen persönlich und nicht Ihrem insolventen Arbeitgeber.
- Folge: Sie können dann gegenüber dem Insolvenzverwalter Ihres Arbeitgebers ein Aussonderungsrecht geltend machen. Das bedeutet, der Wert der Versicherung oder die Versicherungsansprüche fallen nicht in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers und stehen somit nicht zur Verteilung an dessen Gläubiger zur Verfügung. Die Versicherung bleibt Ihnen als Teil Ihrer Altersvorsorge erhalten.
Das unwiderrufliche Bezugsrecht ist hierbei meist der entscheidende Punkt. Es bedeutet, dass der Arbeitgeber Sie als Empfänger der Versicherungsleistung eingesetzt hat und dies nicht mehr ohne Ihre Zustimmung ändern kann.
Abgrenzung zu anderen Rechten
Das Aussonderungsrecht ist stärker als andere Rechte im Insolvenzverfahren:
- Anders als bei normalen Insolvenzforderungen: Hier erhalten Gläubiger oft nur einen kleinen Teil ihrer Forderungen (eine Quote). Beim Aussonderungsrecht erhalten Sie den betreffenden Gegenstand (hier die Versicherungsansprüche) vollständig heraus.
- Anders als beim Absonderungsrecht: Hier gehört der Gegenstand zwar zur Insolvenzmasse, aber ein bestimmter Gläubiger wird daraus vorrangig befriedigt. Beim Aussonderungsrecht gehört der Gegenstand von vornherein nicht zur Masse.
Für Sie bedeutet das Aussonderungsrecht bei einer Direktversicherung mit unwiderruflichem Bezugsrecht also einen starken Schutz Ihrer Ansprüche im Falle einer Insolvenz Ihres Arbeitgebers.
Unter welchen Umständen kann ein Insolvenzverwalter die Freigabe einer Direktversicherung verweigern?
Ein Insolvenzverwalter darf die Freigabe einer Direktversicherung aus der Insolvenzmasse nicht willkürlich verweigern. Seine Entscheidung muss immer auf rechtlich nachvollziehbaren Gründen basieren. Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, das vorhandene Vermögen des Schuldners (die sogenannte Insolvenzmasse) bestmöglich im Sinne aller Gläubiger zu verwalten und zu verwerten. Dazu prüft er auch, ob eine Direktversicherung zur Insolvenzmasse gehört oder dem Schuldner persönlich zusteht und freigegeben werden kann.
Mögliche Gründe für eine Verweigerung der Freigabe
Es gibt bestimmte Situationen, in denen ein Insolvenzverwalter die Freigabe einer Direktversicherung (vorerst) verweigern kann:
- Zweifel an den Voraussetzungen für die Freigabe:
- Der Insolvenzverwalter ist der Ansicht, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Schutz der Versicherung vor Pfändung nicht erfüllt sind. Direktversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge sind oft unter bestimmten Bedingungen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt (man spricht von „Unpfändbarkeit“ oder „Unverwertbarkeit“).
- Wenn der Insolvenzverwalter begründete Zweifel hat, ob diese Schutzvorschriften im konkreten Fall greifen (z.B. weil bestimmte gesetzliche Regelungen nicht eingehalten wurden oder die Versicherung nicht ausschließlich der Altersvorsorge dient), kann er die Freigabe verweigern, bis diese Zweifel geklärt sind.
- Bestehende Gegenansprüche des Insolvenzverwalters (Zurückbehaltungsrecht):
- Der Insolvenzverwalter kann die Freigabe zurückhalten, wenn er seinerseits noch berechtigte Ansprüche gegen den Schuldner hat, die im Zusammenhang mit der Insolvenzmasse stehen.
- Ein Beispiel: Der Verwalter benötigt noch wichtige Unterlagen oder Auskünfte vom Schuldner, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Solange der Schuldner diese Pflichten nicht erfüllt, kann der Verwalter die Freigabe als Druckmittel zurückhalten (man nennt dies ein Zurückbehaltungsrecht). Ein weiteres Beispiel wäre, wenn der Verwalter prüft, ob kurz vor der Insolvenz noch Gelder unrechtmäßig in die Versicherung eingezahlt wurden, die er zurückfordern könnte (Insolvenzanfechtung).
- Unklare Sach- oder Rechtslage:
- Manchmal ist die rechtliche Einordnung der Direktversicherung kompliziert oder es fehlen wichtige Informationen, um abschließend beurteilen zu können, ob die Versicherung freigegeben werden kann.
- In solchen Fällen kann der Insolvenzverwalter die Freigabe verweigern, bis die Situation vollständig geklärt ist. Dies kann unter Umständen auch eine gerichtliche Klärung erfordern.
Wichtig ist: Der Insolvenzverwalter muss seine Gründe für die Verweigerung darlegen können. Eine pauschale Ablehnung ohne nachvollziehbare Begründung ist nicht zulässig. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters unterliegt zudem der Kontrolle durch das Insolvenzgericht.
Was ist ein „Zurückbehaltungsrecht“ und wann kann es im Kontext einer Direktversicherung geltend gemacht werden?
Ein Zurückbehaltungsrecht gibt einer Person oder einem Unternehmen die Möglichkeit, eine eigene Leistung (zum Beispiel die Herausgabe einer Sache oder die Erfüllung einer Pflicht) vorübergehend zu verweigern, bis die andere Seite ihre fällige Gegenleistung erbracht hat.
Stellen Sie sich folgendes Alltagsbeispiel vor: Sie bringen Ihr Fahrrad zur Reparatur. Die Werkstatt repariert es, aber Sie bezahlen die Rechnung nicht. Die Werkstatt kann nun ihr Zurückbehaltungsrecht geltend machen und Ihr Fahrrad so lange behalten, bis Sie die Reparaturkosten bezahlt haben. Die Werkstatt hält ihre Leistung (Herausgabe des Fahrrads) zurück, bis Sie Ihre Leistung (Bezahlung) erbringen.
Das Zurückbehaltungsrecht im Insolvenzfall einer Direktversicherung
Im Falle der Insolvenz Ihres Arbeitgebers stellt sich oft die Frage, was mit Ihrer betrieblichen Altersversorgung, zum Beispiel einer Direktversicherung, geschieht. Sie möchten diese Versicherung vielleicht auf sich übertragen oder benötigen die Zustimmung des Insolvenzverwalters für bestimmte Schritte.
Der Insolvenzverwalter verwaltet das Vermögen des insolventen Unternehmens. Es könnte sein, dass der Verwalter meint, noch Ansprüche gegen Sie zu haben (beispielsweise wegen angeblich zu viel gezahlten Lohns oder anderer Forderungen aus dem früheren Arbeitsverhältnis).
Hier kommt das Zurückbehaltungsrecht ins Spiel: Könnte der Insolvenzverwalter die Freigabe oder die Zustimmung zur Übertragung Ihrer Direktversicherung verweigern, bis Sie diese vermeintlichen Schulden beglichen haben?
Die Voraussetzung: Ein enger Zusammenhang („Konnexität“)
Damit der Insolvenzverwalter ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich Ihrer Direktversicherung geltend machen kann, muss eine wichtige Voraussetzung erfüllt sein: Sein Anspruch gegen Sie (z.B. die Geldforderung) und Ihr Anspruch gegen ihn (z.B. die Freigabe der Versicherung) müssen eng miteinander verbunden sein. Juristen sprechen hier von „Konnexität“. Das bedeutet, beide Ansprüche müssen aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen oder zumindest auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen.
Im Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Freigabe einer Direktversicherung und möglichen Gegenforderungen des Insolvenzverwalters aus dem Arbeitsverhältnis fehlt dieser enge Zusammenhang jedoch häufig.
- Ihr Anspruch auf die Direktversicherung wurzelt in der Regel in der Vereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung.
- Die Gegenforderung des Insolvenzverwalters (z.B. Lohnrückzahlung) stammt meist aus dem allgemeinen Arbeitsverhältnis.
Gerichte sehen den Anspruch auf betriebliche Altersversorgung oft als eigenständig an. Er dient Ihrer Absicherung im Alter und genießt einen besonderen Schutz. Er steht normalerweise nicht in dem erforderlichen engen Zusammenhang mit anderen Forderungen aus dem Arbeitsleben.
Daher kann der Insolvenzverwalter die Freigabe Ihrer Direktversicherung in der Regel nicht mit der Begründung verweigern, dass er noch andere, davon unabhängige Forderungen gegen Sie hat. Ein Zurückbehaltungsrecht des Insolvenzverwalters an der Direktversicherung scheitert meist am fehlenden engen Zusammenhang (Konnexität) zwischen Ihrem Anspruch auf die Versicherungsleistung und dem Gegenanspruch des Verwalters. Eine Ausnahme wäre nur denkbar, wenn der Gegenanspruch des Verwalters in einem ganz spezifischen, direkten Bezug zur Finanzierung oder Verwaltung genau dieser Direktversicherung stünde.
Welche Auskunftsansprüche hat ein Insolvenzverwalter gegenüber einem ehemaligen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Direktversicherung?
Wenn Ihr ehemaliger Arbeitgeber insolvent ist, hat der eingesetzte Insolvenzverwalter die Aufgabe, das gesamte Vermögen des Unternehmens zu erfassen und zu verwerten. Dazu gehört auch die Prüfung, ob Ansprüche im Zusammenhang mit Direktversicherungen bestehen, die für Sie als Arbeitnehmer abgeschlossen wurden. Um diese Prüfung durchführen zu können, benötigt der Verwalter Informationen – auch von Ihnen als ehemaligem Arbeitnehmer.
Rechtsgrundlagen: Warum darf der Verwalter fragen?
Der Insolvenzverwalter hat gesetzliche Auskunfts- und Mitwirkungsrechte, die ihm helfen sollen, sich ein vollständiges Bild über die wirtschaftliche Situation des insolventen Unternehmens und dessen Vermögenswerte zu machen. Die wichtigsten Regelungen hierfür finden sich in der Insolvenzordnung (InsO), insbesondere in § 97 InsO (Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners) und § 101 InsO (Auskunftspflicht Dritter).
Diese Paragraphen verpflichten Personen, die über relevante Informationen verfügen könnten (dazu können auch ehemalige Arbeitnehmer zählen), dem Verwalter Auskunft über alle Angelegenheiten zu geben, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Das betrifft insbesondere Vermögensgegenstände und Rechtsgeschäfte des Schuldners, wozu auch betriebliche Altersversorgungen wie Direktversicherungen zählen können, vor allem wenn der Arbeitgeber Beiträge gezahlt hat oder Rechte daran hält.
Welche Informationen kann der Verwalter verlangen?
Im Zusammenhang mit Ihrer Direktversicherung kann der Insolvenzverwalter konkrete Informationen und unter Umständen auch Unterlagen anfordern. Dies dient dazu, zu prüfen, ob und inwieweit die Ansprüche aus der Versicherung zur Insolvenzmasse gehören (also dem Vermögen, das zur Befriedigung der Gläubiger dient) oder ob die Versicherung möglicherweise freigegeben werden kann und Ihnen vollständig zusteht.
Typischerweise kann er Folgendes erfragen:
- Angaben zum Versicherungsunternehmen und die Vertrags- oder Policennummer.
- Informationen über den aktuellen Rückkaufswert oder das angesparte Kapital der Versicherung.
- Details zur Bezugsberechtigung (wer soll im Leistungsfall das Geld bekommen?).
- Auskünfte darüber, wer die Beiträge gezahlt hat (nur der Arbeitgeber, nur Sie als Arbeitnehmer, oder beide im Rahmen einer Entgeltumwandlung).
- Informationen, ob die Ansprüche aus der Versicherung verpfändet oder an Dritte abgetreten wurden.
Ziel dieser Fragen ist es festzustellen, ob die Versicherungswerte (oder Teile davon) rechtlich noch dem insolventen Unternehmen zuzuordnen sind oder ob sie unzweifelhaft Ihr persönliches, unantastbares Vermögen darstellen.
Gibt es Grenzen der Auskunftspflicht?
Ja, die Auskunftspflicht ist nicht unbegrenzt. Der Insolvenzverwalter darf nur solche Informationen verlangen, die für das Insolvenzverfahren und die Beurteilung der spezifischen Direktversicherung relevant sind.
Fragen zu Ihren rein privaten finanziellen Verhältnissen, die in keinem Zusammenhang mit der Direktversicherung oder dem ehemaligen Arbeitsverhältnis stehen, müssen Sie in der Regel nicht beantworten. Es geht ausschließlich darum, die Zugehörigkeit und die insolvenzrechtliche Behandlung der Direktversicherung zu klären. Der Verwalter muss sein Auskunftsverlangen auf das Notwendige beschränken.
Was passiert, wenn Sie keine Auskunft geben?
Wenn Sie den berechtigten Auskunftsverlangen des Insolvenzverwalters nicht nachkommen, verletzen Sie Ihre gesetzliche Mitwirkungspflicht. Der Insolvenzverwalter kann dann versuchen, die Auskunft gerichtlich durchzusetzen.
Das Insolvenzgericht kann auf Antrag des Verwalters Maßnahmen anordnen, um Sie zur Auskunftserteilung zu bewegen. Im äußersten Fall können hierzu auch Zwangsgelder oder – als letztes Mittel – sogar Zwangshaft angeordnet werden, um die Erfüllung der gesetzlichen Auskunftspflicht zu erzwingen (§ 98 InsO). Es ist daher ratsam, den Anfragen des Insolvenzverwalters nachzukommen, sofern sie sich auf relevante Informationen zur Direktversicherung beziehen.
Welche rechtlichen Schritte kann ein ehemaliger Arbeitnehmer einleiten, wenn der Insolvenzverwalter die Freigabe der Direktversicherung verweigert?
Wenn der Insolvenzverwalter Ihres ehemaligen Arbeitgebers die Freigabe Ihrer Direktversicherung (eine Form der betrieblichen Altersvorsorge) verweigert, obwohl Sie davon ausgehen, einen Anspruch darauf zu haben, gibt es rechtliche Möglichkeiten, diesen Anspruch durchzusetzen.
Klage vor dem Arbeitsgericht
Der übliche Weg zur Klärung solcher Streitigkeiten führt über das Arbeitsgericht. Sie können dort eine Klage einreichen mit dem Ziel, dass das Gericht feststellt, dass Ihnen die Direktversicherung zusteht und der Insolvenzverwalter zur Freigabe verpflichtet ist.
- Was bedeutet „Freigabe“? Der Insolvenzverwalter muss gegenüber der Versicherungsgesellschaft erklären, dass die Versicherung nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört und Sie als Versicherungsnehmer oder Bezugsberechtigter darüber verfügen können.
- Gegen wen richtet sich die Klage? Ihr Klagegegner ist der Insolvenzverwalter, der die Interessen der Gläubiger des insolventen Unternehmens vertritt.
- Zuständigkeit: Für Streitigkeiten, die aus einem Arbeitsverhältnis entstehen – auch wenn es bereits beendet ist –, sind die Arbeitsgerichte zuständig.
Die Bedeutung von Beweisen
In einem Gerichtsverfahren ist es entscheidend, dass Sie nachweisen können, dass Ihnen die Direktversicherung zusteht und die Voraussetzungen für die Freigabe erfüllt sind (insbesondere die sogenannte Unverfallbarkeit Ihrer Ansprüche).
- Wichtige Unterlagen: Halten Sie alle relevanten Dokumente bereit. Dazu gehören typischerweise:
- Ihr Arbeitsvertrag
- Die Versorgungszusage Ihres ehemaligen Arbeitgebers (falls vorhanden)
- Die Versicherungspolice der Direktversicherung
- Nachweise über Ihre Betriebszugehörigkeit und Ihr Alter (relevant für die Unverfallbarkeit)
- Schriftverkehr mit dem Insolvenzverwalter bezüglich der Freigabe
Diese Dokumente helfen dabei, Ihren Anspruch vor Gericht zu begründen.
Alternative Wege zur Einigung
Bevor Sie Klage einreichen, können Sie versuchen, eine außergerichtliche Einigung mit dem Insolvenzverwalter zu erzielen. Manchmal lassen sich Unstimmigkeiten durch ein klärendes Gespräch oder Schreiben ausräumen.
Auch im Rahmen eines Klageverfahrens versucht das Arbeitsgericht zunächst, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erreichen. Dies geschieht in einer sogenannten Güteverhandlung, die meist am Anfang des Verfahrens steht.
Was Sie beachten sollten
Wenn der Insolvenzverwalter die Freigabe verweigert, ist es ratsam, nicht unnötig Zeit verstreichen zu lassen, um Ihre Ansprüche zu verfolgen. Sammeln Sie frühzeitig alle wichtigen Unterlagen, die Ihren Anspruch auf die Direktversicherung belegen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Aussonderungsrecht
Dies ist das Recht einer Person, einen bestimmten Gegenstand oder ein Recht aus der Insolvenzmasse eines Schuldners herauszuverlangen. Es besteht, wenn dieser Gegenstand oder das Recht nicht dem insolventen Schuldner gehört, sondern einem Dritten (hier: dem Arbeitnehmer). Geregelt ist dies grundsätzlich in § 47 der Insolvenzordnung (InsO). Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die Ansprüche aus der Direktversicherung dem Kläger persönlich zustehen und nicht Teil des Vermögens der insolventen Firma sind, das zur Befriedigung der Gläubiger dient.
Beispiel: Sie haben Ihr Fahrrad einem Freund geliehen. Wenn dieser Freund insolvent wird, können Sie Ihr Fahrrad mittels des Aussonderungsrechts aus seiner Insolvenzmasse herausverlangen, da es weiterhin Ihr Eigentum ist.
Insolvenzmasse
Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 InsO). Aus dieser Masse werden die Forderungen der Gläubiger gemeinschaftlich befriedigt. Gegenstände oder Rechte, die einem Dritten zustehen (siehe Aussonderungsrecht), gehören nicht zur Insolvenzmasse. Im vorliegenden Fall sollte die Direktversicherung eben nicht Teil der Insolvenzmasse der A. GmbH werden.
Beispiel: Bei der Insolvenz einer Baufirma umfasst die Insolvenzmasse z. B. die firmeneigenen Baumaschinen, das Bankguthaben und offene Forderungen gegen Kunden. Das private Auto des Geschäftsführers gehört nicht dazu.
Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB)
Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erlaubt es einem Schuldner, seine eigene Leistung zu verweigern, bis der Gläubiger eine ihm gegenüber bestehende fällige Forderung erfüllt. Voraussetzung ist, dass beide Forderungen auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen (siehe Konnexität). Der Insolvenzverwalter wollte hier die Freigabe der Versicherung (seine Leistungspflicht) zurückhalten, bis der Kläger angeblich bestehende Auskunftsansprüche (Forderung des Verwalters) erfüllt.
Beispiel: Eine Werkstatt repariert Ihr Auto. Sie können die Bezahlung der Rechnung (§ 273 BGB greift hier neben § 320 BGB) theoretisch zurückhalten, wenn die Werkstatt bei der Reparatur Ihr Autoradio beschädigt hat und Sie einen fälligen Anspruch auf Reparatur des Radios haben, der mit dem Reparaturauftrag zusammenhängt.
Konnexität
Konnexität ist eine juristische Voraussetzung für das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB. Sie bedeutet, dass der Anspruch des Gläubigers (hier: Freigabe der Versicherung) und der Gegenanspruch des Schuldners (hier: Auskunftserteilung) aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen müssen. Es muss also ein innerer sachlicher Zusammenhang bestehen. Das Gericht verneinte hier die Konnexität, weil der Anspruch auf die Altersvorsorge aus dem Arbeitsverhältnis stammt, der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters aber aus speziellen insolvenzrechtlichen Pflichten (§§ 97, 101 InsO).
Beispiel: Ein Mieter fordert die Reparatur der Heizung (Anspruch aus Mietvertrag). Der Vermieter fordert die Zahlung der Miete (Anspruch aus Mietvertrag). Hier besteht Konnexität. Fordert der Vermieter aber die Rückzahlung eines privaten Darlehens, das nichts mit der Miete zu tun hat, fehlt die Konnexität zum Anspruch auf Heizungsreparatur.
Treu und Glauben (§ 242 BGB)
Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist ein zentrales Prinzip des deutschen Privatrechts. Er verpflichtet alle Beteiligten eines Rechtsverhältnisses, bei der Ausübung ihrer Rechte und Erfüllung ihrer Pflichten aufeinander Rücksicht zu nehmen und sich redlich und fair zu verhalten. Es ist eine Generalklausel, die unfaire oder widersprüchliche Rechtsausübung verbietet. Das Gericht sah es hier als Verstoß gegen Treu und Glauben an, die Herausgabe der geschützten Altersvorsorge von einer insolvenzrechtlichen Auskunftspflicht abhängig zu machen, die keinen direkten Bezug zur Versicherung hat.
Beispiel: Wenn ein Verkäufer jahrelang eine bestimmte Handhabung bei Reklamationen praktiziert hat, kann er nicht plötzlich ohne triftigen Grund und Vorankündigung diese Praxis zum Nachteil eines Kunden ändern; dies könnte gegen Treu und Glauben verstoßen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 47, 48, 50 InsO (Aussonderung): Das Aussonderungsrecht in der Insolvenzordnung ermöglicht es Gläubigern, Gegenstände, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, aus dieser zu entfernen. Dies betrifft Vermögenswerte, an denen ein Dritter ein dingliches oder persönliches Recht besitzt, das der Insolvenz entgegensteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat ein Aussonderungsrecht an der Direktversicherung, da diese nicht Teil der Insolvenzmasse der A. GmbH ist. Dies berechtigt ihn grundsätzlich, die Freigabe der Direktversicherung aus der Insolvenzmasse zu verlangen.
- § 1 BetrAVG (Betriebliche Altersversorgung): Das Gesetz über die betriebliche Altersversorgung regelt die Ansprüche von Arbeitnehmern auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wie Direktversicherungen. Es sichert zu, dass Arbeitnehmer, denen eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wurde, Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder einen Versorgungsträger haben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Direktversicherung des Klägers ist eine Form der betrieblichen Altersversorgung. Der Kläger hat aufgrund des BetrAVG grundsätzlich einen Anspruch auf die zugesagte Altersversorgungsleistung, auch im Kontext der Insolvenz des ehemaligen Arbeitgebers.
- § 273 BGB (Zurückbehaltungsrecht): Das Zurückbehaltungsrecht erlaubt es einem Schuldner, die eigene Leistung zu verweigern, bis der Gläubiger eine fällige Gegenforderung erfüllt. Voraussetzung ist die Konnexität, also ein innerlicher Zusammenhang beider Forderungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat entschieden, dass das vom Beklagten (Insolvenzverwalter) geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf den Auskunftsanspruch im vorliegenden Fall unzulässig ist, insbesondere im Zusammenhang mit der Freigabe der Direktversicherung.
- § 242 BGB (Treu und Glauben): Der Grundsatz von Treu und Glauben im Bürgerlichen Gesetzbuch fordert, dass jeder an Rechtsgeschäften Beteiligte sich loyal und redlich verhält. Die Rechtsausübung darf nicht zu einem Ergebnis führen, das mit den grundlegenden Wertvorstellungen der Rechtsordnung unvereinbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Insolvenzverwalter wurde als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet, da es im Kontext des Freigabeanspruchs der Direktversicherung unverhältnismäßig erschien und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigte.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Arbeitnehmer mit betrieblicher Altersvorsorge (Direktversicherung) zum Schutz ihrer Ansprüche
Sie haben über Ihren Arbeitgeber eine Direktversicherung als Teil Ihrer Altersvorsorge abgeschlossen? Was passiert mit dieser Versicherung, wenn Sie das Unternehmen verlassen oder Ihr Arbeitgeber sogar in finanzielle Schwierigkeiten gerät? Ihre angesparten Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge sind oft gut geschützt.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Freigabe der Police nach Jobende aktiv einfordern
Wenn Ihr Arbeitsverhältnis endet, haben Sie in der Regel Anspruch darauf, dass Ihr ehemaliger Arbeitgeber die Direktversicherung freigibt. Das bedeutet, er muss Ihnen die Verfügungsgewalt über den Vertrag übertragen oder die notwendigen Erklärungen abgeben, damit Sie den Vertrag privat fortführen oder die Versicherungsnehmereigenschaft übernehmen können. Fordern Sie diese Freigabe aktiv und am besten schriftlich ein.
Tipp 2: Schutz der Altersvorsorge in der Insolvenz des Arbeitgebers
Auch wenn Ihr ehemaliger Arbeitgeber insolvent wird, sind Ihre bereits unverfallbaren Ansprüche aus einer Direktversicherung in der Regel geschützt. Der Insolvenzverwalter darf normalerweise nicht auf das angesparte Kapital zugreifen, um damit Schulden des Unternehmens zu begleichen. Ihre Altersvorsorge bleibt Ihnen erhalten.
⚠️ ACHTUNG: Der Schutz gilt für Ihre unverfallbaren Anwartschaften. Prüfen Sie, ob Ihre Ansprüche bereits unverfallbar sind (dies hängt von gesetzlichen Fristen und ggf. vertraglichen Regelungen ab).
Tipp 3: Direktversicherung ist kein Pfand für andere Forderungen
Ihr ehemaliger Arbeitgeber oder der Insolvenzverwalter darf die Freigabe Ihrer Direktversicherung in der Regel nicht verweigern, um damit andere angebliche Ansprüche gegen Sie durchzusetzen (sog. Zurückbehaltungsrecht). Forderungen wegen angeblicher Schäden oder offener Auskunftsansprüche rechtfertigen es meist nicht, Ihre Altersvorsorge zurückzuhalten.
Beispiel: Der Insolvenzverwalter meint, Sie hätten Firmeneigentum beschädigt und verweigert deshalb die Freigabe Ihrer Versicherungspolice, bis der Schaden geklärt ist. Dies ist im Hinblick auf die Direktversicherung meist unzulässig.
Tipp 4: Rechte bei Verzögerung oder Verweigerung prüfen lassen
Wenn die Freigabe Ihrer Direktversicherung trotz Aufforderung verweigert oder verzögert wird, lassen Sie die Gründe anwaltlich prüfen. Bestehen Sie auf Ihr Recht. Gegebenenfalls können Sie die Freigabe gerichtlich durchsetzen und unter Umständen sogar Schadensersatz für eine verspätete Auszahlung oder Nachteile bei der Vertragsfortführung verlangen.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Achten Sie darauf, dass die Unverfallbarkeit Ihrer Ansprüche gegeben ist. Streitigkeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses können komplex sein und auch andere Forderungen (z.B. Schadensersatz, Auskunft) umfassen. Diese dürfen aber in der Regel nicht mit Ihrem Anspruch auf Freigabe der Direktversicherung vermischt oder verrechnet werden. Klären Sie stets genau, auf welcher Rechtsgrundlage die Freigabe verweigert wird.
✅ Checkliste: Schutz der Direktversicherung
- Habe ich eine Direktversicherung über meinen (ehemaligen) Arbeitgeber?
- Sind meine Ansprüche aus der Versicherung bereits unverfallbar?
- Habe ich nach Austritt aus dem Unternehmen die Freigabe der Police schriftlich angefordert?
- Verweigert der Ex-Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter die Freigabe?
- Werden dafür Gründe genannt, die nichts mit der Versicherung selbst zu tun haben (z.B. angebliche Gegenforderungen, Auskunftsansprüche)?
Das vorliegende Urteil
ArbG Düsseldorf 6. Kammer – Entscheidungsdatum: 20.12.2021 – Rechtskraft: ja
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