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Urlaubsanspruch – Tod des Arbeitnehmers

Erben können aufatmen: Das Berliner Arbeitsgericht hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch verstorbener Arbeitnehmer nicht verfällt, sondern an die Hinterbliebenen übergeht. Ein wegweisendes Urteil, das die Rechte von Erben stärkt und Arbeitgebern neue Pflichten auferlegt. Damit bricht das Gericht mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und stützt sich auf die Auslegung des EU-Rechts durch den Europäischen Gerichtshof.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann nach dem Tod eines Arbeitnehmers auf seine Erben übergehen.
  • Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht bereits während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und kann nicht durch den Tod des Arbeitnehmers untergehen.
  • Die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist unabhängig von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und kann daher auch bei Tod des Arbeitnehmers geltend gemacht werden.
  • Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können als Gesamtrechtsnachfolger den Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.
  • Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist auf die Höhe des Bruttomonatsgehalts des Arbeitnehmers beschränkt.
  • Die Klage auf Urlaubsabgeltung kann erfolgreich sein, wenn die Voraussetzungen des Bundesurlaubsgesetzes erfüllt sind.
  • Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte bindend.
  • Die Beklagte hat als Arbeitgeber die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn die Klage erfolgreich ist.

Urlaubsanspruch im Todesfall: Rechte der Erben vor dem Bundesarbeitsgericht

Der Urlaubsanspruch ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts, der den Arbeitnehmern die Möglichkeit gibt, sich zu erholen und Kraft für ihre Arbeit zu tanken. Doch was passiert mit dem Urlaubsanspruch im Falle des Todes eines Arbeitnehmers? Diese Frage ist im deutschen Recht nicht eindeutig geregelt und kann zu unterschiedlichen Interpretationen führen. Im Allgemeinen gilt, dass der Urlaubsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers mit seinem Tod nicht automatisch erlischt. Stattdessen wird er in der Regel auf den Erben des Verstorbenen übertragen. Ausnahmen von dieser Regel gibt es allerdings, zum Beispiel wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch bereits vollständig in Anspruch genommen hat oder wenn er den Urlaubsanspruch im Todesfall nicht mehr antreten konnte. Diese komplizierten Rechtsfragen werden in der Praxis immer wieder vor Gericht verhandelt.

In einem aktuellen Fall, der vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt wurde, geht es um die Frage, ob ein Erbe den Urlaubsanspruch des Verstorbenen geltend machen kann, obwohl dieser den Urlaubsanspruch bereits vollständig in Anspruch genommen hatte. Dieser Fall verdeutlicht die komplexen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Urlaubsanspruch im Todesfall und zeigt, wie wichtig es ist, sich im Zweifelsfall an einen Rechtsanwalt zu wenden.

Ihr Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach dem Tod eines Angehörigen

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Der Fall vor Gericht


Urlaubsanspruch bei Todesfall vererbbar – Arbeitsgericht Berlin stärkt Rechte von Erben

Der Tod eines Angehörigen stellt Familien vor große Herausforderungen. Neben der emotionalen Belastung müssen sich die Hinterbliebenen auch mit rechtlichen Fragen auseinandersetzen. Ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG Berlin – Az.: 56 Ca 10968/15) bringt nun Klarheit in Bezug auf den Urlaubsanspruch verstorbener Arbeitnehmer und stärkt die Rechte der Erben.

Streitfall um nicht genommenen Urlaub einer verstorbenen Arbeitnehmerin

Im vorliegenden Fall ging es um den Urlaubsanspruch einer Arbeitnehmerin, die am 9. März 2014 verstarb. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch 33 offene Urlaubstage. Ihre Eltern, als Erben durch einen Erbschein des Amtsgerichts Köpenick ausgewiesen, forderten von der Arbeitgeberin die Abgeltung dieses nicht genommenen Urlaubs.

Die Arbeitgeberin lehnte die Forderung ab und verwies auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt und nicht vererbbar sei. Die Erben sahen sich jedoch durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. Juni 2014 in ihrer Position bestärkt und reichten Klage ein.

Richtungsweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin

Das Arbeitsgericht Berlin gab den Klägern in weiten Teilen Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 4.903,12 Euro brutto nebst Zinsen. Diese Entscheidung markiert eine bedeutende Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und stützt sich maßgeblich auf die Auslegung des EU-Rechts durch den EuGH.

Das Gericht argumentierte, dass § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) richtlinienkonform im Sinne des Artikels 7 Satz 2 der EU-Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) auszulegen sei. Demnach ist auch der Tod des Arbeitnehmers als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen, aufgrund dessen der Arbeitnehmer den Urlaub nicht mehr nehmen kann. Folglich sei dieser abzugelten.

Weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber und Erben

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin hat weitreichende Folgen für die Praxis:

  1. Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs: Der Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs geht nun im Todesfall des Arbeitnehmers auf die Erben über. Dies gilt nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen, sondern auch für darüber hinausgehenden tariflichen Mehrurlaub, sofern der Tarifvertrag keine abweichende Regelung vorsieht.
  2. Finanzielle Ansprüche der Erben: Die Erben können nun den Geldwert des nicht genommenen Urlaubs des verstorbenen Arbeitnehmers einfordern. Dies kann je nach Anzahl der offenen Urlaubstage und Höhe des Gehalts eine beträchtliche Summe darstellen.
  3. Pflichten der Arbeitgeber: Arbeitgeber müssen künftig bei Todesfällen von Mitarbeitern auch die Abgeltung nicht genommener Urlaubstage einkalkulieren und entsprechende Rückstellungen bilden.
  4. Bedeutung von Tarifverträgen: Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit präziser Formulierungen in Tarifverträgen. Soll der tarifliche Mehrurlaub anders behandelt werden als der gesetzliche Mindesturlaub, bedarf es eindeutiger Bestimmungen im Tarifvertrag.

Rechtliche Grundlagen und europäischer Einfluss

Das Arbeitsgericht Berlin stützt seine Entscheidung auf eine richtlinienkonforme Auslegung des deutschen Rechts im Lichte der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Es betont die Bindungswirkung der EuGH-Rechtsprechung für nationale Gerichte und die Verpflichtung, das gesamte innerstaatliche Recht so auszulegen, dass kein der Richtlinie widersprechendes Ergebnis herbeigeführt wird.

Diese Entscheidung verdeutlicht einmal mehr den erheblichen Einfluss des EU-Rechts auf die nationale Arbeitsrechtsprechung. Sie zeigt auch, wie wichtig es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist, die Entwicklungen auf europäischer Ebene im Blick zu behalten.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin markiert eine grundlegende Wende in der Rechtsprechung zur Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen. Durch die richtlinienkonforme Auslegung des § 7 Abs. 4 BUrlG im Lichte des EU-Rechts wird der Urlaubsabgeltungsanspruch nun als vererbbarer Geldanspruch anerkannt. Dies stärkt die Rechte der Erben erheblich und verpflichtet Arbeitgeber, bei Todesfällen von Mitarbeitern auch nicht genommene Urlaubstage finanziell zu berücksichtigen. Die Entscheidung unterstreicht den wachsenden Einfluss des EU-Rechts auf die nationale Arbeitsrechtsprechung.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Erbe eines verstorbenen Arbeitnehmers sind, eröffnet dieses Urteil Ihnen neue finanzielle Möglichkeiten. Sie haben nun Anspruch auf die Auszahlung des nicht genommenen Urlaubs Ihres verstorbenen Angehörigen – sowohl des gesetzlichen als auch des tariflichen Mehrurlaubs. Dies kann eine erhebliche Summe darstellen, besonders wenn viele Urlaubstage offen waren. Um diesen Anspruch geltend zu machen, müssen Sie innerhalb von sechs Monaten nach dem Todesfall den Arbeitgeber schriftlich kontaktieren. Beachten Sie, dass die genaue Berechnung vom letzten Bruttogehalt abhängt. Bei Unsicherheiten oder Widerstand des Arbeitgebers kann es ratsam sein, rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.


FAQ – Häufige Fragen

Der Tod eines nahen Angehörigen ist ein schmerzlicher Verlust, der auch rechtliche Fragen aufwirft. Urlaubsanspruch im Todesfall ist dabei ein sensibles Thema, das viele Menschen betrifft. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie wichtige Informationen zu den rechtlichen Regelungen und unterstützende Tipps, die Ihnen in dieser schwierigen Situation helfen können.


Kann ich als Erbe des verstorbenen Arbeitnehmers den Urlaubsanspruch geltend machen?

Der Urlaubsanspruch eines verstorbenen Arbeitnehmers ist tatsächlich vererbbar. Dies bedeutet, dass Erben einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub des Verstorbenen geltend machen können. Diese Rechtslage basiert auf einer grundlegenden Änderung der Rechtsprechung, die durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) herbeigeführt wurde.

Früher galt der Urlaubsanspruch als höchstpersönliches Recht, das mit dem Tod des Arbeitnehmers erlosch. Diese Auffassung wurde jedoch revidiert. Der EuGH stellte klar, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union ist. Demnach darf der Urlaubsanspruch nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers untergehen, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung besteht, der im Wege der Erbfolge auf die Rechtsnachfolger übergehen kann.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen und seine bisherige Rechtsprechung geändert. Es gilt nun: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist vererbbar. Dies betrifft nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch tarifvertraglichen Mehrurlaub sowie Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen.

Für Erben bedeutet dies konkret: Sie können vom ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub verlangen. Dieser Anspruch umfasst den gesamten noch offenen Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt des Todes, unabhängig davon, ob es sich um gesetzlichen Mindesturlaub oder zusätzliche Urlaubstage handelt.

Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Anspruch nicht automatisch ausgezahlt wird. Die Erben müssen aktiv werden und den Anspruch beim ehemaligen Arbeitgeber geltend machen. Dabei sollten sie den noch offenen Urlaubsanspruch des Verstorbenen genau beziffern und die Auszahlung der entsprechenden Urlaubsvergütung fordern.

Die Höhe der Urlaubsabgeltung richtet sich nach dem Arbeitsentgelt, das der Verstorbene erhalten hätte, wenn er den Urlaub noch genommen hätte. Dabei sind auch variable Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen.

Diese Rechtslage stärkt die Position der Erben erheblich. Sie müssen nicht mehr befürchten, dass der oft mühsam erarbeitete Urlaubsanspruch des Verstorbenen verfällt. Stattdessen können sie diesen Anspruch in einen finanziellen Wert umwandeln und als Teil des Erbes geltend machen.

Für Arbeitgeber bedeutet diese Rechtsprechung, dass sie auch nach dem Tod eines Mitarbeiters mit Forderungen bezüglich nicht genommenen Urlaubs rechnen müssen. Sie sollten daher die Urlaubsansprüche ihrer Mitarbeiter sorgfältig dokumentieren und bei Todesfällen mit entsprechenden Anfragen der Erben rechnen.

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Welche Art von Urlaub kann im Todesfall abgelöst werden?

Im Todesfall eines Arbeitnehmers können sowohl der gesetzliche Mindesturlaub als auch der tariflich vereinbarte Mehrurlaub abgelöst werden. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage pro Jahr bei einer 6-Tage-Woche oder entsprechend 20 Arbeitstage bei einer 5-Tage-Woche. Dieser Anspruch ist im Bundesurlaubsgesetz verankert und stellt das Minimum dar, das jedem Arbeitnehmer zusteht.

Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern über diesen gesetzlichen Mindesturlaub hinaus zusätzliche Urlaubstage. Dieser tarifliche Mehrurlaub wird oft in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen festgelegt. Er kann je nach Branche, Unternehmen oder Position des Arbeitnehmers variieren.

Im Falle des Todes eines Arbeitnehmers geht der Anspruch auf Urlaub nicht unter. Vielmehr wandelt er sich in einen Abgeltungsanspruch um, der Teil der Erbmasse wird. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den tariflichen Mehrurlaub, sofern in den entsprechenden Vereinbarungen keine abweichenden Regelungen getroffen wurden.

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass der Urlaubsanspruch ein wesentliches Prinzip des Sozialrechts der Europäischen Union darstellt. Daher darf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers untergehen. Die Erben haben somit das Recht, eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub zu fordern.

Es ist wichtig zu beachten, dass sich die Abgeltung des Urlaubs nach dem Bruttoarbeitsentgelt richtet, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er den Urlaub tatsächlich genommen hätte. Dies umfasst neben dem Grundgehalt auch regelmäßige Zulagen und Zuschläge.

Bei der Berechnung des abzugeltenden Urlaubs wird zunächst der Gesamturlaubsanspruch für das laufende Jahr ermittelt. Davon werden die bereits genommenen Urlaubstage abgezogen. Der verbleibende Resturlaub wird dann anteilig bis zum Todestag berechnet. Zusätzlich werden eventuell noch bestehende Urlaubsansprüche aus Vorjahren berücksichtigt.

Es ist zu beachten, dass einige Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen spezielle Regelungen für den Umgang mit Urlaubsansprüchen im Todesfall enthalten können. Diese können von den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen abweichen, solange sie nicht den Mindeststandard des gesetzlichen Urlaubsanspruchs unterschreiten.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung sowohl des gesetzlichen Mindesturlaubs als auch des tariflichen Mehrurlaubs haben, sofern keine anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen bestehen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Urlaubsabgeltung als Teil des letzten Gehalts oder in Form einer separaten Zahlung an die Erben zu leisten.

Die Abgeltung des Urlaubs im Todesfall stellt sicher, dass der wirtschaftliche Wert des Urlaubsanspruchs nicht verloren geht und den Erben zugutekommt. Dies entspricht dem Grundgedanken des Urlaubsrechts, das nicht nur der Erholung, sondern auch der finanziellen Absicherung des Arbeitnehmers und seiner Familie dient.

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Wer ist für die Abwicklung des Urlaubsanspruchs bei Todesfällen zuständig?

Bei Todesfällen von Arbeitnehmern sind die Erben für die Geltendmachung des Urlaubsanspruchs zuständig. Der Anspruch auf nicht genommenen Urlaub wandelt sich mit dem Tod des Arbeitnehmers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch um, der von den Erben gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden kann.

Die Erben müssen zunächst den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Verstorbenen ermitteln. Dazu sollten sie die Arbeitsunterlagen des Verstorbenen sichten und gegebenenfalls beim Arbeitgeber nachfragen. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub, sondern auch darüber hinausgehender tariflicher oder vertraglicher Mehrurlaub vererbbar ist.

Um den Anspruch durchzusetzen, müssen die Erben den Arbeitgeber schriftlich zur Auszahlung des Urlaubsabgeltungsanspruchs auffordern. Dabei sollten sie den Erbschein vorlegen, um ihre Berechtigung nachzuweisen. In dem Schreiben an den Arbeitgeber sollten die Erben den genauen Umfang des noch offenen Urlaubsanspruchs darlegen und die entsprechende finanzielle Vergütung einfordern.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaubsabgeltungsanspruch zu berechnen und auszuzahlen. Die Berechnung erfolgt auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten 13 Wochen vor dem Tod des Arbeitnehmers. Sollte der Arbeitgeber die Zahlung verweigern oder nicht angemessen reagieren, können die Erben den Anspruch gerichtlich durchsetzen.

Es ist zu beachten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub umfasst. Auch Zusatzurlaub, etwa für schwerbehinderte Menschen, sowie tariflicher oder vertraglich vereinbarter Mehrurlaub sind Teil des vererbbaren Anspruchs.

In Fällen, in denen der verstorbene Arbeitnehmer bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war und noch einen offenen Urlaubsabgeltungsanspruch hatte, geht dieser Anspruch ebenfalls auf die Erben über. Hier müssen die Erben den bereits bestehenden Abgeltungsanspruch geltend machen.

Die Erben sollten bei der Geltendmachung des Anspruchs zügig handeln, da arbeitsrechtliche Ausschlussfristen zu beachten sind. Diese können sich aus Tarifverträgen oder dem Arbeitsvertrag des Verstorbenen ergeben und den Zeitraum für die Geltendmachung des Anspruchs begrenzen.

Für die praktische Umsetzung empfiehlt es sich, dass die Erben gemeinsam und einheitlich gegenüber dem Arbeitgeber auftreten. Falls mehrere Erben vorhanden sind, sollten sie sich auf einen Bevollmächtigten einigen, der die Kommunikation mit dem Arbeitgeber übernimmt und die Interessen der Erbengemeinschaft vertritt.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaubsabgeltungsanspruch wie jede andere offene Forderung aus dem Arbeitsverhältnis zu behandeln. Er muss die Auszahlung an die Erben vornehmen und kann den Betrag nicht einbehalten oder mit anderen Forderungen verrechnen, es sei denn, es liegen besondere rechtliche Gründe dafür vor.

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Welche Unterlagen benötige ich, um den Urlaubsanspruch des Verstorbenen geltend zu machen?

Um den Urlaubsanspruch eines verstorbenen Arbeitnehmers geltend zu machen, benötigen die Hinterbliebenen verschiedene Unterlagen. Der Nachweis des Erbrechts ist dabei von zentraler Bedeutung. Hierfür ist in der Regel ein Erbschein erforderlich, der beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden muss. Alternativ kann auch ein notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll als Nachweis dienen.

Neben dem Erbnachweis sind Dokumente zum Arbeitsverhältnis des Verstorbenen essentiell. Dazu gehören der Arbeitsvertrag sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen der letzten Monate vor dem Tod. Diese Unterlagen geben Aufschluss über die vertragliche Urlaubsregelung und den noch offenen Urlaubsanspruch.

Eine Bescheinigung des Arbeitgebers über nicht genommene Urlaubstage ist ebenfalls hilfreich. Falls der Arbeitgeber eine solche Bescheinigung nicht freiwillig ausstellt, können die Erben diese schriftlich anfordern. Dabei sollte eine angemessene Frist zur Beantwortung gesetzt werden.

Bei Schwerbehinderten ist zudem der Schwerbehindertenausweis relevant, da dieser einen erhöhten Urlaubsanspruch begründen kann. Die Vorlage des Ausweises ermöglicht die korrekte Berechnung des Zusatzurlaubs.

Eine detaillierte Aufstellung der geltend gemachten Urlaubstage sollte erstellt werden. Diese Aufstellung umfasst idealerweise das Urlaubsjahr, die Anzahl der zustehenden Urlaubstage, die bereits genommenen Tage sowie den daraus resultierenden Restanspruch.

Falls der Verstorbene längere Zeit erkrankt war, sind ärztliche Atteste oder Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit von Bedeutung. Diese Dokumente können den Urlaubsanspruch beeinflussen, da Krankheitszeiten unter Umständen den Verfall von Urlaubsansprüchen hemmen können.

Die Sterbeurkunde des Arbeitnehmers ist ebenfalls vorzulegen, um das genaue Todesdatum zu belegen. Dieses Datum ist entscheidend für die Berechnung des anteiligen Urlaubsanspruchs im Todesjahr.

Bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen ist die Vorlage des gültigen Tarifvertrags ratsam. Tarifverträge können spezielle Regelungen zur Urlaubsabgeltung im Todesfall enthalten, die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehen.

Eine schriftliche Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber ist unerlässlich. Dieses Schreiben sollte alle relevanten Informationen enthalten und die Forderung klar beziffern.

Die sorgfältige Zusammenstellung dieser Unterlagen erleichtert die Durchsetzung des Anspruchs erheblich. Sie ermöglicht eine präzise Berechnung und bietet eine solide Grundlage für etwaige Verhandlungen mit dem Arbeitgeber oder, falls erforderlich, für ein gerichtliches Verfahren.

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Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung des Urlaubsanspruchs beachten?

Bei der Geltendmachung des Urlaubsanspruchs durch Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers sind bestimmte Fristen zu beachten. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung geht nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers unter, sondern wandelt sich in einen Abgeltungsanspruch um, der auf die Erben übergeht.

Für die Geltendmachung dieses Anspruchs gilt in der Regel eine Frist von drei Monaten. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, also in diesem Fall mit dem Tod des Arbeitnehmers. Innerhalb dieser drei Monate müssen die Erben den Anspruch auf Urlaubsabgeltung schriftlich beim ehemaligen Arbeitgeber geltend machen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Dreimonatsfrist eine sogenannte Ausschlussfrist darstellt. Das bedeutet, wenn die Erben den Anspruch nicht innerhalb dieser Frist geltend machen, verfällt er unwiderruflich. Eine verspätete Geltendmachung führt dazu, dass der Arbeitgeber die Zahlung der Urlaubsabgeltung verweigern kann.

Die Frist gilt dabei für alle Arten von Urlaubsansprüchen, also sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für eventuell darüber hinausgehenden tariflichen oder arbeitsvertraglich vereinbarten Mehrurlaub. Auch Zusatzurlaub, etwa für schwerbehinderte Menschen, fällt unter diese Regelung.

In Ausnahmefällen kann die Frist zur Geltendmachung länger sein. Dies ist dann der Fall, wenn im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung eine längere Frist festgelegt wurde. In solchen Fällen gilt die jeweils längere Frist.

Es ist ratsam, dass die Erben möglichst zeitnah nach dem Tod des Arbeitnehmers aktiv werden. Sie sollten sich einen Überblick über noch bestehende Urlaubsansprüche verschaffen und diese unverzüglich beim Arbeitgeber anmelden. Dabei sollten sie den Anspruch konkret beziffern, also die Anzahl der noch offenen Urlaubstage nennen und die entsprechende finanzielle Abgeltung fordern.

Die Geltendmachung sollte schriftlich erfolgen, um im Streitfall einen Nachweis zu haben. Ein einfaches Schreiben an den Arbeitgeber, in dem der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unter Angabe der offenen Urlaubstage erklärt wird, ist ausreichend. Es empfiehlt sich, dieses Schreiben per Einschreiben zu versenden oder sich den Empfang anderweitig bestätigen zu lassen.

Beachten Sie, dass die Dreimonatsfrist eine absolute Frist ist. Sie wird nicht dadurch verlängert, dass die Erben erst später von dem Anspruch erfahren oder dass die Erbschaft noch nicht angetreten wurde. Der sichere Weg ist daher, den Anspruch so früh wie möglich geltend zu machen.

Sollte der Arbeitgeber die Zahlung der Urlaubsabgeltung verweigern, haben die Erben nach der Geltendmachung weitere drei Monate Zeit, um den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Diese Klagefrist beginnt mit der Ablehnung durch den Arbeitgeber oder dem erfolglosen Verstreichen einer angemessenen Frist zur Erfüllung des Anspruchs.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Abgeltung: Ausgleich in Geld für einen nicht in Anspruch genommenen Anspruch, beispielsweise für nicht genommenen Urlaub. Im vorliegenden Fall geht es um die Abgeltung des Resturlaubs einer verstorbenen Arbeitnehmerin.
  • Richtlinienkonforme Auslegung: Interpretation eines nationalen Gesetzes im Einklang mit einer Richtlinie der Europäischen Union. Das Gericht hat das Bundesurlaubsgesetz so ausgelegt, dass es mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie übereinstimmt, um den Erben den Urlaubsanspruch zu gewähren.
  • EuGH-Rechtsprechung: Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, die für alle Mitgliedstaaten der EU bindend sind. Im vorliegenden Fall stützt sich das Arbeitsgericht Berlin auf eine Entscheidung des EuGH, um den Urlaubsanspruch als vererbbar anzuerkennen.
  • Bundesarbeitsgericht: Das höchste deutsche Gericht für Arbeitsrechtssachen. Es hatte zuvor entschieden, dass der Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt, was jedoch durch das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung geändert wurde.
  • Tariflicher Mehrurlaub: Zusätzlicher Urlaubsanspruch über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus, der in Tarifverträgen festgelegt wird. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin stellt klar, dass auch der tarifliche Mehrurlaub vererbbar ist, sofern der Tarifvertrag keine anderslautende Regelung enthält.
  • Erben: Personen, die aufgrund eines Testamentes oder der gesetzlichen Erbfolge die Rechtsnachfolger eines Verstorbenen sind. Im vorliegenden Fall sind die Erben die Eltern der verstorbenen Arbeitnehmerin und haben Anspruch auf den nicht genommenen Urlaub ihrer Tochter.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): Regelt den Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wenn der Urlaub wegen der Beendigung nicht mehr genommen werden kann, muss er abgegolten werden. Im vorliegenden Fall endete das Arbeitsverhältnis durch den Tod der Arbeitnehmerin, weshalb der Urlaubsanspruch nicht mehr in natura erfüllt werden konnte und abgegolten werden musste.
  • Art. 7 Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG): Garantiert Arbeitnehmern in der EU einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Im vorliegenden Fall wurde die Richtlinie herangezogen, um das deutsche Recht richtlinienkonform auszulegen und den Erben den Urlaubsabgeltungsanspruch zuzusprechen.
  • § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Bestimmt, dass mit dem Erbfall die gesamte Rechtsposition des Erblassers auf den Erben übergeht. Im vorliegenden Fall konnten die Erben daher den Urlaubsabgeltungsanspruch der verstorbenen Arbeitnehmerin geltend machen.
  • § 613 Satz 1 BGB: Regelt den Übergang von Rechten und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis im Falle des Betriebsübergangs. Obwohl der Fall hier einen Todesfall und keinen Betriebsübergang betrifft, wurde dieser Paragraph vom Bundesarbeitsgericht herangezogen, um die Nichtvererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs zu begründen (diese Ansicht wurde jedoch vom Arbeitsgericht Berlin verworfen).
  • Art. 267 Abs. 1 Buchst. a Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV): Ermöglicht es nationalen Gerichten, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorzulegen. Im vorliegenden Fall war die Entscheidung des EuGH maßgeblich für die richtlinienkonforme Auslegung des § 7 Abs. 4 BUrlG und die Anerkennung des Urlaubsabgeltungsanspruchs der Erben.

Das vorliegende Urteil

ArbG Berlin – Az.: 56 Ca 10968/15 – Urteil vom 07.10.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 4.903,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.09.2014 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.054,94 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Die Kläger sind die durch Erbschein des Amtsgerichts Köpenick vom 11.04.2014 ausgewiesenen Erben ihrer am 09.03.2014 verstorbenen Tochter. Die Erblasserin stand seit dem 01.09.2012 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, bei einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.219,22 Euro.

Das Arbeitsverhältnis unterlag gemäß § 2 des Arbeitsvertrages dem Tarifvertrag der Bundesagentur für Arbeit (TV- BA) und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

Den Jahresurlaub aus 2012 nahm die Erblasserin vollständig. Von dem Jahresurlaubsanspruch für das Jahr 2013 nahm sie einen Tag. Unter Berücksichtigung des Teilurlaubsanspruchs für das Jahr 2014 verblieben der Erblasserin, zwischen den Parteien unstreitig, zu ihrem Todeszeitpunkt 33 offene Urlaubstage.

Mit von den Erblassern unterzeichneten Schreiben vom 15.08.2014 machten diese gegenüber der Beklagten die Abgeltung des von ihrer Tochter, der Erblasserin, nicht genommenen Urlaubs geltend.

Die Kläger sind unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 – C – 118/13 der Ansicht, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch bei Tot ihrer Tochter entstanden und vererbbar sei.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.054,94 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte begründet ihren Abweisungsantrag damit, dass das Bundesarbeitsgericht von der Nichtvererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruches ausgehe.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

1. Die Kläger haben als Gesamtrechtsnachfolger, § 1922 Abs. 1 BGB, gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG auf Abgeltung des, zwischen den Parteien unstreitig, in der Person in der Erblasserin entstandenen Urlaubsanspruches von 33 Tagen in unter I. des Urteils tenorierter Höhe.

Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

1.1. Das Bundesarbeitsgericht verneint in ständiger Rechtsprechung die Entstehung eines Abgeltungsanspruches wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitsnehmers endet (zuletzt: BAG vom 12.03.2013 – 9 AZR 532/11, NZA 2013, 678). Da mit dem Tod des Arbeitsnehmers regelmäßig dessen höchstpersönliche Leistungspflicht im Sinne des § 613 Satz 1 BGB erlischt, gingen auch die Ansprüche auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht unter mit der Folge, dass sein auf Befreiung von der Arbeitspflicht gerichteter Urlaubsanspruch ebenfalls untergeht. Der Urlaubsabgeltungsanspruch könne damit nicht vor dem Tod des Arbeitnehmers, der erst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe, entstanden sein. § 7 Abs. 4 BUrlG statuiere insoweit mittelbar ein Abgeltungsverbot im bestehenden Arbeitsverhältnis (BAG vom 20.09.2011 – 9 AZR 416/10, NZA 326, 327, 2012).

1.2. Dem entgegen ist Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet (EuGH vom 12.06.2014 – C – 118/13, NZA 2014, 651). Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte bindend, Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 C 10/12 –, Rn. 10, NVwZ 2013, 1295).

1.3. Danach ist § 7 Abs. 4 BUrlG richtlinienkonform im Sinne des Artikel 7 Satz 2 RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen, dass auch der Tod des Arbeitnehmers eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 7 Abs. 4 BUrlG ist, aufgrund dessen dieser den Urlaub nicht mehr nehmen kann mit der Folge, dass dieser abzugelten ist (VG Karlsruhe, Urteil vom 16.07.2015 – 3 K 24/15, juris; ErfK / Gallner, § 1 BurlG Rn. 23).

Den nationalen Gerichten obliegt es, den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für den Einzelnen aus den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen ergibt. Die innerstaatlichen Gerichte müssen die volle Wirkung des Gemeinschaftsrechts sicherstellen. Die nationalen Gerichte haben wegen Art. 249 Abs. 3 EG davon auszugehen, dass der Mitgliedstaat den Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie ergeben, in vollem Umfang nachkommen wollte. Das Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung ist dem EG-Vertrag immanent. Es beschränkt sich nicht auf die Auslegung der innerstaatlichen Bestimmungen. Die von ihm begründete Verpflichtung verlangt vielmehr, dass die nationalen Gerichte das gesamte innerstaatliche Recht berücksichtigen, um zu beurteilen, inwieweit es angewandt werden kann, damit kein der Richtlinie widersprechendes Ergebnis herbeigeführt wird. Ermöglicht es das nationale Recht durch Anwendung seiner Auslegungsmethoden, eine innerstaatliche Bestimmung so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden wird, sind die nationalen Gerichte gehalten, die gleichen Methoden anzuwenden, um das von der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (BAG, Urteil vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 –, NZA 2009, 538).

Einer derartigen Auslegung steht der Wortlaut des § 7 Abs. 4 BurlG nicht entgegen, da dieser allein verlangt, dass der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Der Tod des Arbeitnehmers beendet unzweifelhaft das Arbeitsverhältnis und er kann den Urlaub nicht mehr nehmen.

Auch kann dem Abgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse durch den Tod des Arbeitnehmers nicht Sinn und Zweck, die Verwendung des Abgeltungsbetrags zu Erholungszwecken entgegen gehalten werden oder dass der Arbeitnehmer zumindest nicht mehr in den Genuss der Urlaubsabgeltung komme (BAG, Urteil vom 12. März 2013 – 9 AZR 532/11 –, Rn. 13, NZA 2013, 678). Nach der Aufgabe der Surrogationstheorie  entsteht der Abgeltungsanspruch nach § 7  Abs. 4 BUrlG als reiner Geldanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer den Urlaub noch nehmen könnte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestände (BAG, Urteil vom 19.06.2012 –  9 AZR 652/10 -, NZA 2012, 1087). Als reiner Geldanspruch ist der Abgeltungsanspruch vererbbar. Es macht hinsichtlich Sinn und Zweck des Urlaubsanspruches keinen Unterschied, ob das Arbeitsverhältnis erst endet, der Abgeltungsanspruch als vererbbarer Anspruch entsteht und der Arbeitnehmer unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstirbt und damit der Abgeltungsanspruch von einer „juristischen Sekunde“ abhängig ist oder das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. In beiden Fällen kommt der Arbeitnehmer weder in den Genuss der Freistellung durch Urlaubsgewährung noch in den der Abgeltung.

1.4. Ist § 7 Abs. 4 BurlG danach dahingehend auszulegen, dass der Urlaub auch dann abzugelten ist, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers eintritt, so ist vorliegend nicht nur der durch Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG geschützte Mindesturlaub von 20 Tagen abzugelten, sondern auch der der Erblasserin darüber hinaus zustehende, den gesetzlichen Mindesturlaub überschreitende tarifliche Urlaub.

1.4.1. Sowohl Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG als auch §§ 1, 3 Abs. 1 BurlG begründen einen Anspruch auf Mindestjahresurlaub im Umfang von 4 Wochen. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, Urlaubsansprüche, die darüber hinausgehen, den tariflichen Mehrurlaub, frei zu regeln. Tarifbestimmungen können daher vorsehen, dass der Arbeitgeber den tariflichen Mehrurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten hat (BAG vom 13.11.2012 – 9 AZR 64/11, APNr. 97 zu § 7 BurlG Abgeltung). Jedoch bedarf es für die Annahme einer solchen tariflichen Regelung eindeutiger Bestimmungen im Tarifvertrag. Für einen von der gesetzlichen Regelungen abweichenden  Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, der zwischen Ansprüchen auf Abgeltung von Mindest- und Mehrurlaub unterscheidet, bedarf es deutlicher Anhaltspunkte (BAG vom 23.03.2010 – 9 AZR 128/09, NZA 2010, 810; vom 22.05.2012 – 9 AZR 618/10, NZA 2012, 987). Fehlen deutliche Anhaltspunkte für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den tariflichen Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaub abweichen Abgeltungsregime zu unterstellen, ist von einem „Gleichlauf“ des Anspruchs auf Abgeltung gesetzlichen Urlaubs und des Anspruchs auf Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs auszugehen (BAG vom 13.11.2012 – 9 AZR 64/11, APNr. 97 zu § 7 BurlG Abgeltung, Rn 13).

1.4.2. Vorliegend fehlt es an einer derartigen, den tariflichen Mehrurlaub anders behandelnden Regelung als den des gesetzlichen Mindesturlaubs.

§ 29 Abs. 2 TV-BA verweist ausdrücklich auf das BUrlG. Soweit § 29 Abs. 2 TV-BA hiervon abweicht, wird dabei nicht zwischen dem gesetzlichen und dem übertariflichen Urlaub differenziert, sodass auch der der Erblasserin zustehende den gesetzlichen Mindesturlaub überschreitende tarifvertragliche Urlaub abzugelten ist.

1.5. Schließlich haben die Erben den Abgeltungsanspruch mit Schreiben vom 15.08.2014 binnen der 6monatigen tarifvertraglichen Ausschlussfrist des § 39 TV-BA geltend gemacht, sodass dieser nicht danach verfallen ist.

2. Soweit die Klageforderung über den unter I. tenorierten Betrag hinausgeht, war die Klage abzuweisen, da, von den Klägern nicht weiter bestritten, die Erblasserin entgegen dem Vortrag der Kläger lediglich ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.212,57 Euro erzielte, welches der Berechnung der Höhe der Urlaubsabgeltung zugrunde zu legen ist.

3. Die Beklagte hat aufgrund ihres Unterliegens gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wobei das geringfügige Unterliegen der Kläger gemäß § 92 Abs. 3 Ziffer 1 ZPO unberücksichtigt bleiben konnte.

4. Der Streitwert war in Höhe der Klageforderung festzusetzen.


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