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Verhaltensbedingte Kündigung wegen Unpünktlichkeit – Interessenabwägung

Ein Sicherheitsmann kam wiederholt zu spät – ein Albtraum für jeden Arbeitgeber. Doch darf man einem langjährigen Mitarbeiter deshalb fristlos kündigen? In Berlin stritten sich die Parteien vor Gericht um die Frage, wie viel Verspätung ein Job kosten darf.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: ArbG Berlin
  • Datum: 11.10.2023
  • Aktenzeichen: 29 Ca 2643/23
  • Verfahrensart: Kündigungsschutzverfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Ein 59-jähriger Arbeitnehmer aus A, der seit 1. Dezember 2006 in der Unternehmensgruppe beschäftigt ist und seit dem 1. Mai 2020 beim Unternehmen tätig wurde. Er weist darauf hin, dass seine Kündigung nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe, obwohl er wegen wiederholter Verspätungen abgemahnt wurde.
    • Arbeitgeber: Ein im Berliner und Brandenburger Raum tätiges Unternehmen des Bewachungsgewerbes, das Bewachungsdienstleistungen im Werk- und Objektschutz erbringt. Das Unternehmen sprach die Kündigung aus, um ein Verhalten zu sanktionieren, das es als Pflichtverletzung bewertet.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Es geht um die Auseinandersetzung darüber, ob die verhaltensbedingte ordentliche Kündigung wirksam sei. Der Arbeitnehmer wurde nach wiederholten Verspätungen abgemahnt und schließlich am 16.02.2023 gekündigt, bestreitet jedoch, dass diese Kündigung sein Arbeitsverhältnis aufgelöst hat.
    • Kern des Rechtsstreits: Es wird strittig, ob die ausgesprochene verhaltensbedingte ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet oder ob der Kündigungsschutz greift und der Arbeitnehmer weiterhin zu den bisherigen Bedingungen beschäftigt werden muss.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Das Arbeitsverhältnis wird als fortbestehend erklärt. Der Arbeitgeber wurde verpflichtet, den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Gleichzeitig wurden die übrigen Klageanträge abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Arbeitgeber auferlegt.
    • Folgen: Der Arbeitnehmer bleibt bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens in seinem bisherigen Beschäftigungsverhältnis. Der Arbeitgeber trägt die Prozesskosten, und der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Der Fall vor Gericht


Verhaltensbedingte Kündigung wegen wiederholter Unpünktlichkeit: Ein Fall vor dem Arbeitsgericht Berlin

Sicherheitsmitarbeiter eilt an Busstop vorbei zur Bürogebäude in Berlin, verspätet am Arbeitsplatz angekommen.
Verhaltensbedingte Kündigung wegen Unpünktlichkeit | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Arbeitsgericht Berlin hatte über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung zu entscheiden, die ein Unternehmen des Bewachungsgewerbes gegenüber einem langjährigen Mitarbeiter ausgesprochen hatte (Az.: 29 Ca 2643/23). Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob die wiederholte Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers eine solche Kündigung rechtfertigte. Der Fall verdeutlicht die Bedeutung von Arbeitnehmerpflichten, insbesondere der Pünktlichkeit am Arbeitsplatz, und die damit verbundenen Konsequenzen von Unpünktlichkeit für das Arbeitsverhältnis.

Die Ausgangslage: Ein langjähriger Mitarbeiter und wiederholte Fehlzeiten

Der Kläger, ein 59-jähriger Mann, war seit dem 1. Dezember 2006 bei der Unternehmensgruppe der Beklagten beschäftigt, die im Bewachungsgewerbe tätig ist. Seit dem 1. Mai 2020 war er direkt bei der Beklagten angestellt. Der Anlass für die Kündigung waren Fehlzeiten in Form von Unpünktlichkeit. Konkret ging es um zwei Vorfälle:

  • Am 10. Dezember 2020 sollte der Kläger um 05:00 Uhr seinen Dienst in einem Objekt in Berlin antreten, erschien jedoch erst um 06:45 Uhr.
  • Am 25. Januar 2021 war der Kläger erneut zum Dienst eingeteilt, wobei unklar ist, ob es hier ebenfalls zu einer Verspätung kam.

Aufgrund des ersten Vorfalls vom 10. Dezember 2020 erhielt der Kläger eine Abmahnung.

Der Streit vor Gericht: Kündigungsschutz und Interessenabwägung

Der Arbeitnehmer erhob eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 16. Februar 2023. Er argumentierte, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei und die Gründe für Kündigung nicht ausreichend schwerwiegend seien, um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Die Beklagte hingegen argumentierte, dass die wiederholte Unpünktlichkeit eine Verletzung der Arbeitnehmerpflichten darstelle und das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört habe.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts: Kündigung unwirksam

Das Arbeitsgericht Berlin gab dem Kläger Recht und erklärte die Kündigung für unwirksam. Das Gericht führte aus, dass eine Verhaltensbedingte Kündigung zwar grundsätzlich möglich ist, wenn ein Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt. Allerdings müsse vor Ausspruch einer solchen Kündigung in der Regel eine Abmahnung erfolgen, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Darüber hinaus sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes abgewogen werden müssen.

Die Begründung des Gerichts im Detail: Interessen des Arbeitnehmers überwiegen

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall die Interessen des Arbeitnehmers überwogen. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere folgende Gesichtspunkte:

  • Die lange Erfahrung des Arbeitnehmers bei der Unternehmensgruppe.
  • Die Tatsache, dass der Kläger bisher nicht einschlägig abgemahnt worden war (nur einmal wegen Unpünktlichkeit).
  • Die sozialen Gesichtspunkte, wie das Alter des Klägers und die Schwierigkeit, in seinem Alter eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Gegen die Interessen des Arbeitnehmers wog das Gericht die dienstliche Interessen des Arbeitgebers ab. Das Gericht erkannte zwar an, dass Pünktlichkeit am Arbeitsplatz ein wichtiges Gut ist und dass Unpünktlichkeit den Betriebsablauf stören kann. Allerdings sah das Gericht in dem konkreten Fall keine ausreichende Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

Konsequenzen des Urteils: Weiterbeschäftigung und Kosten

Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Zudem musste die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Bedeutung für Arbeitnehmer: Rechte und Pflichten im Kündigungsschutz

Das Urteil verdeutlicht die Rechte von Arbeitnehmern im Kündigungsschutz. Es zeigt, dass eine Kündigung nicht ohne Weiteres ausgesprochen werden kann, sondern dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Insbesondere müssen Arbeitgeber vor einer verhaltensbedingten Kündigung in der Regel eine Abmahnung aussprechen und eine Interessenabwägung vornehmen.

Für Arbeitnehmer, die mit einer Kündigung konfrontiert sind, ist es ratsam, sich rechtzeitig rechtlichen Beistand zu suchen und die Kündigungsfristen zu beachten. Eine Kündigungsschutzklage kann dazu beitragen, den Arbeitsplatz zu erhalten oder eine angemessene Abfindung zu erzielen.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Urteil zeigt, dass auch bei langjähriger Betriebszugehörigkeit wiederholtes Zuspätkommen nach mehrfacher Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann. Entscheidend ist dabei die Häufigkeit der Verspätungen, deren betriebliche Auswirkungen sowie die vorherige Abmahnung des gleichen Fehlverhaltens. Technische Probleme wie ein defekter Wecker oder Verzögerungen im öffentlichen Nahverkehr werden dabei nicht als ausreichende Entschuldigung anerkannt, wenn der Arbeitnehmer seine Pflicht zur pünktlichen Arbeitsaufnahme wiederholt verletzt.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer müssen Sie besonders achtsam sein, wenn Sie bereits Abmahnungen wegen Zuspätkommens erhalten haben. Auch wenn Sie schon lange im Unternehmen arbeiten, kann wiederholtes unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz nach mehrfachen Abmahnungen zu einer wirksamen Kündigung führen. Planen Sie daher genügend Zeitpuffer für Ihren Arbeitsweg ein und dokumentieren Sie unvermeidbare Verspätungen sorgfältig. Bei häufigen Verkehrsproblemen sollten Sie proaktiv das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen, um alternative Lösungen wie flexiblere Arbeitszeiten oder einen wohnortnäheren Einsatzort zu besprechen.

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In Fällen, in denen verhaltensbedingte Kündigungen ins Spiel kommen und Aspekte wie wiederholte Unpünktlichkeit im Mittelpunkt stehen, ergeben sich häufig komplexe rechtliche Fragestellungen. Eine präzise Abwägung der Interessen beider Parteien ist entscheidend, um missverständliche Situationen zu klären und den Verlauf des Arbeitsverhältnisses sachgerecht zu beurteilen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation eingehend zu prüfen und transparente Beratung über Ihre Rechte zu erhalten. Mit einer präzisen Analyse der relevanten Faktoren helfen wir Ihnen, den Überblick zu wahren und mögliche nächste Schritte sicher zu planen.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Rolle spielt die vorherige Abmahnung bei Unpünktlichkeit?

Eine Abmahnung ist bei Unpünktlichkeit in der Regel zwingend erforderlich, bevor der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann. Sie erfüllt dabei drei wesentliche Funktionen:

Rügefunktion

Die Abmahnung dokumentiert das Fehlverhalten konkret mit Datum, Uhrzeit und Dauer der Verspätung. Wenn Sie zu spät zur Arbeit erscheinen, wird Ihnen durch die Abmahnung unmissverständlich aufgezeigt, dass Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

Warnfunktion

Mit der Abmahnung wird Ihnen die Möglichkeit zur Verhaltensänderung gegeben. Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung drohen kann. Die Abmahnung dient somit als deutlicher Warnschuss, dass der Arbeitgeber das unpünktliche Verhalten nicht länger toleriert.

Dokumentationsfunktion

Die schriftliche Abmahnung hat eine wichtige Beweisfunktion für ein mögliches späteres Gerichtsverfahren. Der Arbeitgeber muss dabei die Verspätungen genau dokumentieren und die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung konkret benennen.

Verhältnismäßigkeit der Abmahnung

Nicht jede Verspätung rechtfertigt sofort eine Abmahnung. Bei einem langjährigen, bisher zuverlässigen Mitarbeiter ist eine Abmahnung wegen einmaligen Zuspätkommens um wenige Minuten in der Regel unverhältnismäßig. Anders verhält es sich bei wiederholten unentschuldigten Verspätungen oder wenn der Betriebsablauf erheblich gestört wird.

Die Wirksamkeit einer Abmahnung hängt von ihrer korrekten Form ab. Sie muss das Fehlverhalten präzise beschreiben, die Pflichtverletzung konkret benennen und die möglichen Konsequenzen bei Wiederholung aufzeigen. Wenn zwischen zwei Verspätungen mehrere Jahre liegen, verliert die erste Abmahnung ihre Warnfunktion und es muss bei erneutem Fehlverhalten zunächst eine neue Abmahnung ausgesprochen werden.


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Ab wann kann der Arbeitgeber wegen Unpünktlichkeit kündigen?

Das pünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz ist eine vertragliche Pflicht. Eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit ist als verhaltensbedingte Kündigung möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Abmahnerfordernis

Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber in der Regel zunächst eine oder mehrere Abmahnungen aussprechen. Eine Abmahnung kann bereits bei einem unentschuldigten Zuspätkommen von über 5 Minuten erfolgen.

Häufigkeit und Schwere der Verspätungen

Die Anzahl der erforderlichen Abmahnungen richtet sich nach der Schwere der Verstöße:

Bei leichteren Verspätungen sind in der Regel mindestens drei Abmahnungen erforderlich, bevor eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Bei schwerwiegenden Verspätungen kann bereits nach der zweiten Abmahnung eine Kündigung ausgesprochen werden, insbesondere wenn der Betriebsablauf erheblich gestört wird.

Konkrete Beispiele für wirksame Kündigungen

Gerichte haben Kündigungen in folgenden Fällen als wirksam angesehen:

  • 39-mal zu spät nach zwei Abmahnungen
  • 6-mal zu spät nach drei Abmahnungen
  • 5-mal zu spät nach einer Abmahnung

Einzelfallbetrachtung

Bei der Beurteilung der Kündigungsrechtfertigung werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

Wesentliche Kriterien sind:

  • Häufigkeit und Dauer der Verspätungen
  • Grund der Unpünktlichkeit
  • Ausmaß der Betriebsstörung
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers

Eine einmalige Unpünktlichkeit rechtfertigt noch keine Kündigung, insbesondere bei langjährigen, ansonsten tadellosen Mitarbeitern.


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Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat der Arbeitnehmer bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit?

Bei einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit können Sie sich mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingehen.

Prüfung der Abmahnungen

Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Unpünktlichkeit erfordert in der Regel vorherige Abmahnungen. Sie können sich darauf berufen, wenn:

  • keine oder zu wenige Abmahnungen ausgesprochen wurden
  • die Abmahnungen nicht zeitnah erfolgten
  • zwischen den Verspätungen längere Zeiträume lagen

Rechtfertigung der Verspätungen

Für Ihre Verteidigung sind folgende Aspekte relevant:

Besondere Umstände können Unpünktlichkeit entschuldigen, etwa:

  • unvorhersehbare Verkehrsprobleme
  • Verkehrsunfälle
  • Zugausfälle

Betriebliche Auswirkungen spielen eine wichtige Rolle. Wenn Ihre Verspätungen keine oder nur geringe Störungen im Betriebsablauf verursacht haben, kann die Kündigung als unverhältnismäßig eingestuft werden.

Prozessuale Schritte

Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber:

  • konkret darlegen, wann Sie zu spät gekommen sind
  • die ausgesprochenen Abmahnungen nachweisen
  • die Verhältnismäßigkeit der Kündigung begründen

Eine einmalige Unpünktlichkeit rechtfertigt noch keine Kündigung. Selbst bei wiederholtem Zuspätkommen prüft das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.


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Wie wird die Interessenabwägung bei Kündigungen wegen Unpünktlichkeit durchgeführt?

Bei der Interessenabwägung einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit werden verschiedene Faktoren gegeneinander abgewogen, die sowohl die Position des Arbeitgebers als auch die des Arbeitnehmers berücksichtigen.

Arbeitgeberseitige Faktoren

Störung des Betriebsablaufs spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung. Wenn Sie beispielsweise der einzige Mitarbeiter in einer Abteilung sind, wiegt Ihre Unpünktlichkeit schwerer als in einem großen Team.

Häufigkeit und Ausmaß der Verspätungen werden genau geprüft. Dabei wird untersucht, wie oft Sie zu spät kamen und wie lange die jeweiligen Verspätungen dauerten.

Dokumentation und vorherige Abmahnungen fließen in die Bewertung ein. Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber hat die Verspätungen detailliert dokumentiert und Sie bereits mehrfach abgemahnt – dies stärkt seine Position erheblich.

Arbeitnehmerseitige Faktoren

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist ein wichtiger Faktor. Wenn Sie bereits 20 Jahre im Unternehmen tätig sind, wird dies in der Regel zu Ihren Gunsten berücksichtigt.

Persönliche Lebensumstände können eine wichtige Rolle spielen. In einem Fall wurde beispielsweise berücksichtigt, dass eine Mutter zweier Kinder keine alternative Betreuungsmöglichkeit hatte.

Ihr bisheriges Verhalten im Arbeitsverhältnis wird ebenfalls bewertet. Wenn Sie sich bis zu den Verspätungen stets korrekt verhalten haben, wirkt sich dies zu Ihren Gunsten aus.

Weitere Abwägungskriterien

Die Gründe für die Unpünktlichkeit werden genau untersucht. Ein unverschuldeter Verkehrsunfall wird anders bewertet als wiederholtes Verschlafen.

Ihre Reaktion auf Abmahnungen ist bedeutsam. Zeigen Sie keine Einsicht oder unternehmen keine Anstrengungen zur Verbesserung, kann dies die Interessenabwägung zu Ihren Ungunsten beeinflussen.

Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden berücksichtigt, insbesondere wenn Sie unterhaltspflichtig gegenüber Kindern sind.

Besondere Konstellationen

Bei Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern oder während der ersten sechs Monate der Beschäftigung gelten deutlich geringere Anforderungen an die Interessenabwägung.

Die Schwere der Pflichtverletzung wird im Verhältnis zu den persönlichen Umständen gewichtet. Wenn Sie etwa an drei von vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheinen, kann dies auch ohne weitere Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen.


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Welche Dokumentation muss der Arbeitgeber bei Unpünktlichkeit führen?

Der Arbeitgeber muss bei Unpünktlichkeit eines Mitarbeiters eine lückenlose und detaillierte Dokumentation der Verspätungen führen. Diese Dokumentation ist entscheidend für die Wirksamkeit späterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen.

Erforderliche Dokumentationsinhalte

Bei jeder Verspätung müssen folgende Angaben dokumentiert werden:

  • Datum und Uhrzeit des verspäteten Erscheinens
  • Dauer der Verspätung in Minuten
  • Grund der Verspätung, sofern vom Mitarbeiter angegeben
  • Auswirkungen auf den Betriebsablauf

Dokumentation von Abmahnungen

Bei ausgesprochenen Abmahnungen ist zu dokumentieren:

Inhaltliche Anforderungen:

  • Konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens mit Tag und Uhrzeit
  • Rüge des Verhaltens als Vertragsverletzung
  • Androhung von Konsequenzen bei Wiederholung

Formale Anforderungen:

  • Schriftliche Fixierung der Abmahnung
  • Nachweis der Übergabe an den Mitarbeiter
  • Ablage einer Kopie in der Personalakte

Bedeutung für das Kündigungsverfahren

Eine sorgfältige Dokumentation ist besonders wichtig, da der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Kündigung trägt. Dabei muss er dem Betriebsrat bei einer geplanten Kündigung alle dokumentierten Vorfälle detailliert darlegen.

Fehlerhafte oder unvollständige Dokumentationen können dazu führen, dass eine Kündigung vor Gericht als unwirksam eingestuft wird, selbst wenn die Verspätungen tatsächlich stattgefunden haben.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Verhaltensbedingte Kündigung

Eine besondere Form der Kündigung, die auf schuldhaftem Fehlverhalten des Arbeitnehmers basiert. Sie kann ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt und das Vertrauensverhältnis dadurch nachhaltig gestört ist. Die Rechtsgrundlage findet sich in § 1 KSchG. Vor einer verhaltensbedingten Kündigung ist in der Regel eine Abmahnung erforderlich.

Beispiel: Ein Mitarbeiter kommt trotz Abmahnung wiederholt unentschuldigt zu spät zur Arbeit.


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Abmahnung

Eine förmliche Warnung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, mit der ein konkretes Fehlverhalten gerügt und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung angedroht werden. Sie dient als wichtige Voraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung. Die Abmahnung muss das Fehlverhalten konkret beschreiben und die drohenden Folgen aufzeigen.

Beispiel: Ein Arbeitgeber mahnt einen Mitarbeiter schriftlich wegen wiederholter Unpünktlichkeit ab und droht im Wiederholungsfall mit Kündigung.


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Kündigungsschutzklage

Ein rechtliches Instrument des Arbeitnehmers, um sich gegen eine Kündigung zu wehren. Sie muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). Mit der Klage wird die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht und das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses begehrt.

Beispiel: Ein gekündigter Mitarbeiter reicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist Klage ein, um die Rechtmäßigkeit seiner Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen.


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Interessenabwägung

Ein rechtliches Prüfungsverfahren, bei dem die Interessen beider Arbeitsvertragsparteien gegeneinander abgewogen werden. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung werden dabei die Schwere des Fehlverhaltens, die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers und die sozialen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigt. Die Abwägung ist gesetzlich nicht explizit geregelt, aber durch die Rechtsprechung entwickelt.

Beispiel: Das Gericht wägt das Interesse des Arbeitgebers an pünktlichen Mitarbeitern gegen die Interessen eines langjährigen älteren Mitarbeiters ab, der schwer eine neue Stelle finden würde.


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Unveränderte arbeitsvertragliche Bedingungen

Bezeichnet den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen nach einer unwirksamen Kündigung. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer zu denselben Bedingungen wie vor der Kündigung weiterbeschäftigen, ohne Änderungen bei Gehalt, Position oder anderen Vertragsbestandteilen vornehmen zu dürfen.

Beispiel: Nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter mit gleichem Gehalt und gleicher Position weiterbeschäftigen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 KSchG (Kündigungsschutz): Regelt die sozialen Rechtfertigungsgründe für eine Kündigung, wobei diese durch Gründe in der Person, im Verhalten oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein muss. Bei verhaltensbedingter Kündigung muss eine negative Zukunftsprognose vorliegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die verhaltensbedingte Kündigung stützt sich auf wiederholtes Zuspätkommen des Arbeitnehmers, wobei die Verhältnismäßigkeit aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit besonders zu prüfen ist.
  • § 626 BGB (Außerordentliche Kündigung): Eine fristlose Kündigung kann bei schwerwiegenden Verstößen erfolgen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Es muss eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte hat sich für eine ordentliche Kündigung entschieden, obwohl mehrfache Pflichtverletzungen vorlagen.
  • § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen): Ermöglicht die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die wiederholten Verspätungen müssen in ihrer Gesamtheit und unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit bewertet werden.
  • § 102 BetrVG (Mitbestimmung bei Kündigungen): Vor jeder Kündigung muss der Betriebsrat angehört werden und die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört, hat aber keine Stellungnahme abgegeben.

Das vorliegende Urteil


ArbG Berlin – Az.: 29 Ca 2643/23 – Urteil vom 11.10.2023


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